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Nahaufnahme des Planeten Erde mit Sonnenaufgang im Weltraum, Lichter der Stadt und Mond. Blick auf Europa und Asien. Bildrechte: imago images/StockTrek Images

MondmissionenGlasperlen auf dem Mond: Es gibt wohl einen Wasserkreislauf auf dem Trabanten

28. März 2023, 14:13 Uhr

Ein chinesisches Forschungsteam hat einen möglichen Wasserkreislauf auf dem Mond entdeckt. Wie dieser aussieht und wo es auf dem Mond sonst noch Wasser in Hülle und Fülle geben kann, zeigen auch andere Daten. Diese stammen von der Nasa, aber auch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR. Damit könnte die dauerhafte Besiedlung des Mondes durch die Artemis-Missionen tatsächlich gelingen.

von Patrick Klapetz

Von wegen der Mond ist staubtrocken. Ja, er enthält Unmengen von Staub, kleine Steinchen, aber auch Mineralien und Glasperlen. Bereits die Mondproben der Apollo-Missionen haben den Geologen der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa gezeigt, dass der Mond alles andere als trocken ist und Wasserpartikel in den Mineralien des Mondes eingeschlossen sind. 

Doch das ist noch nicht alles, wie nun auch ein Forschungsteam aus China zeigen konnte. Seit dem 3. Januar 2019 befindet sich der Jadehase 2 (Yutu 2) auf der Mondoberfläche, ein Rover der chinesischen Mondmission Chang’e 4. Anhand seiner Daten konnten die Wissenschaftler herausfinden, dass es auf dem Erdtrabanten sogar einen Wasserkreislauf geben soll. Der kosmische Sonnenwind soll diesen verursachen, indem dieser mit den Oberflächenmaterialien des Mondes wechselwirkt.

Das Mondfahrzeug mit der Flagge von China. Bildrechte: imago images / Xinhua

Um zu dieser Hypothese zu kommen, hat sich das Forschungsteam Glasperlen angeschaut, die es auf der Trabantenoberfläche in großen Mengen gibt. Aber wie kommen Glasperlen auf dem Mond? Der Mond wird immer wieder durch Meteoriten getroffen – und auch die Erde. Anders als auf der Erde hat der Trabant nur eine sehr dünne Atmosphäre, die fast ein Vakuum ist. Dadurch können Asteroiden nicht vor einem Einschlag verglühen. Wenn diese auf die Mondoberfläche aufschlagen, wirbeln sie Material auf. 

Wie entstanden die Glasperlen auf dem Mond?

So ein heftiger Meteoriteneinschlag bringt einen Teil des getroffenen Materials zum Schmelzen. Wenn dieses dann abkühlt und sich mit dem übrigen feinen Mondstaub vermischt, entstehen Glasperlen. Das feine, lockere Oberflächenmaterial des Mondes wird übrigens Regolith genannt.  

Die von Yutu-2 gefundenen Glasperlen auf der Rückseite des Mondes unterscheiden sich von den bisher gefundenen Perlen der Apollo-Missionen. Die transparenten Mondglaskugeln sind anders als die kleineren Apollo-Mondglaskugeln einige Zentimeter groß und farbig.

 

"Der Chang'e-4-Rover entdeckte während seiner Überquerung des Bodens des Von-Kármán-Kraters im Südpol-Aitken-Becken auf der erdabgewandten Seite des Mondes eine dunkelgrüne und glitzernde Brekzie, die bei einem Einschlag entstanden ist", heißt es in einer Studie von 2020. Bei der als Brekzie identifizierten Gesteinsart handelt es sich um eckige Gesteinsfragmente, die durch feineres Material zusammengehalten werden – das dunkle Glas.

