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Eine junge Frau stößt den Dampf einer E-Zigarette aus. Bildrechte: IMAGO / Addictive Stock

Keine AlternativeE-Zigaretten genauso gefährlich für Herz und Kreislauf wie Glimmstängel

31. Oktober 2022, 10:00 Uhr

Für das Herz-Kreislaufsystem sind E-Zigaretten genauso gefährlich wie klassische Zigaretten. Das gilt besonders dann, wenn Nikotin im Spiel ist und ein sogenanntes Pod-System genutzt wird. Dies zumindest sind die vorläufigen Ergebnisse dreier brandneuer Studien aus den USA.

E-Zigaretten werden von ihren Befürwortern als gesündere Alternative zu klassischen Zigaretten angesehen. Für langjährige Zigarettenraucher mit Ausstiegsambitionen gelten die elektronischen Verdampfer als Alternative zum krebserregenden blauen Dunst. Tatsächlich werden bei E-Zigaretten im Gegensatz zum Tabakrauch klassischer Zigaretten keine Stoffe verbrannt. Giftstoffe wie Kohlenmonoxid, Blausäure, Arsen oder krebserzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe werden somit nicht erzeugt.

Keine Unterschiede zwischen Rauchern und Dampfern

Gesund ist die regelmäßige Nutzung der elektronischen Verdampfer dennoch nicht, wie neuste Studienergebnisse aus den USA zeigen. Das gilt vor allem dann, wenn mit den E-Zigaretten weiterhin Nikotinprodukte konsumiert werden. Forscher der University of Wisconsin verglichen über drei Jahre (2019-2022) den Blutdruck, die Herzfrequenz, den Durchmesser der Oberarmarterie, der Arteria brachialis, sowie die Herzfrequenzvariabilität von E-Zigaretten-Dampfern bzw. klassischen Rauchern mit denen von Menschen, die überhaupt kein Nikotin konsumierten.

Die Herzfrequenz steigt nach dem Nikotingenuss immer an, egal ob man dampft oder raucht (Symbolbild). Bildrechte: imago images / Panthermedia

Die Ergebnisse sind nach Einschätzung der US-Forscher "besorgniserregend". Sowohl bei Dampfern als auch bei Rauchern stieg nach dem Nikotingenuss die Herzfrequenz um etwa vier Schläge pro Minute, während es bei nikotinabstinenten Menschen überhaupt keine Veränderung gab. Auch der Blutdruck der Raucher wie der Dampfer erhöhte sich auffällig - bei beiden Werten im Schnitt um 5 mmHg. Zudem kam es bei rauchenden wie dampfenden Nikotin-Konsumenten gleichermaßen zu einer stärkeren Verengung der Arteria brachialis. Ein Symptom, dass bei Nichtrauchern bzw. Nichtdampfern nicht festzustellen war.

Gefährliche Aktivierung des Sympathicus

Auch bei der Herzfrequenzvariabilität, also der natürlichen Variation der Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Herzschlägen, schnitten Raucher und Dampfer schlechter ab als jene Probanden, die kein Nikotin konsumierten. Die Forscher führten das auf eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems (Sympathicus) zurück, dass auch für die Erhöhung von Herzfrequenz und Blutdruck verantwortlich ist.

"Diese Ergebnisse deuten auf höhere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen direkt nach dem Dampfen oder Rauchen hin und die Aktivierung des sympathischen Nervensystems könnte eine Rolle bei den negativen Reaktionen spielen, die unmittelbar nach dem Gebrauch von E-Zigaretten und nach Belastungstests 90 Minuten später zu beobachten sind", so das Fazit von Studienhauptautor Matthew C. Tattersall, Assistenzprofessor für Medizin an der University of Wisconsin.

Auch bei Belastungstests gleichauf

Auch beim Belastungstest schlossen Raucher wie Dampfer gleich schlecht ab (Symbolbild). Bildrechte: IMAGO / Roland Mühlanger

Tatsächlich schnitten die Nikotin konsumierenden Dampfer und Raucher auch bei anschließenden Belastungstests "deutlich schlechter" ab als Menschen des gleichen Alters, die kein Nikotin zu sich nahmen. Demnach wiesen Nikotin-Konsumenten eine geringere körperliche Leistungsfähigkeit und eine geringere kardiale Arbeitsbelastung bei maximaler Leistung auf. Auch ihre Herzfrequenzreserve war geringer, was auf eine schlechtere Fitness hindeutete. Zudem erholte sich die Herzfrequenz von Dampfern und Rauchern nach den Belastungstests langsamer als bei Menschen ohne Nikotingenuss.

Einen signifikanten Unterschied zwischen E-Zigaretten-Dampfern und den Nutzern von brennbaren Zigaretten konnten die Wissenschaftler dabei nicht feststellen, obwohl erstere den Angaben zufolge sogar jünger waren und weniger Jahre gedampft hatten als die Raucher. Das Fazit von Studienleiter James H. Stein, Professor für Herz-Kreislauf-Forschung an der University of Wisconsin, ist deutlich: "Unsere Ergebnisse aus der CLUES-Studie geben Anlass zur Besorgnis über die potenziellen Schäden eines chronischen Konsums von elektronischen Nikotinabgabesystemen, insbesondere im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen."

Risiko schädlicher VOC-Gase

Doch nicht nur bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist das Risiko von – Nikotin konsumierenden – Dampfern keinesfalls geringer als das von Rauchern. Auch die Risiken, aufgrund schädlicher Gase kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkte, Schlaganfällen oder Durchblutungsstörungen zu erleiden, sind einer weiteren US-Studie zufolge vorhanden.

Das gilt zumindest für E-Zigaretten mit einem Pod-System, bei denen Akkuträger und Verdampfer eine Einheit bilden, wie Wissenschaftler der Boston University School of Medicine feststellten. Sie kamen bei ihrer Beobachtungsstudie zu dem Ergebnis, dass es bei Pod-E-Zigaretten zur Freisetzung flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) kommen kann. VOC sind Gase, die unter anderem in Zigaretten, Reinigungsmitteln, Farben, Fahrzeugabgasen oder Pestiziden vorkommen können.

Blutgefäßerkrankungen bei Rauchern und Dampfern

Den vorläufigen Studienergebnissen zufolge wiesen junge Erwachsene, die E-Zigaretten auf Pod-Basis verwendeten, ähnliche Blutgefäßveränderungen auf wie klassische Zigarettenraucher. So hatten beide Gruppen im Vergleich zu Nichtrauchern bzw. Nichtdampfern einen um acht Prozent höheren Blutdruck sowie erhöhte Herzfrequenzen. Außerdem wurden erhöhte VOC-Konzentrationen bei Nutzern von E-Zigaretten und brennbaren Zigaretten mit Gefäßveränderungen in Verbindung gebracht. Dazu gehörte eine verringerte Arterienerweiterung, die für den Kreislauf und die Gefäßgesundheit wichtig ist.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Konsum von E-Zigaretten auf Pod-Basis lang- und kurzfristige Auswirkungen auf das Gefäßsystem gesunder junger Erwachsener hat, auch bei denjenigen, die nur E-Zigaretten geraucht haben und nie brennbare Zigaretten geraucht haben. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass E-Zigaretten Chemikalien freisetzen, die für die Blutgefäße giftig sind, und dass der Gebrauch von E-Zigaretten auf Pod-Basis mit Schäden verbunden sein kann", sagte die Hauptautorin der Studie, Sana Majid, Postdoktorandin an der Boston University School of Medicine.

Links/Studien

(dn)