Eine Aufnahme einer Videokamera von der beschädigten Raumkapsel Sojus MS-22, aus der Kühlmittel austritt.
Kühlmittel tritt aus der Sojus-Kapsel aus: Bei dem Vorfall am 15. Dezember wurde das Kühlsystem des Raumschiffs schwer beschädigt. Bildrechte: IMAGO/UPI Photo

Internationale Raumstation ISS: Russland schickt Ersatz für beschädigte Sojus-Kapsel

11. Januar 2023, 17:37 Uhr

Nasa und Roskosmos haben am Mittwoch einen Plan vorgestellt, wie die beschädigte Sojus-Kapsel durch eine neue ersetzt werden soll. Drei Astronauten müssen deshalb einige Monate länger auf der Internationalen Raumstation bleiben.

  • Ursache für das Leck an der Sojus-Kapsel, bei dem am 15. Dezember Kühlflüssigkeit ausgetreten ist, waren höchstwahrscheinlich Mikrometeoriten.
  • Die Astronauten sollen mit einem Ersatzraumschiff zur Erde zurückgebracht werden, das im Februar zur ISS aufbrechen soll.
  • Eine sofortige Evakuierung der ISS sei im Notfall weiter möglich.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa und ihr russisches Pendant Roskosmos einen Plan für das Problem mit der beschädigten Sojus MS-22 präsentiert. Demnach will Russland bereits um den 20. Februar herum eine neue, dann unbemannte Sojus-Kapsel zur Internationalen Raumstation ISS schicken und das beschädigte Raumfahrzeug ohne Besatzung zurück zur Erde schicken.

Für die ursprünglich mit Sojus MS-22 angereiste Besatzung (ISS Mission 68) aus zwei russischen Kosmonauten und einem amerikanischen Astronauten bedeutet das, dass sich ihr Aufenthalt auf der Station um einige Monate verlängert. Sergei Prokopjew, Dmitri Petelin und Francisco Rubio sind seit September an Bord und sollten ursprünglich im März zurückkehren.

Nasa und Roskosmos schließen technischen Fehler als Ursache für Leck aus

Mitte Dezember war Kühlmittel durch ein Leck an einer Leitung aus der Sojus-Kapsel ausgetreten, die aktuell an die ISS dockt. Verantwortlich dafür waren höchstwahrscheinlich Mikrometeoriten. Einen technischen Defekt an der Kapsel schlossen Joel Montalbano, ISS-Manager der Nasa und Sergei Krikalev, Direktor der bemannten Raumfahrt bei Roskosmos, am Mittwoch aus.

Bei der gemeinsam durchgeführten Untersuchung waren noch einmal Bilder von dem Zwischenfall analysiert worden. Außerdem waren Aufschlagtests durchgeführt worden, bei denen kleine Steine mit hoher Geschwindigkeit (etwa 7 Kilometer pro Stunde) auf eine Versuchsoberfläche gefeuert worden waren. Dieses Experiment hatte vergleichbare Schäden verursacht. "Nasa und Roskosmos haben in dieser Untersuchung über die ganze Zeit zusammengearbeitet", betonte Montalbano. Der Krieg in der Ukraine, der unter anderem die Beziehungen zwischen Russland und den USA aktuell schwer belastet, wurde bei dem Pressegespräch mit keinem Wort erwähnt.

Beschädigte Sojus soll ohne Besatzung zurück zur Erde fliegen

Einen Rückflug der beschädigten Kapsel mit Astronauten an Bord wollen Nasa und Roskosmos vermeiden. Denn durch das beschädigte Kühlsystem könne es passieren, dass sich Kabine für die Astronauten bei einem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auf 40 bis 50 Grad Celsius aufheize. Dass könne in Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit in der Kapsel zu einem Problem für die Gesundheit der Besatzung werden, sagte Sergej Krikaljow.

Die drei Astronauten sollen dann voraussichtlich im Herbst zur Erde zurückkehren, wenn der nächste Schichtwechsel mit einer Sojus-Kapsel ansteht. Die beschädigte Kapsel soll dennoch zur Erde zurückgeschickt werden und dabei auch einige Experimente und Ladung nach Hause bringen. Zuvor soll die ISS-Besatzung Ausrüstung aus dem Raumfahrzeug bergen, dass dann an Bord der Ersatz-Sojus gebracht werden soll, wenn diese angedockt ist.

Nasa: Rettung mit Crew-Dragon Kapsel von SpaceX nur im äußersten Notfall

Im absoluten Notfall sei es auch möglich, eine zusätzliche Person mit einer Crew Dragon Kapsel von Space X zurück zur Erde zu bringen, die derzeit ebenfalls an der ISS angedockt ist. Dort können regulär vier Astronauten mitfliegen. Wenn man einige Fracht nicht mitnehme, sei auch der Mitflug eines fünften Astronauten möglich, sagte Montalbano. Das solle jedoch nur passieren, wenn die ISS wegen eines dringenden Notfalls vollständig evakuiert werden müsste. In diesem Fall könnten einige Besatzungsmitglieder auch das Risiko eines Rückflugs mit der beschädigten Kapsel eingehen.

Sicherer sei aber ein längerer Aufenthalt auf der ISS, so Nasa und Roskosmos. Dass der Rückflug eines Teils der ISS-Besatzung wegen des Zwischenfalls verschoben werden müsse, sei für die Crew kein Problem. "Sie freuen sich, weiter an Experimenten arbeiten und auf der ISS bleiben zu können", sagte Montalbano. Er versprach, eine extra Portion Eis zur ISS zu schicken.

Roskosmos: Reperatur der Sojus im All extrem kompliziert und gefährlich

Krikaljow betonte, dass es in der Vergangenheit schon ähnliche Fälle gegeben habe, als Astronauten wegen Problemen mit dem Space Shuttle der Nasa nicht wie geplant zurückfliegen konnten und später mit einer Sojus-Kapsel zur Erde gebracht wurden. Eine mögliche Reparatur der Sojus-Kapsel im All bezeichnete er als extrem kompliziert und gefährlich für die übrige Station. Denn es müsste nicht nur das Leck geschlossen, sondern auch neue Kühlflüssigkeit eingefüllt werden. Beides sei am Boden wesentlich einfacher. Die jetzt gefundene Lösung sei deshalb die wahrscheinlich optimale Lösung für das Problem.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 11. Januar 2023 | 21:45 Uhr