Illustration - Thrombose - Klumpen von Blutplättchen
Illustration: Klumpen von Blutplättchen Bildrechte: imago images/Kateryna_Kon

Covid-19 Vektorimpfstoffe: Gefährliche Thrombose-Antikörper nach drei Monaten verschwunden

11. September 2021, 05:00 Uhr

Vektorimpfstoffe wie Astrazeneca oder Johnson & Johnson können die Bildung von Antikörpern auslösen, die schwere Thrombosen verursachen. Die gute Nachricht: Nach drei Monaten sind die Antikörper verschwunden.

Forscher der Uni Greifswald haben eine gute Nachricht, besonders für all jene Patienten auf der Welt, denen die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna nicht zur Verfügung stehen: Die gefährlichen Autoimmun-Antikörper, die in seltenen Fällen nach einer Impfung mit einem Vektorimpfstoff von Astrazeneca oder Johnson & Johnson gebildet wurden, verschwinden in der Regel innerhalb von drei Monaten. Betroffene Patienten können dann ohne das Risiko einer Wiederholung mit einer zweiten Dosis geimpft werden. Das berichten die Mediziner um Andreas Greinacher im Fachblatt "New England Journal of Medicine".

Impfabstand bei Thrombosen auf drei Monate verlängern

Die Nachricht hatte große Beunruhigung ausgelöst: Im März hatte sich gezeigt, dass der Impfstoff von Astrazeneca in seltenen Fällen eine Thrombose in einer Hirnvene auslösen kann. Neben einem Team aus Oslo hatten damals Greinacher und seine Kolleginnen und Kollegen von der Uni Greifswald gezeigt, dass der Mechanismus hinter der Nebenwirkung dem einer Nebenwirkung des Thrombosemedikaments Heparin gleicht: Bei einigen wenigen Patienten bildet das Immunsystem einen Antikörper, der Blutplättchen vom Typ PF4 zum Verklumpen bringt und so die Thrombosen auslöst.

Linda Schönborn aus Greinachers Team zeigt nun in der neuen Studie, dass diese Antikörper in den meisten Fällen innerhalb von drei Monaten wieder verschwinden. "Betroffene sind nicht langfristig gefährdet, immer wieder neue Thrombosen zu bekommen. Die Antikörper aktivieren die Blutgerinnung nur eine kurze Zeit nach der Impfung", sagt sie. Andreas Greinacher ergänzt: "Die Betroffenen können ohne Risiko ein zweites Mal geimpft werden, ohne dass die Antikörper wieder gebildet werden. Daher ist ein Abstand zur Zweitimpfung von drei Monaten klar zu empfehlen."

Autoimmun-Antikörper verschwinden innerhalb von drei Monaten

Die Mediziner hatten 35 Patienten (27 Frauen, 8 Männer, Alterspanne 18 bis 77 Jahre) beobachtet, die eine durch die Impfung ausgelöstes Thrombose mit Thrombozytopenie Syndrom bekommen hatten. Die allermeisten von ihnen verloren die gefährlichen Antikörper innerhalb von 12 Wochen nach der Diagnose. Lediglich ein Patient hatte noch eine kleine Menge der Antikörper über diesen Zeitraum hinaus und musste weiterhin mit Antithrombosemitteln behandelt werden.

Fünf der Patienten wurden noch innerhalb des Untersuchungszeitraums mit einer zweiten Impfdosis geimpft. In allen Fällen kam der Impfstoff von Biontech/Pfizer zum Einsatz. Da in vielen Ländern der Welt nur Vektorimpfstoffe zur Verfügung stünden und es oftmals keine Tests auf die Autoimmun-Antikörper gebe, sei ein pragmatischer Ansatz, einfach den Abstand zwischen den Impfdosen auf drei Monate zu vergrößern.

Was sind Vektorimpfstoffe?

Im Unterschied zu den mRNA-Impfstoffen werden bei Vektorimpfstoffen genetisch veränderte Erkältungsviren gespritzt. Die Viren enthalten die Erbinformation für das Corona-Spikeprotein, das anschließend im Körper gebildet und eine Immunantwort auslöst. Neben Astrazeneca und Johnson & Johnson gehört auch der russische Impfstoff Sputnik V zu diesen Impfstoffen. Bei letzterem seien bislang allerdings keine Thrombose-Nebenwirkungen beobachtet worden, teilten die russischen Behörden mit.

(ens/idw)

Zur Studie

Schönborn, Thiele, Kaderali and Greinacher: Decline in Pathogenic Antibodies over Time in VITT, New England Journal of Medicine

21 Kommentare

MDR-Team am 15.09.2021

@Peter Lankton,
keine Impfung ist 100% risikofrei. Sehr seltene und dennoch schwere Nebenwirkungen gibt es auch bei anderen Impfungen. Diese sind ohne Frage furchtbar und tragisch. Und dass dadurch Angst entsteht, ist sehr nachvollziehbar. Umso wichtiger ist die Einordnung im Gesamtkontext und mit Wahrscheinlichkeiten. Egal ob Haushalt, Straßenverkehr, Party - bei den meisten Dingen, die wir tun besteht ein Risiko, dass wir Schaden nehmen. Die Wahrscheinlichkeit im Haushalt tödlich zu verunglücken ist beispielsweise viel höher, als an einer Impfung zu sterben.
Ihr Vergleich bzgl. der Einschränkungen: Der Raucher schadet sich mit dem Rauchen in erster Linie selbst. Wer sich nicht impfen lässt, gefährdet hingegen nach aktueller Studienlage seine/ihre Mitmenschen.

Peter Lankton am 14.09.2021

Der passiv-aggressive Ton und die Ablehnung fremder Meinungen des MDR-Teams deuten auf eine gewisse Sturheit hin, dies soll aber nicht relevant sein.

Ich bitte Ihnen hiermit eine Hilfestellung, aktuelle Meinungen nachzuvollziehen:

1. Es geht vielen weniger darum, wie wahrscheinlich es ist, systematische Nebenwirkungen etc. zu erleiden; es geht oft darum, dass z. B. beim Impfstoff von J&J eine Kausalität zwischen Impfung und Thrombosen festgestellt wurde. Wen es trifft, der hat Pech gehabt – egal, wie unwahrscheinlich es war. Und Pech haben wollen auch Sie sicherlich nicht.

2. Einschränkungen mit der Begründung: "Ihr hattet ja eure Impf-Chance. Warum sollen wir für euch bezahlen?"
Oje. Wie Abgaben verwendet werden, kann sich keiner direkt aussuchen. Analog: Ich zahle meine Krankenversicherung. Durch das Geld wird u. a. teils ein Krankenhaus finanziert, dort wird Lungenkrebs behandelt – auch Raucher. Die will ich aber gar nicht finanzieren. Die hatten ja ihre Chance, nicht zu rauchen.

MDR-Team am 13.09.2021

@Lumberjack,
für Student*innen, die sich nicht impfen lassen wollen, ist es ohne Frage keine leichte Situation: Sie müssen sich mehrmals wöchentlich testen und diese Tests auch bezahlen. Doch drehen Sie den Blickwinkel einmal um: Wieso sollte die Gesellschaft für die Tests bezahlen, wenn Ungeimpfte das Risiko für andere Menschen, die sich z.B. nicht impfen lassen können, erhöhen? Kinder und Kranke haben sich nicht freiwillig gegen eine Impfung entschieden. Sie hatten keine Wahl. Sie und Ihre Kinder haben hingegen eine Wahl und die Konsequenzen der Entscheidung sind nicht nur individuell, sondern auch gesamtgesellschaftlich zu betrachten.