Computergrafik eines Virus, eine violette Kugel mit Rezeptorne, die wie viele kleine Antennen aussehen. Antikörper, kleine dreieckige Moleküle, heften sich an die Rezeptoren.
Durch eine Impfung erzeugte Antikörper heften sich an die Rezeptoren eines Virus. (Computergrafik) Bildrechte: IMAGO / agefotostock

Covid-19 mRNA-Impfstoffe: Größerer Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung verbessert Impfschutz

09. Dezember 2021, 14:49 Uhr

Mehr Abstand zwischen den Impfungen verbessert die Antikörperwerte, so eine nue Studie, die verschiedene Intervalle zwischen Erst- und Zweitimpfung bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna verglichen hat.

Beim Covid-Impfstoff von Astrazeneca und verschiedenen anderen Totimpfungen weisen Daten schon länger darauf hin: Je mehr Zeit vergeht zwischen einer ersten und einer zweiten Impfdosis, desto stärker fallen die Immunantworten nach der zweiten Dosis aus. Stimmt das auch für die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna? Diese Frage hat ein Team kanadischer Forscher verschiedener Institute aus Vancouver in einer vergleichenden Studie untersucht. Klares Ergebnis: Auch bei den mRNA-Impfstoffen werden die Immunantworten nach der Zweitimpfung stärker, wenn der Abstand zur Erstimpfung größer ist.

Schon ein mittlerer Impfabstand bringt bessere Immunwerte

Wie die Autoren um den Mediziner Brian Grunau im Fachjournal JAMA berichten, wurden die Untersuchungsteilnehmer gebeten, eine Blutprobe zu Beginn der Studie und eine weitere sechs Monate nach ihrer ersten Impfdosis abzugeben. Alle Teilnehmenden hatten zwischen dem 16. Dezember 2020 und dem 22. Februar 2021 eine erste Impfdosis erhalten, entweder mit Biontech/Pfizer oder Moderna. Personen mit einer bekannten SARS-CoV-2 Infektion wurden ausgeschlossen.

Nun führten die Forscher zwei Unterstudien durch. Für die Studie "Kurzer Impfabstand versus mittlerer Impfabstand" wählten sie solche Blutproben aus, bei denen einerseits der Abstand zur Zweitimpfung vergleichbar war, andererseits die demografischen Merkmale hinsichtlich Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen übereinstimmten. In der Gruppe "kurzer Abstand" lagen zwischen Erst- und Zweitdosis 18 bis 28 Tage und in der Gruppe "mittlerer Abstand" 42 bis 49 Tage.

Bei der Auswertung zeigten sich deutliche Unterschiede. Bei der Neutralisationsfähigkeit lagen die Werte der Gruppe "kurzer Abstand" nach zwei Dosen bei durchschnittlich 54,6 und bei der Gruppe "mittlerer Abstand" bei 230,8. Ähnlich verhielten sich die Konzentrationen von Antikörpern gegen das Spikeprotein: Die kurze Gruppe hatte im Schnitt 1697 U/ml, die mittlere 2476 U/ml.

Bei langem Impfabstand bessere Werte gegen Immune-Escape Varianten

Noch deutlicher fielen die Unterschiede in der zweiten Unterstudie "Kurzer Abstand versus langer Abstand" aus. Hier wählten die Forscher die Blutproben nach dem Abstand zur Erstimpfung aus. Seit dieser mussten zwischen 170 und 190 Tagen vergangen sein, also etwa sechs Monate. Auch hier stellten die Forscher demografisch vergleichbare Gruppen zusammen, die sich nur in Bezug auf den Impfabstand unterschieden.

Hier lagen bei der "kurzen Gruppe" 36 Tage oder weniger zwischen erster und zweiter Dosis. Bei der "langen Gruppe" waren 100 bis 120 Tage. Die Neutralisationsfähigkeit war bei der kurzen Gruppe 41,8, bei der langen aber sogar 302,3. Die Unterschiede bei den Antikörpern gegen das Spikeprotein fielen zwar etwas geringer aus (928,4 U/mL bei der kurzen versus 1154 U/mL bei der langen Gruppe). Dafür wiederum gab es große Unterschiede bei der Fähigkeit, das Andocken von Viren an den menschlichen ACE-2-Rezeptor zu verhindern, wenn die Viren sogenannte Escape-Varianten waren wie Beta oder Gamma. Bei Beta hatte die kurze Gruppe 5,4 U/mL, die lange dagegen 15,5. Bei Gamma waren es 4,9 U/mL versus 14,3 U/mL.

