Symbol für das chemische Element Lithium, Li
Chemisch gesehen ist Lithium nur eines von mehreren Leichtmetallen. Aber auf dem Weltmarkt ist es begehrt wie nie zuvor, weil es für die Energiewende von entscheidender Bedeutung ist. Bildrechte: imago images/AlexLMX

Lithium aus Südamerika Deutschland will am "Lithium-Dreieck" teilhaben

01. Februar 2023, 16:09 Uhr

Lithium ist ein zentraler Rohstoff für die Energiewende. Bei der Südamerika-Reise von Bundeskanzler Scholz ging es deshalb auch darum, wie Deutschland an den dort lagernden riesigen Lithium-Mengen partizipieren kann.

Um Strom aus erneuerbaren Energien zu speichern, braucht man große wiederaufladbare Batterien. Das gilt auch – sogar im besonderen Maße – für den boomenden Markt der Elektroautos. Und für solche großen wiederaufladbaren Batterien braucht man viel Lithium. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach dem Leichtmetall, das wegen seiner zentralen Rolle für moderne Technologien auch gern als "der neue Kohlenstoff" bezeichnet wird.

Aber das Leichtmetall, das alle wollen und brauchen und dessen Marktpreis deshalb in den vergangenen Jahren immer weiter in die Höhe schoss, ist auf der Welt nicht gleichmäßig verteilt. Ganz und gar nicht gleichmäßig. Mehr als die Hälfte aller bekannten Ressourcen der Erde lagert in einem Gebiet, das nicht einmal die Größe Deutschlands hat und in Südamerika zu finden ist, rund um das Dreiländereck von Chile, Argentinien und Bolivien.

Karte mit dem Lithiumdreieck genannten Gebiet am Dreiländereck von Chile, Argentinien und Bolivien
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

In diesem ("Lithiumdreieck" genannten) Gebiet gibt es riesige Salzseen bzw. Salztonebenen, auf Spanisch "Salar" genannt. In deren Salz ist so viel Lithium enthalten, dass Chile und Argentinien das weltweit größte resp. drittgrößte Potenzial zugeschrieben werden, was diesen für die Zukunft so wichtigen Rohstoff angeht.

Bolivien geht eigenen Weg

Dass die deutsche Delegation Chile und Argentinien, nicht aber Bolivien besucht hat, könnte damit zusammenhängen, dass die drei Länder mit ihrem buchstäblichen Bodenschatz sehr unterschiedlich umgehen. In Bolivien ist jeglicher Lithium-Abbau dem Staat vorbehalten. Und statt das Lithium zu exportieren, ist das Ziel, es im eigenen Land weiterzuverarbeiten und dann fertige Produkte wie Lithium-Ionen-Batterien oder ganze E-Autos an die Welt zu verkaufen. Aber der Weg dahin ist schwer. Internationale Expertinnen und Experten zweifeln, ob für diesen nationalen Weg genügend Infrastruktur, Technologie und Know-how vorhanden sind.

In Chile und Argentinien hingegen betreiben Konzerne den Lithium-Bergbau. In Zukunft, so der Wunsch von Olaf Scholz und seiner Wirtschaftsdelegation, gern auch mit viel deutscher Beteiligung. Anders als China sei Deutschland früher davor "zurückgeschreckt", sich etwa am Lithium-Abbau zu beteiligen, der mit Blick auf Sozial- und Umweltfragen eine "anspruchsvolle Sache" sei, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. "Den Luxus können wir uns heute nicht mehr erlauben, wenn wir wirklich auf eigenen Füßen stehen wollen und wenn wir wirklich eigene Bezugsquellen haben wollen."

(Un-)Abhängigkeit von China

China hat zwar nur einen Teil der weltweiten Lithium-Vorräte (die viertgrößten) in seinen Böden lagern, ist aber in der Weiterverarbeitung in Raffinerien der mit Abstand größte Spieler auf dem Weltmarkt. Genaue Zahlen für die gesamte Lieferkette bis hin zum fertigen Lithium-Ionen-Akku liegen nur für 2019 vor, aber an der Tendenz hat sich seither wenig geändert.

