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Bildrechte: SpaceX

Neue StudieStarlink: Macht Elon Musk jetzt auch GPS Konkurrenz?

06. Oktober 2020, 12:03 Uhr

Kommen unsere GPS-Daten bald von den Starlink-Satelliten? Eigentlich sollen die nur Weltraum-Internet liefern. Wie eine neue Studie zeigt, könnte Starlink von SpaceX aber auch Navigationsdaten übermitteln. Diese sollen noch genauer als die bisherigen GPS-Daten sein. Und eins vorweg: Die Studie wurde nicht von Elon Musk beauftragt oder bezahlt - allerdings auch noch nicht von anderen Wissenschaftlern begutachtet.

von Patrick Klapetz

Der Gründer des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX lässt mit Neuigkeiten meistens nicht lange auf sich warten. Mit Starlink will der Milliardär das Internet aus dem Weltraum liefern. Seine Satelliten könnten aber auch hochgenaue Standortdaten zur Navigation übermitteln. Diese Nachricht kommt jedoch nicht von Musk selbst. 

Sie kommt von einer Studie der Universität von Texas. Die beiden Wissenschaftler Todd Humphreys und Peter Iannucci vom Labor für Radionavigation haben sie durchgeführt. Finanziert wurde sie vom US-amerikanischen Militär. Jedoch hat die Studie noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen. Dieses Verfahren wird von unabhängigen Gutachtern durchgeführt und dient der Qualitätsprüfung vor Veröffentlichungen. 

Zur Studie

Die Studie "Fused Low-Eart-Orbit GNSS" finden Sie hier.

US-Army will besseres GPS

Die amerikanischen Streitkräfte suchen nach einer Alternative zum allgegenwärtigen GPS-System. Dieses wurde ursprünglich vom US-Verteidigungsministerium entwickelt, später aber kommerzialisiert. Jedes Mobiltelefon kann diese Daten empfangen, die alten Kartenbücher haben schon lange ausgedient. 

GPS-Daten haben jedoch einen entscheidenden Nachtteil für die US Army: Sie sind störanfällig und können manipuliert werden. Aus militärischer Sicht kann dies fatale Folgen haben. Ein GPS-Angriff, vermutlich mit einem chinesischem Störsatelliten, zeigte bereits, dass man Schiffe an komplett falsche Orte navigieren kann. Besonders im östlichen Mittelmeerraum werden GPS-Signale regelmäßig gestört. Navigationsdaten sind für das US-Militär aber extrem wichtig.

Geostationäre oder oberflächennahe Navigation?

Der Vorteil von GPS-Satelliten ist ihre flächenmäßige Abdeckung. Das liegt an den 30 Satelliten, die zwischen der geostationären Erdumlaufbahn (zirka 38.750 Kilometer) und dem oberflächennahen Orbit stationiert sind. Diese befindet sich in einer Höhe von 20.000 Kilometern – das entspricht einer halben Erdumrundung entlang des Äquators. Die GPS-Satelliten umkreisen die Erde auf sechs Bahnen. Dadurch können die GPS-Empfänger sich zu jedem Zeitpunkt mit mindestens vier Satelliten verbinden.

GPS-Dienste sind allgegenwärtig. Kaum einer kann noch ohne sie auskommen. Bildrechte: imago images / Panthermedia

Anders bei LEO-Satelliten: Diese befinden sich im oberflächennahen Orbit (engl. Low Earth Orbit), wodurch sie nur ein kleines Gebiet abdecken können. Sie fliegen in eine Höhe von 600 bis 1.600 Kilometern. Um eine flächendeckende Abdeckung zu erreichen, braucht es also eine enorme Menge an Satelliten.

Die Vorteile von Starlink

SpaceX hat bereits mehr als 700 Starlink-Satelliten im Weltall platziert. Tausende weitere Minisatelliten sollen folgen. Für ausreichend künstliche Trabanten sei somit gesorgt.

Die erdnahen Satelliten liefern ein viel stärkeres Signal als GPS-Satelliten, welche mit weniger als 100 bits pro Sekunde kommunizieren. Starlink schafft dagegen 100 Megabits pro Sekunde – die tausendfache Geschwindigkeit. Dadurch können mehr Daten übermittelt werden und die Genauigkeit der Positionsbestimmung nimmt zu.

So sehen die Starlink-Satelliten aus, kurz bevor sie aus ihrer Trägerrakete in den Weltraum gelassen werden. Bildrechte: SpaceX/Starlink

GPS-Daten sind auf wenige Meter genau. Das klingt gut, kann aber zu Problemen führen: die falsche Autobahnausfahrt, der Live-Standort von Freunden führt in die Nachbarstraße… Kleinigkeiten, aber GPS wird überall genutzt. Autonome Autos orientieren sich mittels Kameras und GPS. Fehler könnten tödlich enden.

Laut Humphreys könnte man mit Starlink bis auf 70 Zentimeter genau navigieren. Er bezeichnet dieses System als „fusionierte LEO-Navigation“. Ein einfaches Software-Upgrade würde Starlink zum LEO-Navigator fusionieren.

Das fusionierte LEO-Navigationssystem könnte 99,8 Prozent der Weltbevölkerung einen kontinuierlichen Navigationsdienst bieten und dabei weniger als ein Prozent der Downlink-Kapazität von Starlink und weniger als 0,5 Prozent der Energiekapazität nutzen.

Todd Humphreys & Peter Iannucci, University of Texas | MIT Technology Review

Eine paar Haken hat die Sache

Jedoch ist das System mit Starlink nicht flächendeckend. Alles über einem Breitengrad von 60 Grad wird von SpaceX nicht angeflogen. Alaska, aber auch viele skandinavische Orte wie Helsinki und Regionen nördlich von Oslo würden die LEO-Signale nicht empfangen.

Sicher und weniger störanfällig soll das Signal sein. Zumindest hoffen das die Forscher. Zum einen sind die Signale in Bodennähe stärker als die GPS-Signale. Zum anderen können die Daten besser einem entsprechenden Satelliten zugeordnet werden. Störsatelliten hätten somit kaum Chancen. Sicher sind sich die Forscher aber nicht.

Außerdem gibt es bislang weder vom US-Militär, noch von SpaceX eine öffentliche Reaktion zur Studie. Navigationssignale von Starlink wird es also bis auf weiteres nicht geben.

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