Verzögern der Zweitdosis in vielen Situationen eine sehr gute Wahl

Aus Sicht der Forscher sind die Ergebnisse ein klarer Beleg dafür, dass die Verzögerung einer zweiten Impfdosis besonders dann zu empfehlen ist, wenn Impfstoff noch knapp ist. Dann kann einerseits ein größerer Bevölkerungsanteil eine erste Dosis bekommen, andererseits profitieren dann alle Geimpften von insgesamt besseren Immunwerten nach der zweiten Dosis. Eine Ausnahme sei jedoch die Situation von Hochrisikogruppen. Hier sei eine rasche Immunisierung wahrscheinlich wichtiger als langfristig höhere Immunwerte.

(ens)

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels ist uns ein Fehler unterlaufen. Der Abstand zwischen Erst- und Zweitdosis in der Gruppe "mittlerer Abstand" betrug 42 bis 49 Tage, nicht 24 bis 49.

19 Kommentare

MDR-Team am 09.12.2021

@robo, (2/2)
Demnach benötigen die B-Lymphozyten, die für die Produktion von Antikörpern zuständig sind, eine gewisse Zeit zur Reifung um zur Plasmazelle und später zur B-Gedächtniszelle zu werden. Je mehr Zellen diesen Reifungsprozess abgeschlossen haben, wenn die zweite Impfdosis, bzw. der Booster, verabreicht wird, desto mehr Antikörper werden dann produziert.
Allerdings: Bei den aktuell hohen Zahlen von Neuansteckungen jeden Tag sollte jemandem, der sich jetzt zum ersten Mal gegen Sars-CoV-2 impfen lässt, dringend davon abgeraten werden, das Intervall zur Zweitimpfung zusätzlich in die Länge zu ziehen. Eine zeitige zweite Impfung schützt in jedem Fall besser vor der Gefahr durch eine Infektion als keine zweite Impfung, wenn es zur Ansteckung kommt.

MDR-Team am 09.12.2021

@robo, (1/2)
wie beschrieben gab es zwei Untersuchungsgruppen. In der Unterstudie "Kurzer Impfabstand versus mittlerer Impfabstand" gingen die Forschenden genau wie gefordert vor: Sie entnahmen die Blutproben im vergleichbaren Abstand zur Zweitimpfung. Das führt aber wiederum zu unterschiedlichen Abständen zwischen der Erstimpfung und der Feststellung der Ergebnisse. Um also ganz sicher zu gehen in Bezug auf die beobachteten Effekte, entnahmen die Forschenden in einem zweiten Schritt zusätzlich noch eine Probe entnommen in einem vergleichbaren Abstand zur Erstimpfung (hier beschrieben als die Unterstudie "Kurzer Abstand versus langer Abstand").
Wie könnte man den beobachteten Effekt erklären? Hinweise darauf liefert u.a. diese Studie: https://www.nature.com/articles/s41586-021-03738-2

robo am 09.12.2021

Blutabgabe nach 170 bis 190 Tage nach der ERST Impfung mit unterschiedlich langen Wartezeiten bis die Zweitimpfung verabreicht wurde. Dies lässt mich darauf schließen: bei längeren Wartezeiten zur Zweitimpfung ist dann die Zeit die verstreicht bis zur Blutentnahme viel kürzer. Und da wundert sich jemand drüber, dass dann die Konzentration im Blut noch höher ist? Was ist das für eine Studie? Meiner Meinung nach hätte man einen einheitlichen Abstand zwischen ZWEIT Impfung und Blutentnahme und nicht ERST Impfung wählen sollen um eine verlässliche Aussage treffen zu können.