Mit Bürgerwissenschaft Sonnenstürme – wie kann man sie vorhersagen?

02. Juli 2019, 16:16 Uhr

Sonnenstürme können eine Gefahr für Satelliten, Stromnetze und Kommunikationssysteme sein – und tatsächlich wird unsere Erde immer wieder von diesen Stürmen heimgesucht. Forscher haben nun herausgefunden, wie man potenzielle Gefahren für die Erde besser vorhersagen kann.

Alle elf Jahre erreicht die Aktivität der Sonne ihren Höhepunkt. Dann sind auf ihrer Oberfläche mehr Flecken als sonst zu sehen, es kommt zu Eruptionen – und möglicherweise auch zu Sonnenstürmen. Für den Menschen sind diese Weltraumphänomene normalerweise ungefährlich, da die Erde durch ihre Atmosphäre und ihr Magnetfeld geschützt ist. Doch indirekt können Sonnenstürme durchaus gefährlich sein – nämlich dann, wenn die hochenergetischen Teilchen elektronische Geräte außer Gefecht setzen und so beispielsweise die Stromversorgung lahmlegen oder den Flugverkehr stören.

Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass Sonnenstürme genau zu dem Zeitpunkt komplexer und vielschichtiger werden, wenn die Sonne alle elf Jahre am aktivsten ist. Das Spannende daran: Die Auswertung geschah nicht durch Computer oder Algorithmen, sondern mit Bürgerwissenschaftlern. Die Ergebnisse können helfen vorherzusagen, welche Weltraumwetterereignisse verheerende Folgen für moderne Technologien auf der Erde haben könnten.

Was sind Sonnenstürme? Die Sonne sendet ständig Strahlung und geladene Teilchen in den Weltraum. Diesen Teilchenstrom bezeichnet man als Sonnenwind. Von einer Sonneneruption spricht man, wenn dieser Strom für kurze Zeit und in einem begrenzten Gebiet deutlich stärker ist als sonst. Die Strahlung und die Teilchen, die bei einer Sonneneruption entstehen, bewegen sich durchs All und können auch auf die Erde treffen. Die Folgephänomene, die dort in Gang gesetzt werden, bezeichnet man als Sonnensturm.

Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung

NASA-Raumsonde macht Bilder von Sonnenstürmen

Das Forschungsprojekt trägt den Titel "Protect our Planet from Solar Storms", zu deutsch: "Beschützt unseren Planeten vor Sonnenstürmen", und wurde von der britischen University of Reading, der Science Museum Group und dem Webportal Zooniverse ins Leben gerufen. Bei dem Projekt handelt es sich um Citizen-Science – bei dieser "offenen Wissenschaft" führen Bürger-Wissenschaftler, oft in Zusammenarbeit mit Universitäten, die Untersuchungen durch.

Für das Projekt baten die Forscher Freiwillige, Bilderpaare von Eruptionen der Sonne auszuwerten  – sie sollten entscheiden, welches der Bilder ihrer Meinung nach visuell am komplexesten aussah. Die Bilder wurden von Bord eines NASA-Raumfahrzeuges gemacht. Insgesamt 1.100 Bilder wurden ausgewertet.

Bilder helfen, Sonnenstürme vorherzusagen

Shannon Jones von der University of Reading sagte, einige Eruptionen sähen sehr einfach aus, etwa wie Blasen, "während andere weitaus komplexer sind, wie zerbrochene Glühbirnen". Überraschenderweise habe das Team festgestellt, dass sich die durchschnittlichen Komplexitätswerte an den Werten des Sonnenaktivitätszyklus orientieren.

Eruptionen an der Korona, dem äußersten Teil der Sonnenatmosphäre, sind Ursachen für gefährliches Weltraumwetter, heißt es in der Mitteilung der Wissenschaftler. Auf der Erde können sie schwere Schäden an Stromnetzen und Satelliten verursachen. Man kann Sonnenstürme zwar schon jetzt vorhersagen – das Problem ist den Forschern zufolge aber, dass aktuelle Vorhersagemethoden nur etwa eine Stunde vor dem Aufprall des Sturms auf die Erde wirklich wirksam sind. Über die Komplexität eines Sonnensturms Bescheid zu wissen, könne dabei helfen, die Gefahr des Ausbruchs früher und besser einzuschätzen, so die Wissenschaftler.

Mittlerweile hat das Forscherteam neue Experimente gestartet, bei denen der Einfluss von Helligkeit auf die Komplexität der Sonnenstürme untersucht werden soll. Jones sagte, die Arbeit der Bürger-Wissenschaftler sei von unschätzbarem Wert, da sie helfe, die Struktur von Sonnenstürmen besser zu verstehen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 17. Februar 2019 | 03:05 Uhr