Recycling und Energie: Forschung aus Dresden: Die erste wirklich nachhaltige Solarzelle
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23. Juni 2022, 11:19 Uhr
Nachhaltige Energie ist schön. Aber was hilft's, wenn sie einen Haufen unnachhaltigen Müll produziert? Forschung, u.a. aus Dresden, liefert nicht nur Ideen, sondern auch erste Erfolge für umweltfreundliche Solarenergie. Aber nicht für Hausdächer.
Die Frage, ab wann ein nachhaltiges Produkt nachhaltig ist, lässt ausreichend Spielraum für Ökophilosophie. Um eine Pandemie nachhaltig bekämpfen zu können, müssen wir den Planeten (derzeit) mit medizinischen Abfällen zumüllen, was weniger nachhaltig ist. Und um nachhaltigen Strom zu erzeugen, braucht es Elektronik und Materialen, die ebenfalls weder einem ressourcenschonenden Umgang zuträglich sind, noch dem Müllproblem.
Folie aus neuer Getränkeverpackung
Also stets das geringere Übel abwägen? Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte so aussehen: Nachhaltige Energie aus einer Solarzelle, die ebenfalls aus nachhaltigen Materialen besteht. Die wären: Eine Basis aus recyceltem Kunststoff und eine organische Beschichtung. Der weltweit erste Prototyp ist jetzt entstanden – mit ordentlichem Zutun des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP in Dresden.
Die Basis, eine Folie, stammt u.a. aus einem neu entwickelten Material für recyclingfähige Getränkeverpackungen. Und das zeigt, wohin die Reise erstmal gehen soll: Nicht auf Häuserdächer, sondern auf smarte Verpackungen, interaktive Zeitschriften oder Geräte für Endnutzerinnen und -nutzer. Während letzteres naheliegend und mittleres zumindest denkbar scheint, werfen intelligente Verpackungen Fragen auf. Das FEP sieht dieses Smart Packaging so: "Künftig sollen kurzlebige Verpackungsmaterialien, zum Beispiel für Medikamente, mit flexibler Elektronik ausgestattet die Medikamenteneinnahme überwachen oder sensible Produkte auf ihrem Lieferweg tracken."
Luft nach oben beim Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad der neuen nachhaltigen Solarzelle liegt bei einem Prozent. Bei konventionellen organischen Solarzellen sind es derzeit acht Prozent – klingt erstmal wenig. Das reiche aber schon aus, um eine breite Palette von intelligenten Einwegverpackungen mit ausreichend elektrischer Energie zu versorgen. Fünf weitere Prozentpunkte seien durch Verbesserungsmaßnahmen ohnehin drin.
Hinter der Entwicklung steht nicht nur das FEP, sondern ein Forschungs-Konsortium, das sich FlexFunction2Sustain nennt und nach eigenen Angaben helfen möchte, "innovative Konzepte und Ideen für Produkte auf der Basis von nanofunktionalisierten Kunststoff- und Papieroberflächen und -membranen auf den Markt zu bringen". Sprich: Verpackung nachhaltiger machen. Mitglied sind u.a. zwei weitere Fraunhofer-Institute sowie die Universität Thessaloniki und verschiedene Unternehmen. Dabei geht es auch generell darum, Mehrschicht- und Verbundmaterialen neu zu denken. Die stehen dem Recycling heute nämlich vielfach im Wege – auch dem Pandemiemüll.
flo