ElektromobilitätCO2-Abdruck der E-Auto-Produktion geringer als gedacht
2017 schien eine schwedische Studie zu belegen, dass Elektroautos kaum einen ökologischen Vorteil gegenüber normalen PKW hätten. Nun haben die Experten nochmal nachgerechnet. Ergebnis: Der CO2-Abdruck ist doch geringer.
Die Wissenschaftler vom Umweltinstitut Swedish Environmental Research Institute kamen damals zum Ergebnis, dass sich bei Elektroautos wegen der energieintensiven Herstellung der Akkus letztlich ein positiver Effekt beim CO2-Ausstoß erst nach mehreren Jahren feststellen lässt - bei einer Luxuslimousine wie dem Tesla Model S erst nach acht Jahren und bei einem kleinen E-Mobil nach drei Jahren.
Nun kommen die Forscher zu einem anderen Ergebnis: Statt 150 bis 200 kg CO2-Äquivalente pro kWh für die Batterieproduktion sind es nur noch 61 bis 106 kg CO2-Äquivalente pro kWh. Die Gründe für diese neuen Werte lägen in der verbesserten Produktion, genaueren Daten und in der Berücksichtigung einer möglichen Produktion mit Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien.
Disruptiver Wandel im Verkehrssektor
Positiv zu der vorliegenden Arbeit äußert sich Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung:
Zum einen wird sichtbar, dass ein Großteil der möglichen negativen Wirkungen aus der Herstellung der Zellen entstehen können. Zudem führen technologischer Fortschritt und verstärkte Nachhaltigkeits- und Recycling-Standards dazu, dass weniger seltene Erden oder andere begrenzte Rohstoffe zum Einsatz kommen werden.
Prof. Claudia Kemfert
Die Wirtschaftswissenschaftlerin, die vor allem zu Energieökonomie und Nachhaltigkeit forscht, betont, dass die vorherige Studie vielfach von Gegnern der Energiewende benutzt wurde, um auf die negativen Auswirkungen der Elektromobilität zu verweisen.
Ihr Resümee: "Wir befinden uns am Anfang eines disruptiven Wandels im Verkehrssektor, der von veränderten Rahmenbedingungen und technologischem Fortschritt begleitet ist wie kaum ein anderer Markt zuvor."
Klimaziele nicht mit Verbrennungsmotor möglich
Ähnlich wie Kemfert sieht es Prof. Volker Quaschning, der an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin zu Regenerativen Energiesystemen forscht. Allerdings schätzt er den Nutzen von Lebenszyklus-Studien, wie die der schwedischen Kollegen, prinzipiell als gering ein. Dennoch können laut Quaschning solche Untersuchungen helfen, um bei Auto-Herstellern Druck zu erzeugen, um klimaneutral zu produzieren.
Leider werden solche Studien derzeit permanent missbraucht, um Elektrofahrzeuge in Misskredit zu bringen, ganz nach dem Motto: Seht her, Elektroautos sind auch nicht besser als Verbrenner! Darum darf ich jetzt weiter Verbrennerauto fahren. Mit dem Festhalten am Verbrennungsmotor lassen sich aber keinerlei Klimaziele erreichen.
Prof. Volker Quaschning
Eine Batterie = zehn Avocados
Einen anschaulichen Vergleich liefert Maximilian Fichtner. Der Direktor am Helmholtz-Institut für elektrochemische Energiespeicherung in Ulm sagte dem "Tagesspiegel", dass für das Lithium eines Akkus mit einer Kapazität von 64 kWh genauso viel Wasser verbraucht wird wie für den Anbau von zehn Avocados.
Ähnlich viel besser Wasser benötige die Produktion von 250 Gramm Rindfleisch, 30 Tassen Kaffee oder einer halben Jeans.
Der Batterieforscher ist zwar in dem Fall nicht ganz neutral, seine Zahlen sind aber belegt. "Ich wundere mich ohnehin immer, dass in der Öffentlichkeit nie über das Lithium in Laptops oder Mobiltelefonen gesprochen wird – aber beim E-Auto ist es auf einmal ein Problem", meint Fichtner.
cdi
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 13. November 2019 | 15:00 Uhr
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