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Viele vegetarische Fleischersatzprodukte haben "unbrauchbare" Mineralstoffe, die nicht im Körper bleiben. Bildrechte: picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose

Schwedische StudieNährwertprobleme bei vegetarischen Fleisch-Ersatzprodukten

12. Dezember 2022, 16:07 Uhr

Fleischersatzprodukte auf Basis von Soja-, Erbsen- oder Weizenprotein haben ein Problem. Die darin enthaltenen Phytate machen wichtige Mineralstoffe wie Eisen und Zink für den menschlichen Körper unbrauchbar. Zu diesem Schluss kommt eine schwedische Studie, die einen Eisenmangel bei einer solchen Ernährung für möglich hält.

Wiederkäuer müsste man sein. Das sind die einzigen Säugetiere, die kein Problem mit der Phytinsäure (auch Phytat genannt) haben und sie im Körper abbauen können. Der Mensch hingegen kann das nicht. In unserem Magen- und Darmtrakt kann die Phytinsäure stattdessen Mineralstoffe wie Eisen, Zink, Kalzium oder Magnesium unlöslich binden. Diese wichtigen Mineralstoffe stehen unserem Körper dann nicht mehr zur Verfügung.

Fleischersatzprodukte: Wie steht es um ihren Nährwert? Bildrechte: imago images/Geisser

Phytinsäure ist aber natur- und produktionsbedingt in vielen vegetarischen Fleischersatzprodukten enthalten. Das wiederum führt dazu, dass Nährwertangaben auf solchen Produkten zum Teil unbrauchbar (man könnte sogar sagen: irreführend) sind. Wer sich darauf verlässt, könnte es letztlich sogar mit Eisenmangel zu tun bekommen. Zu diesem Schluss kommt eine schwedische Forschungsgruppe unter Leitung von Cecilia Mayer Labba von der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg. "Sowohl Eisen als auch Zink reichern sich bei der Proteinextraktion an. Deshalb werden bei den Produkt-Inhaltsstoffen hohe Gehalte angegeben", sagt die Wissenschaftlerin, "aber die Mineralien sind an Phytate gebunden und können vom Körper nicht aufgenommen und verwertet werden."

Soja, Erbsen, Weizen

Untersucht wurden 44 Fleischersatzprodukte. Zwar waren das nur solche, die es auf dem schwedischen Markt gibt. Aber das zugrunde liegende Problem dürften auch viele andere Hersteller haben.

Hülsenfrüchte wie z.B. Sojabohnen enthalten immer Phytate (Phytinsäure). Bildrechte: Colourbox.de

Denn Phytate kommen ganz natürlich in Hülsenfrüchten und Getreide vor – sie reichern sich an, wenn Proteine für die Verwendung in Fleischersatzprodukten extrahiert werden. Das Eiweiß wird dann hohem Druck und hohen Temperaturen ausgesetzt, wodurch die Proteine umstrukturiert werden (das sogenannte Texturieren), so dass ein Produkt entsteht, das sich "fleischiger" anfühlt und kaufreundlicher ist. In allen Produkten auf Soja-, Erbsen- oder Weizenbasis wurde dementsprechend ein hoher Phytatanteil nachgewiesen - was wiederum dazu führt, dass vom Eisen und Zink in diesen Produkten kaum etwas im Körper ankommt.

Laut der Forschungsgruppe könnte das vor allem für Frauen ein Problem sein. In Europa seien zwischen zehn und 32 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter von Eisenmangel betroffen, heißt es in der Studie. Zudem seien Frauen auch das Geschlecht, das sich schon mehr auf eine pflanzliche Ernährung umgestellt hat und weniger rotes Fleisch isst. Rotes Fleisch wiederum sei aber die Hauptquelle für Eisen, das im Verdauungstrakt leicht aufgenommen werden kann.
Dementsprechend sollten Menschen, die sich vegetarisch ernähren, aufpassen, dass sie auf andere Art genügend Eisen zu sich nehmen.

Ausnahmen Tempeh und Pilze

Besser als Soja, Erbsen und Weizen schnitten in der Studie Produkte ab, die auf Basis von Tempeh und Pilzen hergestellt wurden.

Bei Tempeh sorgt die Fermentation mit Mikroorganismen dafür, dass Phytate abgebaut werden. Deshalb kommt das enthaltene Eisen dort tatsächlich dem Körper zugute. Mykoproteine (auf Pilzbasis) wiederum zeichneten sich laut Studie durch einen hohen Zinkgehalt aus, ohne dass sie bekannte Absorptionshemmer enthielten. Der Forschungsgruppe zufolge ist jedoch noch unklar, wie gut unser Darm die Zellwände von Mykoproteinen abbauen kann und wie sich dies wiederum auf die Aufnahme von Nährstoffen auswirkt.

Weil pflanzliche Nahrungsmittel in Zukunft eine noch größere Rolle spielen werden, wünscht sich die Forschungsgruppe, dass sich bei den Herstellern einiges ändert. "Die Industrie muss sich Gedanken über den Nährwert dieser Produkte machen und bekannte Verfahrenstechniken wie die Fermentation nutzen und optimieren, aber auch neue Methoden entwickeln, um die Aufnahme verschiedener wichtiger Nährstoffe zu verbessern", sagt Cecilia Mayer Labba.

(rr)

Links / Studien

Die Studie "Nutritional Composition and Estimated Iron and Zinc Bioavailability of Meat Substitutes Available on the Swedish Market" ist beim MDPI (Multidisciplinary Digital Publishing Institute) erschienen.