Entsprechend abhängig ist man hier und anderswo von fertigen Produkten aus Fernost. Das soll sich möglichst schnell ändern, weshalb man mit Chile und Argentinien Partnerschaften abstrebt, von denen alle Beteiligten etwas haben. Deutsche Firmen könnten zum Beispiel mit ihrem Wissen und ihrer Technologie für einen nachhaltigeren, umweltfreundlicheren Bergbau und mehr Wertschöpfung im Förderland sorgen, so die Idee. Und im Gegenzug bekommt man, wenn auch spät, etwas ab vom leckeren Lithium-Kuchen.

Umweltverträglichkeit

Das bisherige Zögern Deutschlands, sich am Lithium-Bergbau zu beteiligen, lag auch an den Begleitumständen, die diese Art von Rohstoffgewinnung mit sich bringt. Das Salz, das ursprünglich in Zwischenräumen im Boden lagert, wird mit riesigen Mengen Wasser an die Oberfläche gepumpt. Dort verdunstet dann die Feuchtigkeit irgendwann wegen der vielen Sonneneinstrahlung und der niedrigen Luftfeuchtigkeit in diesen Regionen. Das Salz kann dann leicht eingesammelt und mit chemischen Prozessen in seine Bestandteile wie Lithium zerlegt werden.

Eine Raupe schiebt Salzberge zusammen.
Nach dem Verdunsten des Wassers, kann das Salz, das Lithium enthält, sehr einfach abtransportiert und weiterverarbeitet werden. Bildrechte: IMAGO / Photoshot/Construction Photography

Die riesigen Wassermengen, die zum Hochpumpen benötigt werden, könnten aber ein großes Problem für die Umwelt und die Menschen in diesen Regionen darstellen. Der chilenische Konzern SQM verbrauchte nach eigenen Angaben im Jahr 2022 im Schnitt 400.000 Liter pro Stunde für seine Fabrik. Zwar wird dafür Salzwasser verwendet, aber dort, wo alles weggepumpt wird und es dann trocken ist, sickert als Folge Grundwasser hin, so jedenfalls der Verdacht. Deshalb kommt es in der meist indigenen Bevölkerung in den Bergbaugebieten häufig zu Protesten. "Nein zum Lithium, Ja zum Wasser und zum Leben", ist dann auf Schildern zu lesen.

Lithium in deutschen Böden

Weltweit wird die Nachfrage nach Lithium bzw. nach wiederaufladbaren Batterien in den nächsten Jahren weiter sprunghaft steigen, da sind sich alle Experten einig. Haupttreiber dieser zu erwarteten Entwicklung sind E-Autos.

Entsprechend wichtig findet es die Wirtschaft, möglichst viele Quellen für Lithium anzuzapfen, gern auch vor der eigenen Haustür bzw. unter den eigenen Füßen, wenn denn erwartbar ist, dass es sich wirtschaftlich amortisiert. Ganz aktuelles Beispiel sind Probebohrungen im Osterzgebirge.

Karte mit den Ortsteilen Zinnwald und Falkenhain, in denen es Probebohrungen nach Lithium gibt
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die ursprünglich dafür verantwortliche Firma Deutsche Lithium GmbH hat mittlerweile keine eigene Internetpräsenz mehr und ist im britischen Mutterkonzern "Zinnwald Lithium" aufgegangen. Die neuesten Nachrichten von dort klingen optimistisch. Nicht nur am ersten Bohrstandort bei Zinnwald lieferten die bisherigen Probebohrungen in 19 Löchern gute Ergebnisse, sondern auch etwa sieben Kilometer nördlich bei Falkenhain (beides Ortsteile von Altenberg) wurde inzwischen ein Probebohrloch aufgetan und für gut befunden. An beiden Stellen scheint es genügend Lithium, aber auch Zinn und Wolfram zu geben, so dass ein sich amortisierender Abbau möglich sein könnte.

Anton du Plessis, CEO von "Zinnwald Lithium" sagt, während das Hauptaugenmerk weiterhin darauf liege, bis zum Ende des Jahres 2023 eine Machbarkeitsstudie für das ursprüngliche Zinnwald-Projekt fertigzustellen, deute die Nähe Falkenhains zur Zinnwald-Lagerstätte und die wahrscheinliche Ähnlichkeit der Geologie darauf hin, dass Falkenhain "eine interessante Ergänzung zum Zinnwald-Projekt darstellen könnte, die dessen Umfang und Bedeutung als einheimischer deutscher Lieferant von Lithiumhydroxid für den wachsenden europäischen Batteriesektor erhöht."

(rr)

Dr. Holger Althues 5 min
Bildrechte: Fraunhofer IWS Dresden