Buchstrabenwürfel mit Blutgruppen
Proteine, die über die Blutgruppe eines Menschen bestimmen, haben nach aktuellen Erkenntnissen auch einen großen Einfluss darauf, wie schwer eine Covid-19 verläuft. (Symbolfoto) Bildrechte: IMAGO / Steinach

Covid-19 Zusammenhang zwischen Blutgruppe und schwerem Verlauf wird klarer

09. März 2022, 10:05 Uhr

Forscher haben sechs Proteine gefunden, die wahrscheinlich schwere Covid-Verläufe begünstigen können, darunter solche, die die Blutgruppe entscheiden. Sie fordern weitere Forschungen mit Schwerpunkt auf Blutgruppe A.

Schon im ersten Jahr der Pandemie gab es Beobachtungen, dass Menschen mit Blutgruppe A häufiger einen schweren Covid-19-Verlauf haben als andere. Später bestätigten das weitere Studien. Eine Forschungsgruppe hat nun ein Puzzleteil gefunden, das eine Begründung liefern könnte.

In einer sehr umfangreichen Studie analysierten die Wissenschaftler mehr als 3.000 Proteine, um festzustellen, welche davon in einem kausalen Zusammenhang mit einem schweren Verlauf stehen. Dabei identifizierten sie sechs Proteine, die für ein erhöhtes Risiko einer schweren Covid-19 verantwortlich sein könnten - und acht Proteine, die vor einem schweren Verlauf schützen könnten.

Eines der Proteine, die wahrscheinlich einen schweren Verlauf begünstigen, entscheidet auch über die Blutgruppe des Menschen, was laut den Forschern darauf hindeutet, dass die Blutgruppen eine mitentscheidende Rolle dabei spielen, ob Menschen schwere Verläufe der Krankheit entwickeln.

Studiendesign

Proteine können zwar direkt in Blutproben nachgewiesen und untersucht werden, aber diese Art von Forschung wäre für eine große Anzahl von Proben sehr aufwändig und kostenintensiv. An dieser Stelle kommt die Genetik ins Spiel, genauer gesagt die sogenannte Mendelsche Randomisierung, eine Methode zum Vergleich kausaler Beziehungen zwischen genetischen Risikofaktoren und gesundheitlichen Auswirkungen. Mit ihr kann man unter Verwendung großer genetischer Datensätze die Beziehung zwischen genetischen Varianten untersuchen und bewerten, die einerseits mit einer Exposition (in diesem Fall hohe Konzentrationen einzelner Blutproteine) und andererseits mit Krankheitsfolgen (in diesem Fall schwerer Covid-19-Verlauf) verbunden sind.

Das funktioniert, "weil genetische Varianten, die von den Eltern an die Nachkommen vererbt werden, bei der Empfängnis zufällig zugewiesen werden, ähnlich wie bei einer randomisierten kontrollierten Studie, bei der Personen Gruppen zugewiesen werden", erklärt Dr. Vincent Millischer von der Medizinischen Universität Wien. In dieser Studie würden die Gruppen durch ihre genetische Neigung zu unterschiedlichen Blutproteinspiegeln definiert, "was eine Bewertung der kausalen Richtung von hohen Blutproteinspiegeln zum Schweregrad der Covid-19-Erkrankung ermöglicht und gleichzeitig den Einfluss von Umwelteinflüssen ausschließt", so Millischer weiter.

In der Studie wurden zwei Stufen eines schweren Krankheitsverlaufs berücksichtigt: Hospitalisierung einerseits und Beatmungsnotwendigkeit oder Tod andererseits. Anhand von Daten aus einer Reihe von genomweiten Assoziationsstudien fanden die Forscher sechs Proteine, die kausal mit einem schweren Verlauf verbunden waren, und acht Proteine, die umgekehrt vor einem schweren Verlauf schützten. Allerdings zeigte die Analyse einen gewissen Unterschied zwischen den Proteintypen, die mit der Hospitalisierung zusammenhängen und denen, die mit noch schwereren Verläufen (Beatmung, Tod) in Zusammenhang stehen. Das deute darauf hin, dass in den verschiedenen Krankheitsstadien unterschiedliche Mechanismen am Werk sein könnten, heißt es in der Studie.

