Aquaponik Fischzucht mit Pflanzenanbau - clevere Kombination
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Sie steckt in den Kinderschuhen und ist gleichzeitig uralt: Die Aquaponik. Schon die Azteken in Mittelamerika kombinierten Fischzucht und Pflanzenanbau in sogenannten Chinampas. Wie funktioniert(e) das eigentlich?

Sie steckt in den Kinderschuhen und ist gleichzeitig uralt: Die Aquaponik. Schon die Azteken in Mittelamerika nutzten vor gut 600 Jahren die Kombination zweier Ökosysteme, um ein Kernproblem großer Städte zu lösen: Wie sichert man die Nahrungsmittelversorgung von Mega-Cities? Ist Aquaponik die Antwort auf Überfischung der Meere und Flüsse, das Allheilmittel gegen ausgelaugte Böden und andere gravierende Folgen der Monokultur in der Landwirtschaft?
Die Chinampas von damals …
Die Azteken hatten im Gegensatz zu uns weder Transportsysteme für Nahrungsmittel über größere Entfernungen, noch Kühlketten, um Fisch frisch zu halten auf dem Weg vom Netz auf den Teller. Trotzdem wurden die Bewohner von großen Städten wie zum Beispiel in Tenochtitlán, einer frühen mexikanischen Mega-City mit 250.000 Einwohnern, mit Lebensmitteln versorgt. Die Azteken entwickelten dafür eine Anbaumethode, die Industrienationen heute für sich entdecken - als Antwort auf die drohende Nahrungsmittelknappheit angesichts der wachsenden Weltpopulation.
Chinampas, so hießen die künstlich hergestellten Anbauflächen in einstigen Sumpfgebieten außerhalb der Stadt Tenochtitlán. Die Anbauflächen der Chinampas wurden aus Schilf zusammengesteckt und mit Schlamm bedeckt zu "schwimmenden (Nahrungs-)Inseln". Neu ist der Ansatz der heutigen Industrienationen also nicht, nur ausgefeilter und von allen Unwägbarkeiten befreit, mit denen die Azteken auf ihren Chinampas vermutlich noch konfrontiert wurden.
… ist die Aquaponik von heute
Der Transport von Lebensmitteln um den halben Globus ist heute zwar möglich und künstlicher Dünger sorgt für optimale Ernte- oder Zuchtergebnisse. Doch angesichts der Nebenwirkungen von Pestiziden auf den Feldern oder Antibiotika in Fischzuchtbecken experimentiert man in der Forschung mit umweltfreundlichen Anbau- und Zuchtmethoden wie der Aquaponik, einem Mischwort aus "Aquakultur" und "Hydroponik".
Theoretisch: Gleicher Ansatz
Ob Chiampas oder Aquaponik: Beide Systeme kombinieren Pflanzenanbau und Fischzucht, indem sie einen natürlichen Kreislauf nutzen: Fische reichern das Wasser, in dem sie schwimmen, mit ihren Ausscheidungen an. Bakterien im Wasser bilden das hochgiftige Ammoniak der Fischexkremente zu Nitraten um. Pflanzen ziehen das Nitrat, das sie für ihr Wachstum brauchen, über die Wurzeln aus dem Wasser, und reinigen es so wieder.
Natürliche Schwankungen der Natur ausgetrickst
Im Aquaponiksystemen wird im Gegensatz zur Zeit der Azteken nichts mehr dem Zufall überlassen: Forellen und Tomaten, Barsche und Paprika, gedeihen streng kontrolliert in geschlossenen Systemen – bei durchgängig optimierten Bedingungen. Fische schwimmen in Wassertanks, Bakterien "arbeiten" in einem abgeschlossenen Filterbereich, die Pflanzen gedeihen in Gewächshäusern im perfekt auf sie abgestimmten Klima. Das von Nitrat gereinigte Wasser wiederum fließt zurück ins Fischbecken, wo der Kreislauf von vorne beginnt. Naturbedingte Schwankungen wie Regenmenge, Trockenheit, Sonnendauer, Temperaturstürze oder schwankendes Nahrungsmittelangebot: All diese Faktoren, die Landwirtschaft und Fischzucht unwägbar machen, sind bei aquaponischen Anlagen ausgeschaltet. Ernte und Zuchterfolg sind mit Aquaponik planbar.
Stand der Aquaponik-Forschung
In Deutschland ist diese kombinierte Anbauart noch nicht sehr verbreitet. Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei forscht in einer Anlage am Müggelsee bei Berlin. In der Schweiz wird an der Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW die Aquaponik-Technik in sogenannten Dachfarmen erforscht - mit dem Ziel, Lebensmittel so nah wie möglich am Verbraucher zu produzieren, nämlich mitten in der Stadt, beispielsweise auf Gebäudedächern. Am südlichen Zipfel Europas, im wasserknappen Spanien, könnte man dank Auqaponik-Kultur viel Wasser sparen. Doch davon ist man entfernt. Bisher gibt es eine einzige größere Aquaponik-Anlage in Malaga.
Über dieses Thema berichtet der MDR im Fernsehen: LexiTV| 22.08.2017 | 15:00 Uhr