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EpigenetikKindheitserfahrungen prägen das Hirn unserer Kinder

16. Dezember 2022, 11:45 Uhr

Das, was wir als Kind erleben, unter welchen Bedingungen wir aufwachsen, prägt uns für ein ganzes Leben. Eine neue Studie zeigt nun, dass wir unsere Erfahrungen sogar in die Köpfe unsere eigenen Kinder weitergeben. Sie beeinflussen schon in den ersten Lebensmonaten die neuronale Entwicklung unserer Nachfahren und hinterlassen nachweislich Spuren in deren Gehirn.

Wie bilden sich die Erfahrungen von Müttern im Gehirn ihrer Babys ab? Diese Frage stellten sich Wissenschaftler der Emory University (Atlanta, USA). Dazu begleiteten Psychologin Cassandra Hendrix und ihre Kollegen 48 Mütter mit ihren Babys von Beginn der Schwangerschaft an, so lange, bis die Kinder einen Monat alt waren. Zunächst füllten die Mütter Fragebögen aus, auf denen sie ihr eigenes Kindheitstrauma wie Missbrauch oder Vernachlässigung beurteilen sollten. Außerdem wurden sie daraufhin untersucht, ob und wie stark sie sich vor der Geburt belastet fühlten und ob sie unter Angstzuständen oder Depressionen litten.

Emotionale Erfahrungen der Mutter zeigen sich im Hirn ihrer Babys

Um herauszufinden, ob sich die Babys der Mütter, die selbst als Kinder traumatische Erfahrungen gemacht hatten, anders entwickeln, untersuchten die Wissenschaftler die Neugeborenen im Alter von einem Monat. Während die Babys schliefen, wurden ihre Hirnfunktionen mit einem Magnetresonanztomographen untersucht. Dabei konzentrierten sich die Forscher vor allem auf die Gehirnverbindungen zwischen der Amygdala, dem präfrontalen und dem anterioren cingulären Kortex. Alle drei Hirnregionen spielen eine Schlüsselrolle bei der Regulierung von Gefühlen, unter anderem Angst.

Vernachlässigung hinterlässt andere Spuren als Misshandlung

Liebevolle Eltern hinterlassen ihre Spuren sogar bei ihren Enkeln. Bildrechte: Colourbox.de

Das Ergebnis der Untersuchung: Babys, deren Mütter in ihrer Kindheit emotional vernachlässigt worden waren, zeigten stärkere funktionelle Verbindungen zwischen den drei an der Gefühlsregulierung beteiligten Hirnarealen. Waren die Frauen hingegen früher körperlichen Misshandlungen ausgesetzt gewesen, zeigte sich diese Veränderung nicht. Möglicherweise zeigt diese Erfahrung andere neuronale Effekte, die bislang noch nicht erforscht wurden.

Ist die neuronale Signatur ein Schutzmechanismus?

Welche Folgen die neuronalen Signatur der Mütter für die Babys hat, ist bislang unklar. Studienleiterin Dr. Cassandra Hendrix sieht zwei Konsequenzen aus der stärkeren Verbindung zwischen den einzelnen Hirnregionen:

Dieser Mechanismus kann zu einem erhöhten Risiko für Angst führen, andererseits aber auch die Belastbarkeit fördern, falls das Kind weniger emotionale Zuwendung bekommt.

Dr. Cassandra Hendrix, | Emory University / Atlanta

In beiden Möglichkeiten sieht Hendrix eine Chance für die Kinder: Beides könne ihnen helfen, Bedrohungen durch ihre Umwelt schneller zu erkennen und und zu bewältigen. In ihren Studienergebnissen sehen die Forschenden die Bestätigung dafür, wie wichtig emotionale Unterstützung für Kinder ist. Nicht nur für sie selbst, sondern offenbar auch für die nachfolgenden Generationen.

In weiteren Untersuchungen sollen die Neugeborenen über einen längeren Zeitraum begleitet werden um zu dokumentieren, wie sie sich mit ihrer neuronalen Signatur entwickeln. Die bereits vorliegende Studie wurde im Fachmagazin Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging veröffentlicht.

krm

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