Atommodell und Periodensystem
Beim Stichwort Chemiunterricht haben wir meistens solche Bilder vor Augen. Bildrechte: imago/JOKER

Große Fragen Wie das Gold in die Welt kam - die Entstehung der Elemente

05. November 2020, 18:21 Uhr

Wie fanden Sie eigentlich den Chemieunterricht in der Schule, als Ihnen Ihr Chemielehrer versucht hat, das Periodensystem nahe zu bringen? Macht irgendetwas bei Ihnen Klick wenn sie an Helium, Bor, Eisen, Gold oder Uran denken? Entstehen Bilder im Kopf, wie in den ersten Sekunden nach dem Urknall die Protonen entstehen und explodierende Neutronensterne Gold durch das Universum verstreuen? Wenn nicht, dann ist das wirklich schade. Denn die Entstehung der Elemente ist mächtig gewaltig!

Etwas aus dem Nichts ist für uns unvorstellbar! Der Urknall! Für den Philosophen Prof. Johannes Hübner ist es wie für alle von uns das Mysterium schlechthin: Etwas aus dem Nichts ist für uns unvorstellbar! Wie soll unsere Welt aus dem Nichts entstanden sein? Die Erde, auf der wir stehen, die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken? Niemand weiß es.

Universum
Beim Stichwort Elemente sollten wir lieber ans Universum denken statt an den Chemielehrer Bildrechte: Colourbox.de

Auch deshalb, weil wir nicht bis an den Anfang sehen können. Alle Berechnungen führen uns bis zu wenigen Bruchteilen an den Urknall heran. Aber eben nur fast. Der absolute Anfang - die ersten 10 hoch minus 43 Sekunden bleiben uns verborgen. Heben wir also den Deckel vom Kochtopf unmittelbar nach dem Urknall und schauen in die Ursuppe, die aus dem Nichts entstanden sein soll - vor etwa 14 Milliarden Jahren.

Das, was wir gesehen hätten, wäre ein unglaublich heißer Brei gewesen - Billionen, Billiarden Grad heiß - ein Plasma - unendlich schwarz - ohne Licht - so heiß, dass es noch nicht mal Atome gab, sagt Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Das Universum ist entstanden in einer sehr, sehr heißen Phase. Und da ist die Energie der einzelnen Teilchen so groß, dass alles Strahlung ist.

Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Was der Urknall mit dem Geburtstagsballon zu tun hat

Es folgt der Zaubertrick Nummer 2. Aus einem Universum, dass so klein ist, wie ein Atom wird, quasi im selben Augenblick ein Universum von unvorstellbarer Größe. Fast so groß wie unser heutiges Universum. Nur durch diese sogenannte inflationäre Phase ist unsere heutige Welt zu erklären. Dadurch nahmen Druck und Temperatur innerhalb von Sekunden ab.

Luftballons
Heliumballons - uralte Füllung Bildrechte: Colourbox

Die Teilchen zappelten nicht mehr ganz so schnell durcheinander, bekamen sozusagen einen kühleren Kopf und konnten sich nun darauf konzentrieren auch wirklich Teilchen zu sein. Protonen und Neutronen waren die Allerersten, die das Licht der Welt erblickten. Tusch!!!! Grade mal zehn Sekunden nach dem Urknall wurde in der Ursuppe dann das erste Element geboren: Protonen und Neutronen verschmolzen zu Helium. Und wenn Sie jetzt Helium zum Kindergeburtstag kaufen, dann denken Sie immer an den Urknall und daran, wie viele Jahre das Zeug schon auf dem Buckel hat.

Komisch - denkt man gar nicht, dass Helium schon so alt ist! Lange ist das Helium nicht alleine - der Wasserstoff entsteht quasi gleich hinterher. Und dann muss das Universum erstmal verschnaufen und nachdenken wie es weitergeht:

Die Elementenentstehung stoppt. Das sind diese berühmten drei Minuten. Also nach drei Minuten ist das alles vorbei und Sie haben dann ein Universum, in dem Wasserstoff und Helium vorhanden ist und ganz ganz wenig Spuren von Lithium, Beryllium und Bor.

Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Das Rezeptbuch des Universums besteht also vor allem aus zwei Zutaten, Wasserstoff und Helium. Und davon ist reichlich da. Diese zwei Elemente gibt es im Überfluss. Das ist bis heute so:

Der Wasserstoff macht über 70 Prozent aus. Das Helium macht irgendwas zwischen 27 und 28 Prozent aus und die restlichen zwei Prozent sind alle anderen Elemente.

Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Vom Wasserstoff zu den Sternen

Soooo vieeeel Wasserstoff, da ließe sich doch bestimmt was draus machen, scheint das Universum gedacht zu haben?! Und gab der Gravitation einen dezenten Hinweis, dass es doch ganz sinnvoll wäre so ein paar Wasserstoffwölkchen zusammenzugravitieren. Als diese Wolken immer schwerer und dichter wurden, wurde der Wasserstoff so heiß - wir kennen den Effekt von der zusammengepressten Luft in der Luftpumpe - , so richtig heiß, dass er anfing zu brennen.

Spurbus Linie T5
Wir sind eben doch keine Sterne und verschmelzen mit den anderen in der vollen Straßenbahn Bildrechte: imago images / viennaslide

Und plötzlich waren die Sterne erfunden - die Urväter unserer kleinen niedlichen Sonne. Und diese Sonnen, das sind die Backöfen fast aller anderen Elemente. Da bruzeln die Atome nur zusammen. Zuerst verschmelzen Wasserstoffatome zu Helium. Das Helium rutscht in die Mitte des Sterns. Und weil immer mehr Helium nach unten sickert, wird es dort immer ungemütlicher: Irgendwann wird es dann dem Helium zu eng. Es ist wie in einer überfüllten Straßenbahn, in der man kaum noch Luft holen kann. Nur eben dass man in der Straßenbahn nicht mit seinem Nebenmann verschmilzt. Das passiert aber in den Sternen. Dort verschmelzen Teilchen je höher der Druck wird zu immer größeren Atomkernen und damit zu immer neuen schweren Elementen - sagt Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Die Elemente werden in den Sternen gebaut, dann kriegen sie irgendwann einen Kohlenstoffkern, dann kommen sie zum Mangan, Silizium, Argon und da werden dann die ganzen Elemente aufgebaut.

Astrophysiker Bruno Leibundgut

Dafür müssen die Sterne aber sehr groß sein. Unsere Sonne ist dafür viel zu klein, hat viel zu wenig Masse. Ihr Druck im Kern schafft es wahrscheinlich nur bis zum Kohlenstoff, immerhin dem Stoff aus dem das Leben besteht. Die Sonnen zu Beginn des Universums - etwa 100 Millionen Jahre nach dem Urknall müssen wahre Monster gewesen sein, extrem groß, extrem hell und extrem massereich.

Die massiven Sterne, wenn sie mehr als zehn Sonnenmassen haben zum Beispiel, dann brennen sie in dem Kern mehr und mehr Elemente bis zum Eisen und die sitzen dann in dem Stern drin.

Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Wie kommen die Elemente auf die Erde?

Und wie kommen jetzt aus einem Sonnenkern die ganzen Elemente auf einen Planeten wie die Erde? Und wieso verteilen sich die Elemente kreuz und quer durch das gesamte Universum? Sie ahnen es. Das geht nur durch eine riesige Explosion. Eine Explosion, die in der Regel am Ende eines Sonnenlebens steht, wenn der Brennstoff ausgeht, der Stern zusammenfällt, um dann in einer Supernova ein gigantisches "Tschüß" ins All hinauszudröhnen.

