Intimer Ausflug Zoo intim: Liebe im Tierpark

22. Juni 2019, 09:25 Uhr

In Halle dreht sich gerade alles ums Thema Liebe. Liebe ist schließlich das Motto des Wissenschafts- und Medienfestivals Silbersalz: Science of Love, also Wissenschaft der Liebe. Dabei geht es aber nicht immer nur um den Menschen, denn auch im Reich der Tiere wird geliebt - manchmal ganz ähnlich wie bei uns Menschen und manchmal ganz anders. MDR Wissen-Reporterin Karolin Dörner war mit einer Expertin im Zoo Halle auf ganz "intimer Tour" unterwegs.

Faultier sitzt auf einem Ast im Bergzoo Halle 3 min
Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

Die erste Station ist bei den Faultieren. Das mausert sich spätestens seit dem Kinohit "Zoomania" gaaaaaaaaaaaaaaaaaanz laaaaaaaaaaaaaaaaangsam zu einem der beliebtesten Tiere der heutigen Zeit: So schön langsam, so schön faul. Wie ist das beim Faultier, wenn es um die "Liebe" geht, sprich die Fortpflanzung - geht das dann in Zeitlupe? Andrea Goldschmidt ist Zoo-Lotse und kennt die akrobatische Antwort:

Die hängen sich wirklich an den Vorderkrallen gegenüber. Wenn man etwas enthusiastisch dabei ist, könnte man auch ins Schaukeln kommen.

Andrea Goldschmidt

Für die Faultiere ist es einfach herauszufinden, wer Weiblein und wer Männlein ist. Zoos und Forscher dagegen können diese Frage erst seit knapp drei Jahren sicher beantworten und zwar dank aufwendiger Gen-Analysen. Man sollte meinen, das könnte man einfach nachschauen, denn normalerweise ist das ja nicht so kompliziert. Allerdings bei Faultieren schon:

Das Problem ist, dass Penis und Klitoris fast identisch aussehen. Man sieht die äußeren Geschlechtsmerkmale, aber man kann einfach nicht sagen, was Männlein oder Weiblein ist.

Andrea Goldschmidt

Insgesamt acht Stationen zählen zur Liebestour im Zoo Halle, in der Andrea Goldschmidt aus dem Nähkästchen des Liebes- und Partnerlebens von Tigern, Erdmännchen und Totenkopfäffchen plaudert. Die Totenkopfäffchen kennt man vor allem als "Herr Nilsson", den kleinen, flinken Affen aus den Pipi Langstrumpf-Büchern. "Herr Nilsson" hat im echten Leben nicht viel zu melden, denn bei den Totenkopfaffen regieren die Frauen. Die Männchen leben am Rand der Gesellschaft. Die Weibchen suchen sich kollektiv einen aus, der gefällt und "der muss dann ran", wie Andrea Goldschmidt sagt:

Hier haben wir tatsächlich reine Damenwahl. Der Herr darf parieren, wenn es soweit ist, und muss dann alle beglücken, teilweise nicht nur einmal.

Andrea Goldschmidt

Im Zoo werden die Junggesellen separat in Herren-WGs gehalten. Drei von ihnen werden den Damen dann, wie in einer Dating-Show, präsentiert. Richtig zufrieden waren die Weibchen mit der Vorauswahl aber nicht:

Andrea Goldschmidt
Bildrechte: Carolin Dörner

Der erste, den sie sich ausgesucht hatten, war unfruchtbar. Dann hatten sie die Wahl zwischen Georg Friedrich und Johann Sebastian. Als echte Hallenser haben sie sich für Georg Friedrich entschieden. Der hat leider auch nicht sehr lange durchgehalten. Das war so ein spilleriges Tierchen und das mochten unsere Damen nicht. Der vom letzten Jahr ist auch schon abgelehnt. Und jetzt dieses Jahr: Zwei sind sofort rausgebissen worden. Einer ist noch da, aber naja...

Andrea Goldschmidt

Deutlich ausgeglichener geht es bei den Pinguinen zu: Hier wird Arbeitsteilung groß geschrieben. Weibchen und Männchen brüten gemeinsam das Ei aus und ziehen Kinder groß. Dabei bleiben sie auch gerne ihr ganzes Leben zusammen. Selbst schwule oder lesbische Paare finden sich in Pinguin-Gesellschaften. Und noch etwas erinnert an uns Menschen:

Und ab und zu passiert's auch, in einer großen Gruppe kommt das ja durchaus vor, dass man auch mal fremdgeht.

Wo die Liebe hinfällt

Und da wo sie hinfällt, gibt es auch Trauer, erfahren wir bei den Elefanten. 2013 ging die Geschichte der Elefanten-Dame Bibi durch die Medien, als sie kurz nach der Geburt ihr Junges tot trampelte. Andrea Goldschmidt erklärt, dass diese Gefahr bei Elefanten besteht. 22 Monate tragen die grauen Riesen ihren Nachwuchs aus. Die Geburt gilt als die schmerzhafteste im Tierreich. Oft schlagen die Elefantenkühe mit dem Rüssel nach dem, was ihnen diese Schmerzen verursacht hat - bei Bibi endete das tödlich. Mit fehlender Liebe hatte das nichts zu tun, versichert Andrea Goldschmidt und schildert die Trauer der Elefanten-Mama:

Sehr traurig. Herzzerreißend. Die stand daneben, hat versucht das Jungtier aufzurichten, um zu helfen, dass es aufsteht. Mit dem Rüssel, immer wieder angestubst, immer wieder versucht Leben reinzubringen in dieses Bündel auf dem Boden. Das hat mehrere Stunden gedauert.

Manche Liebesbeziehungen scheinen uns ganz nah und vertraut. Kann man bei Tieren aber überhaupt von Liebe sprechen? Eine klare Antwort gibt es nicht. Die Wissenschaft ist sich bis heute uneins. Eine Erkenntnis aber gibt es im Zoo: Egal, ob Liebe oder Partnerschaft: Einen Masterplan scheint die Natur nicht zu verfolgen. Jede Art macht für sich das Beste daraus.

Dieses Thema im Programm: MDR Aktuell | Radio | 22. Juni 2019 | 06:50 Uhr