Senior neben einem jugen Mann mit Hut
Väter und ihre Kinder entfernen sich häufiger voneinander als Mütter und ihre Kinder. Bildrechte: Colourbox.de

Beziehungsforschung Uni Halle Entfremdung in der Familie betrifft vor allem Väter und ihre Kinder

18. Oktober 2021, 17:40 Uhr

Im Laufe des Lebens entfremden sich Familien oft voneinander. Eine neue Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität zu Köln zeigt nun, dass jede fünfte Vater-Kind-Beziehung von dieser Entfremdung betroffen ist. Besonders Familien, in denen sich die Eltern getrennt haben oder eines der Elternteile verstarb, sind betroffen.

Dass sich Kinder mit der Zeit von den Eltern abnabeln und auf eigenen Beinen stehen, ist ganz normal. Doch viele Menschen entfremden sich im Laufe des Lebens von ihren Eltern, haben also nur noch sehr selten oder gar keinen Kontakt mehr zu ihnen. Vor allem die Vater-Kind-Beziehungen sind davon betroffen. Das fanden jetzt Forschende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität zu Köln in einer breit angelegten Längsschnittstudie heraus. Untersucht wurden die Angaben von mehr als 10.000 Befragten in einem Zeitraum von 2008 bis 2018. Die Daten stammen aus dem "pairfam"-Projekt, dass 2008 gestartet wurde und das partnerschaftliche und familiäre Lebenssituationen in Deutschland untersucht.

Entfremdung ein häufiges Problem

Die Forschenden betrachteten die Angaben von Kindern zwischen 18 und 45 Jahren, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnten. Dabei wurde deutlich, dass Entfremdung zwischen Eltern und Kindern ein sehr häufiges Phänomen ist. Innerhalb von zehn Jahren entstand eine Distanz bei 20 Prozent aller erwachsenen Kinder und ihren Vätern. Ob es sich bei den Kindern um einen Sohn oder eine Tochter handelte, spielte dabei keine Rolle. Zwischen Mutter und Kind waren es nur neun Prozent, die sich entfremdeten. Das lässt sich damit erklären, dass die Bindung der Kinder zur Mutter meist stärker ist.

Von einer Entfremdung spricht man, wenn Kind und Elternteil weniger als einmal im Monat Kontakt zueinander haben und sich dann auch noch emotional nicht mehr nahestehen.

Was treibt Kinder und Eltern auseinander?

Die Forschenden stellten weiterhin fest, dass vor allem einschneidende Familienereignisse die Distanz zwischen Eltern und Kinder begünstigen. So trägt die Trennung der Eltern dazu bei, dass sich die Kinder von den Elternteilen distanzieren. Und hier gibt es einen weiteren Faktor. Kommt nämlich ein neuer Partner in die Familie und die Beziehung der Kinder zum Stiefelternteil ist schlecht, verschlechtert sich auch die Beziehung zum leiblichen Elternteil. Auch ein Todesfall kann die Beziehung zwischen Eltern und Kindern erschweren. Obwohl man eigentlich annehmen sollte, dass sich die Kinder durch den Verlust dem Elternteil annähern, der noch lebt, ist es in der Realität oft nicht so. Die Forschenden stellten fest, dass sich die Kinder dann auch vom noch lebenden Elternteil distanzieren. Vor allem, wenn die Mutter gestorben war, war das der Fall.

Die gute Nachricht ist aber, dass die Entfremdung nicht dauerhaft sein muss. In der Studie näherten sich in 62 Prozent der Fälle die Kinder ihren Müttern wieder an und in 44 Prozent der Fälle ihrem Vater. Und mit dem Blick auf Nordamerika und Europa zeigt sich laut der Untersuchung: Deutschland ist nach der aktuellen Studienlage beim Thema der engen und konfliktbehafteten Beziehungen im Durchschnitt.

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