Weitere Studien nötig

Die Analyse ergab, dass ein Enzym, das die Blutgruppe bestimmt, mit einem erhöhten Risiko sowohl für Hospitalisierung, als auch für Beatmung kausal verbunden war. "Unsere Studie stellt keinen Zusammenhang zwischen der genauen Blutgruppe und dem Risiko eines schweren Covid-19-Verlaufs her", sagt Mitautor Dr. Christopher Hübel vom King's College London, aber "da frühere Forschungen ergeben haben, dass der Anteil der Personen mit der Blutgruppe A bei Covid-19-Patienten höher ist, deutet dies darauf hin, dass die Blutgruppe A ein Kandidat für Folgestudien ist."

Ebenso müsse es Folgestudien geben, was die acht Proteine angeht, die vor schwerem Verlauf schützen könnten. Durch deren Identifizierung habe man nun mögliche Ansatzpunkte für Medikamente gegen einen schweren Verlauf aufgezeigt. Das müsse weiter klinisch untersucht werden.

Die Studie könnte also eine Startrampe für wichtige Erkenntnisse sein. Aus Tausenden Blutproteinen wurden 14 herausgefiltert, die in irgendeiner Form kausal mit dem Risiko eines schweren Verlaufs zusammenhängen. Das Ziel, neue Behandlungsmethoden und möglicherweise auch präventive Therapien zu entwickeln, rückt dadurch einen Schritt näher.

Link zur Studie

Die Studie ist im Journal "PLOS Genetics" unter dem Titel "Proteome-wide Mendelian randomization identifies causal links between blood proteins and severe COVID-19" erschienen.

(rr)

Einige stehende und ein liegendes Reagenzglas mit einer roten Flüssigkeit und dem Etikett "Coronavirus Blood Test" (Coronavirus Bluttest) sowie den Feldern zum Ankreuzen "positiv" und "negativ" und einem Barcode. Einige Gläser tiefenunscharf, Blick auf direkt vorn. 2 min
Symbolbild (nachgestellt): Reagenzgläser für Corona-Bluttest Bildrechte: imago images/Future Image

8 Kommentare

MDR-Team am 05.03.2022

@Marcel_aus-ERfurt
Es handelt sich dabei um eine Korrelation, die nicht bedeutet, dass alle Menschen mit Blutgruppe A sich auch schneller infizieren werden, sondern eine bestimmte Tendenz in diese Richtung. Gut, dass es bei Ihnen bisher nicht der Fall war und bleiben Sie gesund.
LG, das MDR-Wissen-Team

Marcel_aus_erfurt am 05.03.2022

Ich habe Blutgruppe A rh positiv und habe bin bis jetzt nicht einmal infiziert worden. Also glaube ich das die Blutgruppe nicht entscheidend ist bzw begünstigt.

MDR-Team am 04.03.2022

Fazit der Studie:
"Schon in den frühen Stadien der COVID-19-Pandemie war es das Ziel vieler Forscher, einen Vitamin-D-Mangel als Risikofaktor festzustellen. [...] Unsere Studie trägt zu einer sich ständig weiterentwickelnden Beweislage bei, die darauf hindeutet, dass die Vorgeschichte eines Patienten mit Vitamin-D-Mangel ein prädiktiver Risikofaktor ist, der mit einem schlechteren klinischen Krankheitsverlauf und einer schlechteren Mortalität von COVID-19 verbunden ist. Die Verwendung historischer Ergebnisse, die vor der COVID-19-Pandemie im Rahmen einer Umfrage zur öffentlichen Gesundheit erzielt wurden, ermöglichte es uns, darauf hinzuweisen, dass ein Vitamin-D-Mangel zum kausalen Pfad des COVID-19-Mortalitätsrisikos und der Schwere der Erkrankung beiträgt. Unsere Studie rechtfertigt weitere Studien, in denen untersucht wird, ob und wann eine Vitamin-D-Supplementierung bei Personen mit Vitamin-D-Mangel in der Gemeinschaft das Ergebnis einer eventuellen COVID-19-Episode beeinflusst."