Arktis-Forschung Arktis-Eis schmilzt – Eisbären retten sich selbst
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Das Eis in der Arktis schmilzt. Die Lebensgrundlagen der Eisbären sind bedroht. Dachten wir. Forscher haben jetzt eine Eisbär-Population gefunden, die sich offenbar auch mit Süßwasser-Eis arrangiert.

Im südöstlichen Grönland ist eine unbekannte Eisbären-Population gefunden worden, die nicht auf Meereis angewiesen ist. Die Tiere jagen stattdessen auf Süßwassereis, schreibt eine Forschungsgruppe der Universität Washington, in Seattle/USA.
Das Forschungsteam um Kristin Laidre fand auch heraus, dass sich diese Eisbärpopulation genetisch von den bisher bekannten unterscheidet. Die Wissenschaftler schätzen, dass diese Population mehrere hundert Tiere umfasst. Sie nutzen zum Jagen auch Meereis, das direkt an der Küste gefriert. Allerdings ist das zeitlich beschränkt, nur vier Monate im Jahr, bis Ende Mai.
Aber wie findet man solche Details heraus, wie unterscheidet man Eisbären-Populationen voneinander, das sind ja keine handzahmen Tiere, sondern gefährliche schnelle Jäger, die noch dazu in einer Region leben, die sehr zerklüftet ist, in der es viel Schneefall gibt und unstete Wetterverhältnisse herrschen, und die kaum erforscht ist? Neben Beobachtungen flossen vor allem vorhandene Daten zu den Tieren in die Studie ein. So gab es beispielsweise historische Aufzeichnungen, aber auch das Wissen der ursprünglich dort lebenden Menschen, sagt die Spezialistin für Säugetier-Populationsentwicklung, Kristin Laidre.
Alles nicht so wild, wenn die Eisbären auch auf Süßwasser-Eis klarkommen?
Aber was bedeutet es eigentlich, wenn man eine Eisbärpopulation entdeckt, die sich in Genetik und Verhalten sehr von den anderen unterscheidet? Aus Sicht der Forschenden ist das ein Hoffnungsschimmer, angesichts des schwindenden Meerwasser-Eises in der Arktis. Es könnte ein Anzeichen dafür sein, dass Süßwasser-Eis bei den Gletschern, die ins Meer münden, ein bisher nicht bekanntes Klima-Refugium ist. Allerdings schränken die Forschenden auch ein, dass der Lebensraum Gletscher keine große Zahl an Eisbären beherbergen kann. Wissenschaftlerin Kristin Laidre geht jedenfalls davon aus, dass die Zahl der Eisbären durch den Klimawandel trotzdem weiter sinken wird. Frühere Untersuchungen kanadischer Forscher sagen ein Ende der meisten Eisbär-Bestände, also ein faktisches Aussterben in den nächsten 80 Jahren voraus.
Links/Studien
Die komplette Studie Glacial ice supports a distinct and undocumented polar bear subpopulation persisting in late 21st-century sea-ice conditions lesen Sie hier im Original.
lfw/dpa
Tabea vor 41 Wochen
Sämtliche Newsportale haben die Meldung so bzw. ähnlich veröffentlicht, ohne zu einigen Fragen nachzuhaken, die sicher den meisten Lesern sofort kommen: Den Eisbären wird herzlich egal sein, ob sie auf Gletscher- oder Meerwassereis unterwegs sind. Die Hauptsache ist, dass sie Robben jagen können: Leben etwa im Gletscher welche? Wohl kaum. Das Gletschereis reicht bis ins Meer. Warum schmilzt es also nicht bzw. weniger als Meereis? Es gibt Prognosen, die dem Grönlandeis ebenfalls keine allzu lange Zukunft mehr voraussagen. Die Eisbären unterscheiden sich genetisch von anderen - sicher eine Folge von Isolation. Würden "Meereis-Eisbären" das Gletschereis etwa nicht nutzen, wenn sie es erreichten? Hier könnte das MDR-Wissen Team doch noch einmal bei Kristin Laidre nachfragen und der derzeit eher wenig aussagenden Meldung ein gutes Plus an Information hinzufügen. Auch, um sich als Qualitätsjournalismus von allen anderen abzusetzen ;-)