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Coronaviren (künstlerische Darstellung): Drei Monate nach der Zweitimpfung steigt das Risiko, dass infizierte Geimpfte das Virus weitergeben. Bildrechte: imago images/Shotshop

Covid-19Deltavariante: Risiko der Virusweitergabe steigt drei Monate nach Impfung

06. Oktober 2021, 17:45 Uhr

Grundsätzlich stecken Geimpfte seltener als Ungeimpfte andere Menschen an, wenn es zu einer Infektion kommt. Doch bei der Deltavariante nimmt dieser Schutz drei Monate nach der zweiten Impfung ab.

Wie gefährlich sind Geimpfte, die eine Durchbruchsinfektion haben, für ihre Umgebung? Forscher der Universität Oxford haben die umfangreich erhobenen Daten aus der Kontaktnachverfolgung in Großbritannien ausgewertet - und haben eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute: Eine Covid-Impfung mit Astrazeneca oder Biontech senkt das Risiko, dass trotz Impfung Infizierte das Virus weitergeben und zwar sowohl bei der Alpha-, als auch bei der noch ansteckenderen Deltavariante.

Die Schlechte: Dieser Schutz für die Umgebung lässt allmählich nach. Drei Monate nach der zweiten Impfdosis ist das Risiko, dass mit Astrazeneca Geimpfte bei einer Infektion mit der Deltavariante eine Kontaktperson anstecken, praktisch genauso groß wie bei Ungeimpften. Auch bei Biontech ist das Risiko der Virusweitergabe deutlich erhöht, und zwar unabhängig davon, ob die Kontaktpersonen selbst geimpft sind oder nicht. Allerdings: Aufgrund ihres Forschungsdesigns räumen die Autoren ein, dass dieses Risiko möglicherweise leicht überschätzt werde.

37 Prozent aller Kontaktpersonen infiziert

Die Studie erschien auf dem Preprint-Server Medrxiv und wurde bislang nicht begutachtet. Der Bioinformatiker David Eyre und seine Kollegen haben Daten des nationalen Gesundheitsdienstes NHS ausgewertet, die dieser bei der Nachverfolgung der Kontakte von Infizierten erhoben hat. Analysiert wurden Fälle, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Juli auftraten. In der ersten Hälfte dieser Zeit war die Alpha-Variante (B.1.1.7) in Großbritannien dominant, in der zweiten Hälfte übernahm die Deltavariante die Oberhand.

Insgesamt betrachteten die Forscher 99.597 sogenannte Indexfälle, also Infizierte, die am Beginn einer rekonstruierten Infektionskette standen. Und sie betrachteten 151.821 Kontaktpersonen, die innerhalb von zehn Tagen nach dem positiven PCR-Ergebnis des Indexfalls selbst einen PCR-Test gemacht hatten. Über den gesamten Untersuchungszeitraum zeigte sich, dass sich etwa 37 Prozent aller Kontaktpersonen bei ihren Indexfällen ansteckten.

Deltavariante: Drei Monate nach der Zweitimpfung steigt das Risiko der Virusweitergabe

Ob sich die Kontaktpersonen ansteckten, hing statistisch stark davon ab, ob sie selbst geimpft waren. Ungeimpfte Kontakte steckten sich am häufigsten an (49 Prozent), gefolgt von Geimpften mit nur einer Impfdosis (bei Astrazeneca 33 Prozent, bei Biontech/Pfizer 32 Prozent). Vollständig geimpfte Kontaktperson hatten das geringste Risiko sich anzustecken (bei Astrazeneca 23 Prozent, bei Biontech/Pfizer 17 Prozent).

Allerdings: Kam es zu einer Durchbruchsinfektion mit der Deltavariante, dann stieg das Risiko der Virusweitergabe drei Monate nach der zweiten Impfdosis deutlich. Bei mit Astrazeneca Geimpften sei es kaum zu unterscheiden gewesen von Ungeimpften. Auch mit Biontech/Pfizer Geimpfte steckten drei Monate nach ihrer zweiten Impfung deutlich häufiger Kontaktpersonen an.

Häufigste Ansteckungen im Haushalt

Am häufigsten kam es zu diesen Ansteckungen im eigenen Haushalt (70 Prozent). Jeweils zehn Prozent steckten sich bei Besuchen anderer Haushalte, bei Veranstaltungen in der Freizeit oder auf der Arbeit an. Auch das Alter der Infizierten spielte eine Rolle. Je älter, desto höher das Risiko, sowohl sich selbst anzustecken als auch andere anzustecken.

Unklar ist nach wie vor, wie die Deltavariante zu diesen Effekten führt. Der sogenannte Ct-Wert, anhand dem Forscher abschätzen können, wie hoch die Virusmenge bei einem positiv getesteten Patienten ist, war offenbar nicht entscheidend dafür, ob es zur Virusweitergabe durch Geimpfte kam oder nicht.

Vorangegangene Studien hatten bereits gezeigt, dass geimpfte und ungeimpfte Infizierte mit der Delta-Variante zum Höhepunkt ihrer Virusausscheidung etwas gleich viele Viren abgeben. Bei Geimpften ist dieser Zeitraum allerdings kürzer, zudem werden sie immer noch seltener (schwer) krank.

Ungetestete Kontaktpersonen tauchen in den Statistiken nicht auf

Die Forscher haben eigenen Angaben zufolge versucht, die Effekte veränderter Coronaregeln herauszurechnen. Großbritannien hat inzwischen mit einem Freedom-Day alle verbliebenen Hygieneregeln zum Schutz vor dem Virus wieder abgeschafft. Allerdings könne es sein, dass die Impfdurchbrüche bei Kontakten zahlenmäßig überschätzt würden, da nur solche Personen einbezogen wurden, die einen PCR-Test gemacht hatten. Geimpfte, nicht infizierte Kontaktpersonen, die keinen Test gemacht haben, tauchen in den Statistiken nicht auf.

Dem Magazin nature sagte Erstautor David Eyre, er sehe die Möglichkeit, dass eine Kampagne für eine Drittimpfung zum Schutz besonders verwundbarer Personen möglicherweise auch die Übertragung des Virus deutlich reduzieren könnte. Offen ist allerdings, ob - und falls ja - wann nach einer dritten Impfung der Schutz vor Weiterübertragung sinkt.

(ens)

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