Corona Videochats verstärken Sehnsucht nach normalem Leben

06. Mai 2021, 10:33 Uhr

In Zeiten der Pandemie ist das Videochatten zur Hauptkommunikationsform geworden. So kann man Kontakt halten und die soziale Distanz besser ertragen. Oder? Forschende der Uni Duisburg Essen stellten etwas anderes fest. MDR WISSEN Reporterin Mandy Weiß berichtet.

Junge Frau liegt auf dem Sofa vor einem Laptop 5 min
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Der Videochat galt bislang als erste Wahl, wenn es um das Aufrechterhalten sozialer Kontakte ging. Aber eine Studie der Universität Duisburg-Essen kommt nun zu einem überraschenden Ergebnis.

MDR KULTUR - Das Radio Mo 19.04.2021 12:37Uhr 04:40 min

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Einfach mal mit den Lieben ein bisschen skypen, via Zoom videochatten oder irgendwie anders mit Bewegtbild verbunden sein: So läßt sich am besten die soziale Distanz im Lockdown überbrücken - aber was naheliegend scheint, ist gar nicht so, erklärt Nicole Krämer, Professorin für Sozialpsychologie an der Uni Duisburg Essen.

Wir haben angenommen, dass es umso besser ist, je mehr Kanäle zur Verfügung stehen - dass man sich also nicht nur hört, sondern auch sieht und dass alles möglichst synchron übertragen wird. Aber das war tatsächlich nicht der Fall. Die Videochats haben den Leuten weniger dabei geholfen, die Maßnahmen zur Kontaktreduzierung einzuhalten als das Verschicken von Messenger-Nachrichten. Darunter fallen die WhatsApp, die man mal schnell schreibt um mitzuteilen: "Hallo, ich bin grad da und da", oder mal ein lustiges Video zu schicken. Das hatte einen stärkeren Einfluss darauf, dass die Leute gesagt haben: "Ich halte noch etwas durch", als ein Kontakt über Videokonferenzen.

Woran das genau liegt, soll ein zweite Studie mit gezielten Befragungen klären. Eine Vermutung hat Studienleiterin Nicole Krämer aber schon: Das Videobild erinnert schmerzlicher an die räumliche Trennung als die Textnachricht:

Ein Aspekt, der vorstellbar ist, ist, dass die Sehnsucht größer wird, dass dann das Gefühl größer wird "Aber ich hätte es doch so gerne", wenn man die Oma dann auf dem Bildschirm sieht. Über die Textnachricht wird klar: 'Da ist jemand, der denkt an mich, der schickt mir mal was, ich schicke was zurück.' Aber das ist nicht so stark, dass es gegebenenfalls dazu führt, dass wir sagen "Ach, Mensch, treffen und umarmen, das wäre doch jetzt nochmal schön."

Der Videochat erinnert uns also daran, wie schön es wäre, die Person auf dem Bildschirm "in echt" zu erleben. Das verstärkt eher das Unwohlsein im Lockdown, als darüber hinwegzuhelfen. Doch warum ist das für uns so wichtig? Weil wir als Menschen so geschaffen sind, sagt Sozialpsychologin Nicole Krämer:

Wir haben das Bedürfnis, zu anderen Menschen zu gehören. Dazu gehört eben auch, dass wir mit denen, die zum engsten Freundeskreis, Partner, Familie gehören, viel Kontakt haben wollen - und das natürlich mit Berührung, Umarmen, je nach Beziehung. Das ist wichtig und lässt sich beispielsweise auch hormonell nachweisen, dass Berührungen einen Effekt auf unser Wohlbefinden haben. Je besser das gelingt, umso besser ist das Wohlbefinden sowohl körperlicher als auch seelischer Art. Bei Menschen, die dann das Gefühl bekommen, dass sie einsam sind, entweder in dieser Situation oder in einer anderen Situation, lässt sich sogar eine verringerte Lebenszeit feststellen.

Aber wie sollte man denn im Lockdown nun am besten miteinander kommunizieren? Da will Nicole Krämer keine Empfehlungen geben – aber Videochats müssen nicht unbedingt sein:

Wir würden ganz generell empfehlen, dass natürlich die technischen Möglichkeiten und die Medien helfen können. Das heißt: Jeglicher Kontakt, und sei er auch nur so indirekt, wie über Facebook oder Messenger-Texte und Videos, ist eine Art von Kontakt, die uns das Gefühl gibt: "Da sind noch andere Menschen, zu denen gehöre ich, die denken an mich". Von daher wäre die Schlußfolgerung: Medien nutzen, um in Kontakt zu bleiben ja, aber es muss nicht immer die aufwendig geplante Videokonferenz sein. Es kann auch schon helfen, mit guten Freunden Nachrichten auszutauschen, damit man sich gegenseitig das Gefühl gibt: Wir stehen im Kontakt.

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4 Kommentare

MDR-Team am 21.04.2021

Ach Atheist,
dieses Bild meinen Sie. Das von der freundlich lächelnden Familie vor einem PC. Dass Sie sich durch die Darstellung von drei Generationen beim Videochat nicht repräsentiert fühlen, tut uns leid.
So, wie wir wissen, was Sie meinen, wissen Sie genau, das
wir ein Programm für alle Menschen machen. Wir stehen ein für Gleichstellung und Diversität. Und für Rassismus gibt es keinen Platz auf unserer Seite.
Eine Leseempfehlung: https://www.mdr.de/vielfalt/index.html

Atheist am 21.04.2021

Ich meine nicht das Artikelbild sondern den Link zum Artikel.
Aber das wissen Sie genau.
Und warum sollte ich mich als Frau von einer Frau angesprochen fühlen?

MDR-Team am 21.04.2021

Lieber Atheist,
im Artikel geht es um Videochats und was diese in uns auslösen. Das Symbolbild zeigt eine junge Frau beim Chat per Video. Was genau stört Sie denn daran? Fühlen Sie sich von einem Bild einer Frau nicht mit angesprochen? Oder passt Ihnen das Alter nicht? Leider können wir Ihre Kritik in keiner Weise nachvollziehen.