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Impfstoff von Janssen, Tochterfirma des Konzerns Johnson & Johnson Bildrechte: imago images/Independent Photo Agency Int.

Covid-19 ImpfungWie Astrazeneca: Sinusvenenthrombosen auch bei Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson

03. Mai 2021, 17:30 Uhr

Bei den Vektorimpfstoffen von Astrazeneca und Johnson & Johnson kommt es in seltenen Fällen zu einer Autoimmunreaktion, die zu schweren Thrombosen führt. Die exakte Ursache ist noch unbekannt. Forscher vermuten, dass es sich um einen "Klasseneffekt dieser vektorbasierten Impfstoffe" handelt.

Es ist eine seltene, aber schwere Nebenwirkung: Bis zum 12. April hatten über sieben Millionen Menschen in den USA eine Impfung mit dem Impfstoff Ad26.COV2.S von Johnson & Johnson erhalten. Bis zum 21. April registrierten die Behörden zwölf Fälle einer seltenen Sinusvenenthrombose, bei allen handelte es sich um Frauen, sie waren zwischen 18 und 60 Jahre alt.

Bei elf von ihnen konnte ein Autoimmun-Antikörper nachgewiesen werden, wie er bereits bekannt ist von den seltenen Nebenwirkungen bei Astrazeneca und wie er zuvor schon auftrat bei Heparin, einem Blutverdünner. Im Fachjournal JAMA fassen amerikanische Mediziner jetzt den Stand des Wissens über diese Nebenwirkung beim Johnson & Johnson Impfstoff zusammen.

Ähnliches Phänomen wie bei der "Heparin induzierten Thrombozytopenie"

Die Patientinnen waren demnach zwischen sechs und 15 Tagen nach Impfung mit starken Kopfschmerzen bei einem Arzt vorstellig geworden. In einem Fall hatte eine Patientin zuerst starke Rückenschmerzen und entwickelte erst später Kopfschmerzen. Alle zwölf Frauen wurden in einem Krankenhaus behandelt, zehn von ihnen auf einer Intensivstation. Bis zum 21. April waren drei von ihnen verstorben, drei mussten weiterhin intensivmedizinisch betreut werden, zwei waren auf eine andere Station verlegt worden, vier konnten nach Hause entlassen werden.

Laut den Autoren des jetzt veröffentlichten Reports ist der Mechanismus der sogenannten "Heparin induzierten Thrombozytopenie" (HIT) ähnlich. Damit handelt es sich offenbar um ein ähnliches Phänomen, wie es unter anderem die Forscher um den Greifswalder Thromboseforscher Andreas Greinacher für die Fälle von Sinusvenenthrombosen nach einer Astrazeneca-Impfung beschrieben hatten.

Risikofaktoren unbekannt: Weder Rauchen, noch die Pille, noch bekannte Allergien

"Es sieht nun immer mehr danach aus, dass es sich hier um einen Klasseneffekt dieser vektorbasierten Impfstoffe handelt", sagte Greinacher bei einer virtuellen Pressekonferenz. Doch es gebe auch eine gute Nachricht: Die Behandlung mit Immunglobulinen und Gerinnungshemmern scheine zu wirken und stelle eine gute erste Behandlungsmöglichkeit dar. Es gebe Empfehlungen zur Behandlung, einige Kliniken hätten auch schon Erfahrungen sammeln können.

Der genaue Mechanismus bleibe aber nach wie vor ein Rätsel. Bislang konnten keine gemeinsamen Risikofaktoren identifiziert werden. Weder waren alle Frauen Raucherinnen, noch hatten alle mit der Pille verhütet. Auch bereits bekannte Autoimmunkrankheiten sind offenbar kein Risikofaktor.

Umgekehrt gibt es zwar einige Gemeinsamkeiten zwischen den Impfstoffen von Johnson & Johnson sowie Astrazeneca, aber auch Unterschiede. Während Astrazeneca ein Adenovirus von Schimpansen verwendet (Chadox-1) nutzt Johnson & Johnson ein Adeno-26 Virus. Auch die Begleitstoffe sind unterschiedlich. "Eine Gemeinsamkeit zwischen beiden Impfstoffen ist aber wahrscheinlich, sonst würde es nicht ähnliche Reaktionen geben", sagt Greinacher.

Über 1.000 mögliche Ursachen für HIT

Dieses Problem ist aber auch von der HIT bereits bekannt. Dort gebe es offenbar über 1.000 Substanzen, die die Reaktionskette in Gang setzen können. "Wir wissen, dass komplett unterschiedliche Bestandteile, die nichts miteinander gemeinsam haben, außer ihrer negativen elektrischen Ladung, dass die Heparin induzierte Thrombozytopenie auslösen können." Es sei also gut möglich, dass verschiedene Bestandteile in den Impfstoffen zum gleichen Problem führen könnten.

Es ist also unwahrscheinlich, dass das Rätsel bald gelöst werden kann, denn viele Fragen sind noch offen. Untersucht werden könnte, wie sich andere Teile des Immunsystems verhalten oder ob es genetische Einflussfaktoren gibt. Die nötigen Laboruntersuchungen könnten Jahre in Anspruch nehmen.

(ens)

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