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Erneuerbare EnergienWelches Potenzial haben Solarkraftwerke auf Tagebauseen?

07. Februar 2020, 16:58 Uhr

Die Sonne ist ein hervorragender Energielieferant: Mit Solaranlagen können wir diese grüne Energie auch nutzen. Doch große Solarparks brauchen Platz - und das macht Probleme. Eine Lösung: Solarkraftwerke können einfach aufs Wasser ausweichen. Das kühlt die schwimmenden Solarmodule gleich mit ab. Ist das eine echte Alternative? Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat jetzt analysiert, welches Potenzial es in Deutschland für schwimmende Solartechnik auf Tagebauseen gibt.

Ein Baggersee nahe der Stadt Zwolle in den Niederlanden, in der Mitte schwimmt eine große, dunkelblaue Fläche: Es sind die fast 40.000 Module eines Solarparks. Sie liefern mit 14,5 Megawatt Leistung den Solarstrom für fast 4.000 Haushalte. Das Unternehmen BayWa renewable energies will solche schwimmenden Solarkraftwerke auch in Deutschland bauen und hat dafür Tagebauseen ins Visier genommen - also die gefluteten Restlöcher vom Braunkohleabbau.

Vorhandene Infrastruktur nutzen

Knapp 500 gibt es davon in Deutschland - die meisten in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat im Auftrag von BayWa analysiert, welches Potential hier schlummert, erläutert der Bereichsleiter Photovoltaik, Harry Wirth:

Was den Anschluss an das Stromnetz angeht, bieten Tagebauseen den Vorteil: Wenn dort eine Kohleverstromung in der Nähe stattgefunden hat, dann kann man natürlich die Strom-Infrastruktur nutzen und erhebliche Leistungen an Photovoltaik-Strom ins Netz einspeisen.

Dr. Harry Wirth, Fraunhofer IES

Die Goitzsche bei Bitterfeld hat eine Fläche von über 13 Quadratkilometern. Bildrechte: MDR / Gerald Perschke

Naheliegend also, dass die Studie die größten Potenziale für schwimmende Solarkraftwerke in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier sieht. Diese Solaranlagen auf dem Wasser funktionieren eigentlich genauso wie die an Land - nur, dass die Module auf Schwimmkörpern befestigt auf dem Wasser liegen. Die werden am Ufer oder im Boden des Sees verankert. Das spart nicht nur Platz an Land, sondern es gibt auch ein paar technische Vorteile, sagt Wirth:

Zum einen ist die Anlagenplanung sehr einfach, weil man hat es dort nicht mit wechselhaften Untergründen zu tun, man kann den Kühleffekt ausnutzen, den diese Lage über dem Wasser bringt und dieser Kühleffekt bedeutet letztlich, dass der Ertrag der Photovoltaik-Module ein wenig größer ist als wenn man sie im Vergleich auf Land montiert.

Dr. Harry Wirth

Und wie viel Strom geben die Tagebauseen nun potenziell her? Um das herauszufinden, haben die Forscher zunächst die Daten der Kataster analysiert und so ein technisches Potenzial ermittelt - also wie viel Energieproduktion grundsätzlich möglich wäre, würde man ausschließlich einfache technische Bedingungen wie etwa eine bestimmte Entfernung zum Ufer einberechnen.

Das Fraunhofer ISE experimentiert auch mit Anlagen, die Photovoltaik und Landwirtschaft gemeinsam möglichmachen. Bildrechte: MDR/Fraunhofer ISE

Und danach haben wir uns angeschaut: Welche Einschränkungen gibt es denn noch, um solche Anlagen zu errichten? Um letztlich von dem sehr großen technischen Potenzial - Größenordnung 56 Gigawatt - auf das wirtschaftlich-praktische Potenzial zu kommen.

Dr. Harry Wirth

Beim Potential noch Luft nach oben

Denn nicht überall, wo es technisch möglich wäre, können die schwimmenden Solarparks aufs Wasser. Denn da gibt es noch ein paar andere Nutzer: Menschen wollen vielleicht im See baden und Boot fahren - er wird also schon für Freizeit, Erholung und den Tourismus genutzt. Andernorts soll er aus Naturschutzgründen möglichst ungenutzt bleiben. Fallen all diese Tagebauseen weg, bleiben gerade einmal noch knapp fünf Prozent theoretischer Seefläche übrig:

Und am Ende dieser gesamten Einschränkungen sind wir eben auf ein wirtschaftliches Potenzial gekommen, das knapp drei Gigawatt beträgt.

Dr. Harry Wirth

Zum Vergleich: Das Kohlekraftwerk Boxberg in der Lausitz hat eine Leistung von insgesamt rund zweieinhalb Gigawatt. Doch da ist noch Luft nach oben: Die Tagebauseen machen auch nur etwa 13 Prozent aller künstlichen Standgewässer in Deutschland aus. Nimmt man Baggerseen und Kiesgruben mit hinzu, meint Fraunhofer-Experte Wirth, dann dürfte da noch einiges mehr an potenziellen Flächen für schwimmende Solarkraftwerke zu finden sein.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 05. Februar 2020 | 06:20 Uhr

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