Wissen-NewsMehr Diabetes-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen
Die Inzidenzen für Diabetes Typ 1 und Typ sind in den vergangenen Jahren bei Kindern und Jugendlichen stark gestiegen. Eine aktuelle Studie fasst die Daten zusammen und sucht nach Ursachen. Eine Erkenntnis: Ein Viertel der Diabetes Typ 2-Erkrankten waren nicht übergewichtig, was bislang als Risikofaktor für die Krankheit galt.
Die Zahl der Diabetes-Neuerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland ist in den vergangenen 20 Jahren deutlich nach oben geklettert. Ein Anstieg ist sowohl bei Typ 1 als auch bei Typ 2 zu verzeichnen. Mit einem Plus von fast fünf Prozent pro Jahr bei der jährlichen Neuerkrankungsrate fiel das im Langzeit-Trend am stärksten beim Typ-2-Diabetes auf, der oft mit ungesundem Lebensstil und Fettleibigkeit einhergeht. Bei Diabetes Typ 1 lag der berechnete jährliche Anstieg der Neuerkrankungsrate bei zwei Prozent, allerdings sind hier die Fallzahlen wesentlich höher. Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Zellen zerstört werden, die das Hormon Insulin produzieren. Dass die Fallzahlen für Diabetes Typ 1 und 2 steigen, ist schon länger bekannt – nun stellt eine aktuelle Studie von Anna Stahl-Pehe vom Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) die Zahlen für den Zeitraum von 2002 bis 2020 noch einmal zusammen.
Ein Viertel der Kinder mit Diabetes Typ 2 war nicht "fettleibig"
Übergewicht und Fettleibigkeit seien wichtige Faktoren für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes, bekräftigen die Autoren der Studie. Allerdings sei bei jeweils einem von vier Kindern mit Typ-2-Diabetes keine Fettleibigkeit diagnostiziert worden, so dass andere Faktoren eine Rolle spielen müssten. Diese seien weiter zu erforschen, sagt Joachim Rosenbauer, Mitautor der Studie.
Von 2002 bis 2020 wurde der Studie zufolge in NRW bei fast 15 000 Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren (darunter 8165 Jungen) ein Typ-1-Diabetes neu diagnostiziert. Damit habe die Neuerkrankungsrate in dem Studienzeitraum im Schnitt für Typ 1 bei 22,9 Fällen auf 100 000 Menschen pro Jahr gelegen. Beim Typ-2-Diabetes waren es im Studienzeitraum 670 Betroffene in der dazu analysierten Altersgruppe von 10 bis 19 Jahren. Hier lag die Neuerkrankungsrate im Schnitt bei 2,0 pro 100 000 Menschen und Jahr.
Zehn bis 14-Jährige sind am stärksten betroffen
Während der Anstieg der Neuerkrankungsrate bei Typ 1 bei Kindern bis vier Jahren gering blieb (plus 0,5 Prozent jährlich), waren die Zuwachsraten in den anderen Altersgruppen deutlich höher - mit plus 2,7 Prozent jährlich am stärksten bei den 10- bis 14-Jährigen.
Auch bei Typ-2-Diabetes war der Anstieg in dieser Altersgruppe am höchsten, fiel aber mit jährlich plus 6,7 Prozent deutlich stärker aus.
Der konkrete Auslöser für Diabetes Typ 1 ist nicht gefunden
Die Forschenden vermuten, dass die steigende Neuerkrankungsrate beim Typ-1-Diabetes mit veränderten Umwelteinflüssen zu tun hat - darunter Ernährung, Lebensstil, virale Infektionen, verminderte biologische Vielfalt - oder mit einem komplexen Zusammenspiel solcher und genetischer Faktoren. Trotz intensiver Forschungen in den vergangenen Jahrzehnten seien eindeutige externe Umstände bislang aber nicht identifiziert worden. Zuletzt hatte eine Studie des Helmholtz Zentrums München und der TU Dresden einen Zusammenhang zwischen Diabetes Typ 1 und einer Infektion mit dem Corona-Virus nahegelegt. Das ist insofern nicht überraschend, weil Forschende bereits seit fast 40 Jahren vermuten, dass Virusinfektionen die Autoimmunreaktion, die mit Diabetes Typ 1 einhergeht, auslösen können.
Links/Studien
Ein Abstract der Studie Incidence trends of type 1 and type 2 diabetes in children and adolescents in Germany, 2002-2020 ist hier zu finden. Vorgstellt wird die komplette Studie auf dem Jahrestreffen der European Association for the Study of Diabetes im Oktober in Hamburg.
dpa/iz
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