Vor 214 Millionen Jahren CO2-Einbruch ließ Riesen-Dinos nach Grönland wandern

17. Februar 2021, 06:00 Uhr

Ein gewaltiger Einbruch der CO2-Konzentration in der Atmosphäre könnte vor 214 Millionen Jahren dafür gesorgt haben, dass riesige, langhalsige, pflanzenfressende Dinosaurier von Südamerika nach Grönland auswanderten. Laut einer neuen Studie machte erst dieser Klimaumschwung den 10.500 Kilometer langen Weg für Plateosaurus, Brontosaurus und Brachiosaurus in die nördliche Hemisphäre des Urkontinents Pangaea passierbar.

Apatosaurus louisae aus der Gattung Brontosaurus in einer Landschaft des späten Jura in Nordamerika
Apatosaurus louisae aus der Gattung der Brontosaurier: Derart gigantische Pflanzenfresser erreichten vor 214 Millionen Jahren auch Grönland. Bildrechte: IMAGO / Leemage

Vor über 200 Millionen Jahren war Grönland ein Paradies für große pflanzenfressende Dinosaurier. Wo heute ein 1,8 Millionen Quadratkilometer großer und durchschnittlich über 1.600 Meter dicker Eispanzer liegt, bot eine üppige Vegetation Nahrung im Überfluss. Das Klima war gemäßigt, ähnlich wie im heutigen New York. Allerdings waren die Winter deutlich milder, da es noch keine polaren Eisschilde gab, die zur Abkühlung des Klimas beitragen konnten.

Grönland war Teil von Pangaea

Karte des Urkontinents Pangea
Karte des Urkontinents Pangea vor 220 Millionen Jahren. "Isch" und P: Über 230 Millionen Jahre alte Sauropodomorpha-Fossilien in Südamerika. JL: 214 Millionen Jahre alte Funde in Grönland. Bildrechte: Dennis Kent and Lars Clemmensen

Grönland war vor über 200 Millionen Jahren auch noch keine Insel, sondern Teil des Urkontinents Pangaea, der alle Landmassen der Erde umfasste. Über Nordamerika gelangte damals eine Vielzahl von Dinosaurierarten nach Grönland. Zu ihnen gehörten auch die Sauropodomorpha, eine Gruppe riesiger, langhalsiger, pflanzenfressender Dinosaurier. Zweibeinige Plateosaurier waren unter ihnen, vierbeinige Brontosaurier, aber auch Brachiosaurier, die mit einem Gewicht von 30 Tonnen zu den schwersten Landwirbeltieren gehören, die jemals auf der Erde gelebt haben.

Ankunftszeit vor 214 Millionen Jahren

Klippe im Jameson Land Basin in Grönland
Eine Klippe im Jameson Land Basin im zentralen Ostgrönland, dem nördlichsten Fundort sauropodomorpher Fossilien. Bildrechte: Lars Clemmensen

Frühere Schätzungen gingen davon aus, dass die Sauropodomorpha irgendwann zwischen 225 und 205 Millionen Jahren vor unserer Zeitrechnung in Grönland ankamen. Wissenschaftlern aus den USA und Dänemark ist es nun gelungen, anhand verfeinerter Analysemethoden den Zeitraum des Auftauchens der riesigen Pflanzenfresser deutlich präziser zu verorten. Durch den akribischen Abgleich alter Magnetismusmuster in Gesteinsschichten an Fossilienfundorten in Südamerika, Arizona, New Jersey, Europa und Grönland kamen Dennis Kent vom Earth Institute der Columbia University New York und Lars Clemmensen von der Universität Kopenhagen zu dem Schluss, dass die Sauropodomorpha vor etwa 214 Millionen Jahren im heutigen Grönland auftauchten.

Wanderung über mehr als 15 Millionen Jahre?

Diese neue, viel genauere Schätzung stellte die beiden Wissenschaftler allerdings vor eine ganz andere Frage: Warum brauchten die sauropodomorphen Dinosaurier so lange, um bis in die nördliche Hemisphäre nach Grönland zu gelangen? Denn Fossilienfunde aus Argentinien und Brasilien zeigen, dass Sauropodomorpha bereits vor 230 Millionen Jahren im heutigen Südamerika lebten.

"Im Prinzip hätten die Dinosaurier fast von einem Pol zum anderen wandern können", erklärt Kent. "Es gab keinen Ozean dazwischen. Es gab keine großen Berge. Und doch hat es 15 Millionen Jahre gedauert." Der US-Wissenschaftler rechnet vor, dass eine Dinosaurierherde, wenn sie nur eine Meile (etwa 1,6 Kilometer) pro Tag gelaufen wäre, weniger als 20 Jahre für die Strecke zwischen Südamerika und Grönland gebraucht hätte.

Enormer Einbruch des CO2-Gehalts

Sauropoden der Gattung Plateosaurus in einem Wald im späten Trias
Zweibeinige Sauropoden der Gattung Plateosaurus in einem gemäßigten Wald des späten Trias: Ein Klimawandel machte ihre Wanderung in die nördliche Hemisphäre möglich. Bildrechte: imago/Leemage

Kent und sein dänischer Kollege Clemmensen vermuten, dass die riesigen Pflanzenfresser von einem damals gerade stattfindenden enormen Einbruch des CO2-Gehalts in der Erdatmosphäre profitierten. Wie die beiden Wissenschaftler in ihrer in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlichten Studie schreiben, herrschte im Trias bis vor etwa 215 Millionen Jahren ein extrem hoher CO2-Gehalt von etwa 4.000 "parts per million" (ppm; deutsch: Anteile pro Million). Das ist das Zehnfache des heutigen Wertes. Doch vor 215 bis 212 Millionen Jahren halbierte sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre und sank auf etwa 2.000 ppm.

Klimatische Barrieren verschwanden

Klaue eines Plateosaurus
Eine 1995 auf der Fundstelle Jameson Land entdeckte Klaue eines Plateosaurus. Bildrechte: Dennis Kent

Kent und Clemmensen glauben, dass durch die niedrigeren CO2-Werte klimatische Barrieren beseitigt wurden, welche die Sauropodomorpha 16 Millionen Jahre lang in Südamerika gefangen hielten. Sie verweisen auf die Eigenschaft von Kohlendioxid als Klimaverstärker, der die heißen und feuchten Gebiete um den Äquator heißer und feuchter und die angrenzenden trockenen Mittelbreiten noch trockener macht. Das könnte dazu geführt haben, dass die Trockengürtel um den Äquator vor 230 Millionen Jahren derart trocken waren, dass sie für große Pflanzenfresser mit ihrem enormen Futterbedarf unüberwindbar waren. Aber auch die damals noch viel extremeren Tropen dürften für die an gemäßigte Breiten angepassten sauropodomorphen Dinosaurier nicht passierbar gewesen sein.

Mildere Tropen und feuchtere Trockenzonen

Als jedoch die CO2-Werte vor 215 bis 212 Millionen Jahren sanken, könnten die tropischen Regionen milder und die trockenen Regionen weniger trocken geworden sein, meinen Kent und Clemmensen. Möglicherweise gab es auch einige geeignete Passagen, etwa entlang von Flüssen und Seenketten, die den Pflanzenfressern geholfen haben könnten, die 10.500 Kilometer lange Reise nach Grönland zu überstehen. Dort wurden ihre Fossilien jedenfalls gefunden – und zwar reichlich. Eine Klimaverschiebung durch einen enormen CO2-Abfall in der Atmosphäre könnte die Ursache dafür gewesen sein.

(dn)

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