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Corona FolgeGürtelrose-Risiko nach Covid-19-Erkrankung deutlich höher

15. Juni 2022, 14:07 Uhr

Covid-19 bringt das Immunsystem nachhaltig durcheinander. US-Forscher sehen nun eine weitere Folge davon: Patienten über 50 Jahren haben nach Corona ein erhöhtes Risiko, an Gürtelrose (Varizella Zoster) zu erkranken.

Wer als Kind einmal Windpocken hatte, trägt das Virus sein Leben lang in sich: Der Windpocken-Erreger Varizella Zoster gehört zu den menschlichen Herpesviren und deren Spezialität ist es, sich nach einer akuten Infektion im Körper dauerhaft einrichten zu können. Meist spürt man davon lange Zeit nichts. Aber wenn das Immunsystem geschwächt wird, kann das Virus wieder ausbrechen, oft in Form einer Gürtelrose.

Wie US-Forscher jetzt mit Blick auf Gesundheitsdaten feststellen, führt auch eine überstandene Covid-19 mitunter zu einer solchen Immunschwächung. Patienten über 50 Jahren haben nach Corona jedenfalls ein erhöhtes Risiko, an Gürtelrose zu erkranken.

Nach Corona: 15 Prozent höheres Risiko auf Gürtelrose

Im Fachjournal Open Forum Infectious Diseases berichtet das Team um Amit Bhavsar vom Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline von seiner Datenauswertung. Die Forschenden hatten mehrere Datenbanken von US-Arzneimittelfonds und Versicherern ausgewertet und dabei Datensätze von rund 400.000 Personen ausgewählt.

Diese Personen waren 50 Jahre oder älter, hatten Covid-19 durchgemacht, aber in der Vergangenheit noch nie eine Gürtelrose entwickelt und sie waren weder gegen Windpocken noch gegen Corona geimpft worden. Ihren wurde eine Kontrollgruppe von rund 1,6 Millionen Personen mit entsprechendem Alter, Geschlecht und Risikofaktoren gegenübergestellt, die keine bekannten Covid-19-Infektionen gehabt hatten.

Nachdem die Forschenden Faktoren wie Alter, Geschlecht oder andere bekannte Vorrisiken für einen Ausbruch der Gürtelrose rechnerisch ausgeschlossen hatten, verglichen sie den statistischen Einfluss einer Covid-19 auf das Risiko, nach der Infektion einen Ausbruch von Gürtelrose zu bekommen. Unter den Covid-Genesenen entwickelten pro 1.000 Personen etwa 8,2 Patienten eine Gürtelrose. Bei den Personen ohne Corona waren es 6,81 Personen pro 1.000.

Covid-19 schädigt das Immunsystem – Zahl der Abwehrzellen nach Infektion reduziert

Damit lag das Gürtelrose-Risiko nach Corona um 15 Prozent höher, als bei der Vergleichsgruppe. Wenn Patienten wegen Corona in Kliniken behandelt werden mussten (das betraf rund 80.000 Personen der Untersuchungsgruppe), war das Risiko sogar um 21 Prozent erhöht. Zu den meisten Gürtelrose-Ausbrüchen kam es innerhalb der ersten vier Wochen nach der Covid-19-Diagnose sowie zwischen drei und sechs Monaten danach. Außerdem hatten Frauen ein höheres Risiko als Männer und Ältere (über 65 Jahre) ein höheres Risiko als Jüngere (50 bis 65 Jahre).

Haut mit Herpes Zoster Bildrechte: IMAGO / agefotostock

Die Studienautoren vermuten die Ursache in einer Schädigung des Immunsystems durch die Coronainfektion. So hätten bereits vorangegangene Studien gezeigt, dass eine Covid-19 vor allem verschiedenen Typen von T-Zellen beeinträchtigt und auch die Menge anderer Lymphozyten, darunter B-Zellen und natürliche Killerzellen, verringert. Das sei umso mehr der Fall, je schwerer die Covid-19 verlaufen ist. So erklärt sich aus Sicht der Forschenden, warum in Kliniken behandelte Patienten ein noch höheres Risiko auf Gürtelrose aufweisen als die übrigen Betroffenen.

Nur eine frühe Windpocken-Impfung kann vor Gürtelrose schützen

Eine frühzeitige Windpocken-Impfung kann das Risiko einer Gürtelrose senken, aber nur, wenn jemand noch nie mit den Windpocken infiziert war. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Windpocken-Impfung daher vor allem für Kleinkinder. Wer das Virus bereits hatte, kann es durch die Impfung nicht mehr loswerden. Da der Impfstoff aus abgeschwächten, aber lebenden Viren besteht, können diese in seltenen Fällen selbst später eine Gürtelrose auslösen. Laut Stiko ist dieses Risiko im Vergleich mit der gewöhnlichen Varizella Zoster Infektion aber deutlich reduziert.

Ein Ausbruch von Varizella Zoster hatte zuletzt den US-Sänger Justin Bieber dazu gezwungen, einige Auftritte abzusagen. Bei ihm hatte das Virus für eine halbseitige Gesichtslähmung gesorgt.

Links/Studien

(ens)