Zwei Hamster
Die Forschenden impften Versuchshamster mit dem Lebendimpfstoff gegen Corona. Anschließend konnten die Tiere eine Infektion mit dem Virus abwehren. Bildrechte: IMAGO / YAY Images

Covid-19 Lebendimpfung: Berliner Nasenspray-Impfstoff gegen Corona schützt Versuchshamster

03. April 2023, 17:01 Uhr

Eine Berliner Forschergruppe hat Coronaviren genetisch abgeschwächt und als Nasenspray-Impfstoff bei Hamstern getestet. Die Tiere konnten anschließend nicht mehr mit dem Virus angesteckt werden, auch nicht mit Omikron.

Eine interdisziplinäre Gruppe von Forschenden des Berliner Max-Delbrück-Zentrums, der Charité und der Freien Universität hat erfolgreich einen Nasenspray-Impfstoff an Tieren getestet. In einer am Montag veröffentlichten Studie in "Nature Microbiology" berichten die Wissenschaftler von den Versuchen mit Hamstern, die zunächst mit zwei Dosen eines Nasensprays geimpft wurden, das abgeschwächte echte Sars-Coronaviren-2 enthielt. Anschließend konfrontierten sie die Tiere mit echten Viren.

Den Krankheitserregern gelang es nicht mehr, die Schleimhäute der Hamster zu infizieren. Damit sind die Forschenden möglicherweise dem Ziel nähergekommen, eine sterile Immunität gegen das durch die Atemluft übertragene Coronavirus herzustellen.

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Impfvirus enthält sämtliche Proteine der zirkulierenden Coronaviren

Bislang existieren weltweit lediglich zwei zugelassene Nasenspray-Impfungen gegen Corona, in Indien und in China. Beide Impfstoffe enthalten genetisch veränderte Adenoviren, also gewöhnliche Erkältungserreger, die mit einigen Merkmalen von Sars-CoV-2 ausgestattet wurden. Sie werden als Tropfen in die Nase gegeben und sollen dort die Schleimhautzellen anregen, eine Immunabwehr gegen Corona zu entwickeln. Daten zur Wirksamkeit dieser Impfstoffe wurden bislang nicht veröffentlicht. Auch eine Zulassung in Europa wurde bisher nicht beantragt.

Im Gegensatz dazu haben die Berliner Forscher das echte Coronavirus genetisch verändert. Das sCPD9 genannte Virus enthält sämtliche Proteine in der Bauweise, wie sie auch bei den krankheiterregenden Viren vorkommen. Zusätzlich ist die Vermehrungsfähigkeit der Impfviren deutlich gehemmt. Sie können in die Zellen der Nasenschleimhaut eindringen, aber keine Infektion auslösen.

Forscher verglichen neue Nasenspray-Impfung mit zugelassenen mRNA-Impfstoffen

Das Forscherteam um den Veterinär Jakob Trimpert von der Freien Universität Berlin, den Molekularbiologen Emanuel Wyler vom Max-Delbrück-Zentrum und die Pneumologin Geraldine Nouailles von der Universitätsklinik Charité hat für seinen Versuch Hamster gewählt, da die Tiere ohne genetisch verändert werden zu müssen mit den gleichen Sars-CoV-2 Typen infiziert werden können wie Menschen, und weil sie bei der Infektion ähnliche Symptome entwickeln.

Die Tiere erhielten zwei Dosen des Lebendimpfstoffs als Nasentropfen. Zum Vergleich wurde eine zweite Gruppe mit den bereits gängigen mRNA-Impfstoffen per Spritze in das Muskelgewebe geimpft. Daneben testeten die Forschenden gemischt geimpfte Tiere.

Mit einem Elektronenmikroskop aufgenommene Proben von Atemschleimhäuten von Versuchstieren (Hamstern).
Nach zweifacher Impfung mit dem Lebendimpfstoff (A) verändert SARS-CoV-2 die Nasenschleimhaut der Hamster kaum (B). Die Kombination aus Lebend- und mRNA-Impfstoff (C) ist auch sehr effektiv; kleine Angriffsflächen (braun) findet das Virus aber (D). Bildrechte: Anne Voß, Institut für Tierpathologie, Freie Universität Berlin

Dann wurden alle Gruppen von Hamstern mit den echten Viren konfrontiert, auch mit Erregern der Variante Omikron BA.1, die deutliche Veränderungen zum Wildtypvirus aufweist. Schließlich töteten die Forschenden die Versuchstiere und untersuchten das Gewebe der Schleimhäute im Labor.

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Schleimhautzellen bildeten IgA-Antikörper und lagerten T-Zellen gegen Sars-CoV-2 ein

"Das Immungedächtnis wurde sehr gut angeregt, und die Schleimhäute waren aufgrund der hohen Antikörperkonzentration sehr gut geschützt", fasst Jakob Trimpert zusammen. In den meisten Fällen zeigte die Untersuchung der Atemschleimhäute von geimpften Tieren keine Spuren einer Infektion nach der Konfrontation. "Wir konnten nachweisen, dass es bei vorangegangener intranasaler Impfung auch zu einer verstärkten Reaktivierung dieser lokalen Gedächtniszellen im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion kommt", sagt die Immunologin Geraldine Nouailles.

Die Schleimhautzellen bildeten also sogenannte IgA-Antikörper, die sich an die Viren hefteten und es lagerten sich auch T-Zellen ein, die von Viren befallene Zellen schnell erkennen und ausschalten können. Im Ergebnis zeigte sich also eine deutliche Immunantwort auf den Schleimhäuten. Diesen Effekt konnten die Vergleichsimpfstoffe nicht erreichen. Hier konnte sich Sars-CoV-2 eine Weile in den Hamstern vermehren. "Der abgeschwächte Lebendimpfstoff schnitt in allen Parametern besser ab als die Vergleichsimpfstoffe", sagt Emanuel Wyler.

Ziel: Sterile Immunität gegen Corona durch Impfung

Das Schweizer Unternehmen Rocket Vax aus Basel, das mit der Gruppe kooperiert, bereitet jetzt eine klinische Phase-1 Studie vor, bei der die Lebensimpfung an Menschen getestet werden soll. Verlaufen diese und folgende Untersuchungen erfolgreich, könnte es schließlich doch noch einen Impfstoff gegen Corona geben, der Durchbruchinfektionen wirksam verhindert.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 02. April 2023 | 19:30 Uhr

1 Kommentar

Lyn am 04.04.2023

Ach sind die niedlich.


Impfung per Nasenspray? Dürfte dann auch bei anderem prinzipiell möglich sein.
Grippe, Pneumokokken....