Neue Berechnungen Unsere Milchstraße wiegt 1,5 Billionen Sonnenmassen

1,5 Billionen Sonnenmassen. Das ist die Masse unserer Milchstraßen-Galaxie, die ein Astronomen-Team mithilfe des Weltraumteleskops Hubble und des ESA-Satelliten Gaia ermittelt hat. Doch wie funktioniert die Berechnung? Es geht um Dunkle Materie und die Geschwindigkeit von "Kugelsternhaufen".

Kugelsternhaufen im Umkreis der Milchstraße
Kugelsternhaufen umkreisen die Milchstraße. Bildrechte: ESA/Hubble, NASA, L. Calçada

Unsere Milchstraße ist so schwer wie 1,5 Billionen Sonnenmassen in einem Radius von rund 129.000 Lichtjahren um das galaktische Zentrum. Das haben Astronomen unter Zuhilfenahme von Daten des Weltraumteleskopes Hubble und der ESA-Weltraumsonde Gaia berechnet.

Bisher existierten lediglich Schätzungen über die Masse unserer Milchstraßen-Galaxie. Diese reichten je nach Methode von 500 Milliarden bis zu drei Billionen Sonnenmassen. Der nun berechnete Wert von 1,5 Billionen Sonnenmassen liegt ziemlich genau in der Mitte davon. Eine Sonnenmasse entspricht 1,99 Quadrilliarden Tonnen.

90 Prozent sind Dunkle Materie

ESA-Satellit Gaia
Der ESA-Satellit Gaia ist in der Lage, ein 3D-Bild von unserer Galaxie zu erstellen. Bildrechte: ESA/ATG medialab

Dass sich die astronomische Forschung bislang schwer damit tat, die Masse der Milchstraße einigermaßen zuverlässig zu bestimmen, lag vor allem daran, dass unsere Galaxie nur zu zehn Prozent aus der sichtbaren Masse von rund 200 Milliarden Sternen sowie des supermassereichen Schwarzen Loches in seinem Zentrum besteht. Der Löwenanteil von 90 Prozent entfällt hingegen auf unsichtbare und deshalb auch nur schwer messbare Dunkle Materie.

Und darin liegt das größte Problem für die Massebestimmung unserer Heimatgalaxie, weiß Laura Watkins von der Europäischen Südsternwarte in Garching bei München: "Wir können die Dunkle Materie nicht direkt messen. Das ist der Grund für die gegenwärtige Unsicherheit hinsichtlich der Milchstraßen-Masse. Du kannst nicht genau messen, was du nicht sehen kannst."

Unschlagbare Spezial-Werkzeuge

Watkins und das von ihr angeleitete internationale Astronomen-Team besitzen mit dem Weltraumteleskop Hubble und der ESA-Sonde Gaia allerdings Super-Werkzeuge, die früheren Astronomen-Generationen nicht zur Verfügung standen. So ist Gaia in der Lage, ein dreidimensionales Bild der Milchstraße samt einem Bewegungsprofil seiner Himmelskörper bis zu einer Entfernung von 65.000 Lichtjahren zu erstellen. Hubble kann sogar astronomische Körper in einer Entfernung von bis zu 130.000 Lichtjahren verfolgen.

Beobachtung von Kugelsternhaufen

Eine Aufnahme des Kugelsternhaufens NGC 4147.
Eine Aufnahme des Kugelsternhaufens NGC 4147. Bildrechte: ESA/Hubble & NASA, T. Sohn et al.

Von besonderem Interesse sind für die Astronomen dabei sogenannte Kugelsternhaufen - dichte Gruppierungen von Sternen, welche die Spiralscheibe unserer Milchstraßen-Galaxie in großer Entfernung umkreisen.

Durch die von Hubble und Gaia ermittelten Daten war es für das internationale Astronomen-Team um Watkins nicht nur möglich, festzustellen, mit welcher Geschwindigkeit sich die Sternhaufen auf der direkten Sichtachse zur Erde hin- bzw. von ihr fortbewegen. Auch die Seitwärtsbewegungen der Kugelsternhaufen konnten verfolgt werden. Erst dadurch war es für die Wissenschaftler möglich, die absoluten Geschwindigkeiten der Kugelsternhaufen zu ermitteln. Das wiederum war die Grundlage dafür, dass auch die Masse der Dunklen Materie und somit auch die Gesamtmasse der Milchstraße berechnet werden konnten.

Geschwindigkeit, Gravitationspotential, Masse

"Je mehr Masse eine Galaxie hat, desto schneller bewegen sich seine Cluster unter dem Zug ihrer Gravitation", erklärt der Astronom N. Wyn Evans von der Universität Cambridge das dahinter stehende Prinzip. "Jede Massenverteilung erzeugt ein Gravitationspotential, das Objekte in Bewegung bringt. Indem wir diese Bewegung messen, können wir zurückrechnen, wie groß das zugrunde liegende Gravitationspotential ist und damit auch die Masse", so die Erklärung des internationalen Astronomen-Teams weiter.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Urknall oder Schöpfung? | 20. Januar 2019 | 22:15 Uhr