Augen einer Eule.
Eulen faszinieren die Menschen schon seit Jahrtausenden. Bildrechte: Colourbox.de

Archäologie Waren Eulen die Superhelden der Kupferzeitkinder?

05. Dezember 2022, 08:45 Uhr

Seit hundert Jahren suchen Forscher nach einer Deutung der unzähligen eulenförmigen Schiefertafeln aus Gräbern und Gruben im Südwesten der Iberischen Halbinsel. Von wem wurden sie angefertigt und für wen? Ein neuer Erklärungsversuch: Sie wurden als Spielzeug von Kindern gebastelt.

Die rund 4.000 Steinscheiben sind jeweils so groß wie ein Handteller und haben alles, was eine Eule haben muss: zwei riesige frontale Augen, Federbüschel an den Ohren, gemusterte Federn, eine flache Gesichtsscheibe, einen Schnabel und Flügel. Jahrzehntelang blieb ein Rätsel, wozu die vor rund 5.000 Jahren auf der iberischen Halbinsel entstandenen Tafeln genutzt wurden. Viele Forscher vermuteten, sie stellten Götter dar und dienten rituellen Zwecken. Juan Negro und sein Team von der Estación Biológica de Doñana in Sevilla vermuten eine ganz andere Bestimmung: Die Steineulen könnten von Kindern gefertigt und als Spielzeug genutzt worden sein.

Schiefereule
Waren diese Eulen aus Schiefer das Spielzeug der Kinder aus der Kupferzeit? Bildrechte: Juan Negro

Schiefer: Perfektes Bastelmaterial für kleine Hände

Das Gestein lässt sich mit spitzen Werkzeugen aus Feuerstein, Quarz oder Kupfer gut bearbeiten und gravieren, was weder besondere Fähigkeiten noch große Kraft erfordert. Außerdem verglichen die Wissenschaftler 100 Schiefereulen mit 100 Eulenzeichnungen von Kindern unserer Zeit im Alter von vier bis dreizehn Jahren und stellten dabei eine große Ähnlichkeit fest. Je älter die jungen Künstler waren, desto deutlicher waren die Eulen zu erkennen. Daraus schließen die Forschenden, dass die Kunstwerke von ihnen und nicht von Erwachsenen geschaffen wurden. Wahrscheinlich nutzten die Kinder sie als Spielfiguren oder Amulette. Im Hinblick auf die kleinen Löcher oberhalb des Kopfes vermuten Negro und seine Kollegen, dass sie mit Federn geschmückt wurden, um die typischen Federbüschel an Ohren nachzuempfinden.

Eule
Mit ihren frontalen Augen sehen Eulen uns Menschen im Gesicht ähnlich. Bildrechte: Colourbox.de

Eulen – Superhelden der Kupferzeit?

Warum gerade Eulen auf die Schieferplatten graviert wurde, könnte zum einen ganz praktische Gründe haben: Sie lassen sich im Vergleich zu anderen Tieren mit ihrem charakteristischen Aussehen relativ einfach darstellen. Zum anderen sind der Steinkauz (Athene noctua) und die Waldohreule (Asio Lotus) in der Fundgegend heimisch. Die Bewohner müssen sich der Eulenpräsenz bewusst gewesen sein. Möglicherweise haben sie mit ihnen interagiert, waren fasziniert von deren menschenähnlicher Gestalt und die Kinder vielleicht von ihren Superkräften.

Nicht umsonst nehmen die Raubvögel bis heute einen besonderen Platz in der Mythologie ein, stehen als Symbol für Weisheit aber auch für Unglücksboten. Begleiten Minerva, die Göttin der Weisheit und sind als Hedwig als Kurier für die Zauberschule Hogwarts unterwegs – soweit die Interpretationen unserer Phantasie. Eulen können aber auch mit biologischen Fakten punkten.

Eine Eule im Flug.
Eulen: lautlose Jäger Bildrechte: Colourbox.de

Was können sie, was wir nicht können?

Den Kopf verdrehen: Um ihre Beute mit den Augen besser verfolgen zu können und dank ihrer 14 Halswirbel, können Eulen ihren Kopf bis zu 270 Grad drehen. Wir könnten damit über unsere linke Schulter schauen, auch wenn wir unseren Kopf nach rechts bewegen. Da wir jedoch nur 7 Halswirbel haben, ist das unmöglich.

Im Dunkeln sehen: Ihre riesengroßen Augen sind so lichtempfindlich, dass sie auch bei wenig Licht jagen können. Unsere Augen müssten so groß sein wie Äpfel, um das zu schaffen.

Lautlos fliegen: Eulenfedern sind flauschig locker, weich wie Samt und an den Spitzen besonders gezähnt, ähnlich wie eine Briefmarke. Dadurch fliegen Eulen fast lautlos durch die Luft.

Kräftig zupacken: dank gekrümmter, messerscharfer Krallen. Zwei Zehen zeigen nach vorne, eine nach hinten. Die vierte Zehe ist eine Wendezehe. Die Eule kann sie nach vorne oder hinten drehen.

Super hören: Ihre Gesichtsfedern wirken wie Antennen, die alle Geräusche ihrer Umgebung auffangen und zu ihren Ohren leiten. Ein Raufußkauz zum Beispiel erkennt eine kleine Maus aus bis zu 70 Metern Entfernung in völliger Dunkelheit – und sogar unter einem halben Meter Schnee.

Links/Studien

Die Studie ist in der Fachzeitschrift scientific reports erschienen.

krm

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