Weißer Zwerg neben Riesenplanet
Bildrechte: ESO/M. Kornmesser

Weltraumteleskop Erstmals Riesenplanet neben Weissem Zwerg entdeckt

11. April 2024, 15:18 Uhr

Es könnte ein Blick in unsere Zukunft sein: Europäische Forscher haben einen Neptun-ähnlichen Planeten gefunden, der um einen Weißen Zwerg kreist. Der Stern gleicht unserer Sonne - in einem späteren Stadium.

Die Wissenschaftler von der Europäischen Südsternwarte ESO tauften den Weißen Zwerg WDJ0914+1914, entdeckt wurde der Überrest des sonnenähnlichen Sterns, um den in geringer Entfernung ein Riesenplanet kreist, mit Hilfe des Very Large Telescopes in der chilenischen Atacama-Wüste.

7.000 Weisse Zwerge inspiziert

Daran beteiligt war Boris Gänsicke von der University of Warwick in Großbritannien. "Es war eine dieser zufälligen Entdeckungen", sagt der deutsche Leiter der Studie, die im angesehen Fachjournal "Nature" veröffentlicht wurde. Denn bei einer Inspektion von rund 7.000 Weißen Zwergen im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey wurde genau einer gefunden, der einzigartig ist: WDJ0914+1914.

Besonders an diesem Stern ist seine chemische Zusammensetzung, die durch geringe Schwankungen seines Lichts analysiert werden konnte. Weitere Beobachtungen mit dem Very Large Telescope bestätigten, dass es sich dabei um Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel handelt - wobei sich diese Elemente in einer Scheibe aus Gas befinden, die auf den Stern einfällt und nicht von ihm selbst kommt.

Wir wussten, dass in diesem System etwas Außergewöhnliches vor sich gehen musste, und spekulierten, dass es sich um eine Art planetarischen Überrest handeln könnte.

Boris Gänsicke, Forscher Europäische Südsternwarte

Stern fünf Mal so heiss wie unsere Sonne

Gänsickes deutscher Kollege Matthias Schreiber von der Universität Valparaíso in Chile berechnete die vergangene und zukünftige Entwicklung des Systems und kam zu dem Schluss, dass der einzige Grund für dieses Phänomen das Verdampfen eines Riesenplaneten sein kann. Das liegt an der Kombination der nachgewiesenen Mengen der erwähnten Elemente, die denen von Neptun und Uranus ähneln und der ultravioletten Strahlung, die von WDJ0914+1914 empfangen wurde.

Weitere Beobachtungen von Forschern aus Großbritannien, Chile und Deutschland ergaben, dass der Weiße Zwerg mit 28.000 Grad Celsius (fünf Mal so viel wie auf der Sonne) extrem heiß sein muss - der Planet jedoch eisig und etwa doppelt so groß wie der Stern. WDJ0914+1914 umrundet er in nur zehn Tagen in einem Abstand von zehn Millionen Kilometern. Wegen dieser Nähe blasen die hochenergetischen Photonen des Sterns langsam die Planeten-Atmosphäre davon, die zum Teil in Scheibenform zum Weißen Zwerg strömt. Nur durch diese Scheibe ist der Planet überhaupt sichtbar.

Eine Sternbildkarte mit dem Sternbild Krebs
Die Position von WDJ0914+1914 im Sternbild Krebs. Bildrechte: ESO, IAU and Sky & Telescope

Mehr als ein Planet überlebt?

Boris Gänsicke
ESO-Forscher Boris Gänsicke. Bildrechte: Boris Gänsicke

Das Interessante an WDJ0914+1914: er ähnelt unserer Sonne. Diese wird sich in fünf Milliarden Jahren erst zu einem Roten Riesen aufblähen, dabei Merkur, Venus und Erde verschlingen und schließlich nur einen ausgebrannten Kern hinterlassen, der Weißer Zwerg genannt wird.

Bisher nahm die Wissenschaft an, dass in der Nähe solcher Sternenreste keine Planeten existieren dürften.

Im Falle von WDJ0914+1914 hat sich der Planet aber offenbar durch gravitative Wechselwirkungen mit anderen Planeten im System dem Stern angenähert - was bedeutet, dass dort mehr als ein Planet den Übergang vom Roten Riesen zum Weißen Zwerg überlebt haben könnte.

Bis vor kurzem dachten nur sehr wenige Astronomen über das Schicksal von Planeten nach, die sterbende Sterne umkreisen. Diese Entdeckung eines Planeten, der sich um einen ausgebrannten Sternenkern dreht, zeigt eindrucksvoll, dass das Universum unseren Geist immer wieder herausfordert, über unsere etablierten Ideen hinauszugehen.

Boris Gänsicke

cdi

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