Luftverschmutzung Ein Würfel gegen die Luftverschmutzung in Städten

17. Dezember 2020, 10:37 Uhr

Haben Sie schon einmal vom "innovativen Katalysatorträgerkörpers CUBE" gehört? Klingt kompliziert, ist aber eine gute Idee für saubere Luft in der Stadt. Jetzt steht der Würfel an einem Hotspot der Luftverschmutzung in Annaberg-Buchholz und wird unter Realbedingungen getestet.

Katalysatorträgerkörper CUBE an der Ampelkreuzung B 101/Straße der Einheit in Annaberg-Buchholz
Der CUBE in Annaberg-Buchholz. Nur 2x2 Meter groß, aber durch die Konstruktion mit der Oberfläche einer ausgewachsenen Buche. Bildrechte: Große Kreisstadt Annaberg-Buchholz

Der CUBE ist ein kleiner Würfel mit großem Potenzial. Er steht an der vielbefahrenen Ampelkreuzung B 101/Straße der Einheit in Annaberg-Buchholz und soll dafür sorgen, dass die Luft der Erzgebirgsstadt sauberer wird. Machbar ist das durch den innovativen Aufbau des Würfels, gepaart mit seiner Beschichtung.

Design- und Wissenschaftsobjekt

Was von weitem wie ein Designobjekt aussieht, ist eigentlich ein Katalysatorträgerkörper, der einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten soll. Entwickelt wurde er von der Firma RGenauIndustries im sächsischen Meerane. Der Würfel ist mit Titanoxid beschichtet. Es handelt sich dabei um eine weiße Silicat-Fassadenfarbe, die sonst für Gebäude genutzt wird. Diese ist in der Lage, Schadstoffe aus der Umgebungsluft zu absorbieren. Sie werden dann mittels Photokatalyse, also einer chemischen Reaktion, die durch Licht ausgelöst wird, in andere Stoffe umgewandelt. So zum Beispiel werden Stickoxide zu Nitraten abgebaut. Gereinigt wird der Würfel durch die Regenfälle. Sie waschen die übriggebliebenen Schadstoffe ab, die dann wiederum in einem Filter landen.

So können wir kontrollieren, welche und wie viele Schadstoffe in diesem Bereich überhaupt umgewandelt werden.

Rico Genau, RGenauIndustries

Die eigentliche Innovation des Würfels ist aber nicht die Beschichtung, denn solche Farben gibt es schon länger. Das besondere am CUBE ist seine Struktur. Er besteht aus 64 Einzelwürfeln, die zu einem zwei Mal zwei Meter großen Würfel zusammengesetzt werden. Diese wiederum bestehen aus Kunststoffröhren, die sowohl die Kanten des Würfels als auch die Diagonalen miteinander verbinden. So ergibt sich auf dem CUBE im gesamten eine Oberfläche von 270 Quadratmetern. Das entspricht ungefähr der Oberfläche einer ausgewachsenen Buche, inklusive aller Blätter.

Der Vorteil gegenüber einem Baum ist allerdings, dass der CUBE in seiner Form sehr variabel ist. Außerdem filtert er die Luft laut Rico Genau durch die Windverwirbelungen innerhalb seiner netzartigen Struktur effektiver. Ungefähr zehn Jahre lang kann der CUBE die Luft filtern, dann braucht er einen neuen Anstrich.

Beinahe ein Lebenswerk

Fast hätte Rico Genau das Projekt eingestampft. Die Idee dazu gab es nämlich schon 2009, doch er stieß immer wieder auf taube Ohren.

Meine Vision war es, die Städte zu reinigen. Doch das hat niemanden interessiert. Weder die Politik, noch die Industrie. Dabei hätten die doch davon profitiert. Ich war meiner Zeit wohl voraus.

Dann witterte er 2017 eine neue Chance. Damals wurde in Hamburg die erste Straße für Dieselfahrzeuge gesperrt. Die Diskussion über Abgaswerte und Feinstaubbelastung flammte wieder auf. Perfekt, um die Idee wieder in Umlauf zu bringen. Doch erst nach drei weiteren Jahren meldete sich mit der Stadt Annaberg-Buchholz eine Interessentin, die das Projekt unter Realbedingungen testen wollte.

Es ist ein Anfang. Um den gesamten Hotspot an der Straße wirklich effektive zu reinigen, müsste man vermutlich fünf bis zehn Exemplare aufstellen.

Und obwohl es erst der Anfang ist, hat Rico Genau große Pläne.

Ich sehe darin eine ähnliche Innovation wie Windräder. Man könnte sie überall aufstellen, wo es nötig ist und die Luftverschmutzung bekämpfen. Es wäre eine Chance für Städte und die Großindustrie.

Ob sich diese Chance wirklich ergibt, hängt auch davon ab, welche Ergebnisse der Test des CUBE unter Realbedingungen liefern wird.

(JeS)

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | Sachsenspiegel | 02. Dezember 2020 | 19:00 Uhr

5 Kommentare

MDR-Team am 05.12.2020

Achten Sie mal drauf: Titandioxid ist wirklich überall zu finden. Gekennzeichnet wird der Zusatzstoff in Lebensmitteln mit der Bezeichnung E171, in Kosmetika lautet die Bezeichnung CI 77891. Das weiße Pigment findet sich auch in Arzneimitteln, in Zahnpasta, Sonnencremes, in vielen Kunststoffen, in Gummi und in Klebstoffen, in Beton, Papier, vor allem aber in Farben und Lacken. In Lebensmitteln wie Mozzarella, Fertigsuppen, in Süßigkeiten und Desserts sorgt Titandioxid dafür, dass Lebensmittel knackiger, glänzender und frischer aussehen. https://www.dw.com/de/wie-gef%C3%A4hrlich-ist-titandioxid/a-48387575

part am 05.12.2020

Lediglich schön anzusehen aber keine Neuerung, denn am Gothaer Platz in Erfurt wurden eben viele kleine Partikel aus Keramikabfällen, die ebenfalls Titandioxid enthalten dem Straßenbelag mit untergemischt. So wird das Recycling von Sanitärkeramik zu einer umweltfreundlichen Angelegenheit als Zuschlagsstoff zum umweltschädlichen Asphalt. Wenn ich mich recht erinnere, dann liegt das ganze schon 10 Jahre in der Vergangenheit. Zudem Titandioxid ist in so vielen Produkten uneseres täglichen Lebens enthalten, von der Wandfarbe bis zu Gummiprodukten, wobei eben auch die Produktion von Titandioxid in der Kritik steht wegen der Umweltgefährdung.

MDR-Team am 04.12.2020

@Atheist,
das Schwelgen in der Vergangenheit und Vergleiche mit selbiger ändern nichts an den aktuellen Zuständen. Und erst recht ist die Vergangenheit, kein Grund dafür, nichts an der Zukunft zu verändern und sie besser zum machen. Der CUBE ist einer von vielen Schritten, die nötig sind, um die Welt zu retten.