Und erst dann wenn der Stern explodiert, dann werden diese Elemente ins Weltall zurückgegeben. Wir sprechen manchmal von Recycling. Das ist aber nicht ganz richtig, weil ja die Elemente in dem Stern erst entstanden sind.

Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Aus diesem Material entstehen Galaxien, Planeten und alle anderen Himmelskörper. Und wenn Sie demnächst auf Ihr Fahrrad steigen, wissen Sie woher das Metall kommt, aus dem ihre Klingel gemacht worden ist oder das Calcium, das jetzt Ihre Knochen richtig schön fest macht.

Blei, Wismut, Uran: Steckt eine Supernova hinter ihrer Entstehung?

Wenn Sie denken, damit sei die Entstehung der Elemente zu Ende, täuschen Sie sich. Denn Blei, Wismut, Uran, Plutomium, Gold, Silber, Platin ... für die Entstehung dieser schweren Elemente reicht der Druck in den Sonnen nicht aus, seien sie auch noch so groß. Auch hier muss etwas Außergewöhnliches her. Astrophysiker denken, dass auch hier die Supernovae -Explosionen ein Teil der Lösung sein könnten, erklärt Bruno Leibundgut:

Wenn sie aber eine Supernova-Explosion haben, dann haben sie Dichten und Temperaturen, bei denen ein Teil dieser höheren Elemente eben auch entstehen kann.

Astrophysiker Bruno Leibundgut:

Die Energie, die im Goldring steckt

Es braucht also für einen Goldring eine Explosion, die innerhalb von wenigen Wochen soviel Energie freisetzt wie unsere Sonne in vielen Millionen Jahren erzeugt. Eine Supernova strahlt für kurze Zeit soviel Licht ab wie alle Sterne einer Galaxie zusammen. Aber es gibt auch eine neue Theorie, woher das Material für den Hochzeitsring her sein könnte. Das Ereignis ist ähnlich spektakulär und gewaltig wie eine Supernova - es ist die Verschmelzung, die Kollision zweier Masse-Riesen, zweier Neutronensterne:

Diese Verschmelzung von Neutronensternen: Davon haben wir im Moment eine einzige beobachtet, im vorletzten Jahr. Und da vermuten wir, dass das der Ort ist, an dem diese höheren Elemente entstehen.

Astrophysiker Bruno Leibundgut

Und damit wäre das Periodensystem komplett. Ein Blick auf die Tafel im Chemieunterricht ist immer auch ein Blick in den Backofen des Universums. Es sortiert die Elemente nach ihrem Gewicht, nach der Anzahl der Protonen im Kern und gibt uns damit Hinweise, wie diese Elemente entstanden sein müssen. Wenn Sie also dem Liebsten, was Sie auf der Welt haben, einen Goldring auf den Finger stecken: Dann hauchen Sie ihm oder ihr doch ins Ohr: "Das ist beim Verschmelzen zweier Neutronensterne entstanden." Romantischer geht' s ja kaum! Das sehe ich übrigens genauso.

Hochzeitsring liegt in geöffneter Hand.
Wer nicht weiß, was er in dem Moment sagen sagen soll, könnte es versuchen mit: "Das ist beim Verschmelzen zweier Neutronensterne entstanden." Bildrechte: imago images / Panthermedia

1 Kommentar

Alchymist am 12.04.2020

Hallo liebe Redaktion,
der Artikel ist zwar nett geschrieben, enthält aber einen wesentlichen Fehler. Aus einem Proton und einem Neutron entsteht WASSERSTOFF, nicht Helium. Dementsprechend entstand zuerst der Wasserstoff und anschließend aus diesem etwa 25% Helium.
Das Helium mit dem wir unsere Luftballons aufblasen stammt aber nicht aus Urknall-Zeiten, sondern aus dem Zefall radioaktiver Elemente. Es gibt nur sehr wenig Helium auf der Erde.
Viele Grüße!