Auf dem Mond soll es möglicherweise einen Wasserkreislauf geben

Mit der Ende 2020 entsandten Folgemission Chang’e 5 brachten die chinesischen Forscher eine Gesteins- und Staubprobe vom Mond zur Erde. Diese Probe enthielt auch einige der Glasperlen, in denen Mondwasser gespeichert ist. Sen Hu, Hejiu Hui und ihre Kollegen fanden bei ihren Untersuchungen heraus, dass das enthaltene Wasser vermutlich auf die Wechselwirkung mit dem Sonnenwind zurückzuführen sei – wie sie nun in ihrer am 27. März 2023 veröffentlichten Studie zeigen. 

Repräsentative Rückstreuelektronenbilder von CE5-Schlagglasperlen nach NanoSIMS-Analysen. a, CE5#33,002. b, CE5#33,003. c, CE5#33,036. d, CE5#33,046. e, CE5#33,052. f, CE5#33,076. Diese Schlagglasperlen sind kugelförmig und haben eine homogene chemische Zusammensetzung (ergänzende Tabelle 2). Die Kugeln CE5#33,003 und CE5#33,036 sind mit feineren Agglutinaten überzogen. Sechs Profile, die in der zweiten Sitzung an fünf Schlagglasperlen durchgeführt wurden, sind rot umrandet. Die blauen Quadrate zeigen die Positionen der NanoSIMS-Analysen in der ersten Analysesitzung an. Jede NanoSIMS-Analysegrube ist 7 × 7 μm^2 groß. Bildrechte: Huicun He, Jianglong Ji, Yue Zhang, Sen Hu, et all.

Zudem deutet die Verteilung des Wassers in den einzelnen Kügelchen darauf hin, dass sich das Wasser in den Glaskugeln in einem relativ kurzen Zeitraum bildete. Durch Diffusion – ein physikalischer Prozess, bei dem sich ein Stoff vom Ort der höheren Konzentration zum Ort der niedrigeren Konzentration bewegt – sammelt und setzt es sich in weniger als 15 Jahren wieder frei. "Die Impaktglaskugeln bewahren Hydratationssignaturen und zeigen Wasserhäufigkeitsverläufe, die mit der Einwärtsdiffusion von Wasser aus dem Sonnenwind übereinstimmen", heißt es in der Studie.

Laut den Forschenden könnte dies einen effizienten Anreicherungsmechanismus darstellen, der einen aktiven Wasserkreislauf auf der Mondoberfläche antreibt: "Unsere direkten Messungen dieses Oberflächenreservoirs zeigen, dass Impaktglaskugeln auf dem Mond beträchtliche Mengen an Wasser aus dem Sonnenwind speichern können." 

Schematische Darstellung des Wasserkreislaufs auf der Mondoberfläche im Zusammenhang mit Impaktglaskugeln. a, Aufgrund der hohen Bildungstemperatur von Impaktglaskugeln wäre das meiste in den Vorläufermaterialien enthaltene Wasser verloren gegangen. b, Nach ihrer Ablagerung an der Oberfläche würde das vom Sonnenwind stammende Wasser nach der H+-Implantation durch den Sonnenwind in die Impaktglaskugeln diffundieren. c, Durch Gartenarbeit würden die Impaktglaskugeln tiefer in den Boden verlagert, wodurch ein Wasserreservoir im Untergrund des Mondes entstünde. Die Impaktglaskugeln an der Oberfläche wären immer noch in der Lage, Wasser in die lunare Exosphäre abzugeben, zum Beispiel durch Meteoriteneinschläge. Die von den Impaktglaskugeln im Mondboden gespeicherte Wassermenge wird auf 0,03-27,00 × 10^13 kg geschätzt, wobei eine globale Tiefe des Mondbodens von 3-12 m (Ref. 56,57), eine modale Häufigkeit von Impaktglaskugeln im Mondboden von 3-5 Vol.-% (Ref. 51) und Impaktglaskugeln mit einer H2O-Häufigkeit von 132-1.570 μg g^-1 Bildrechte: Huicun He, Jianglong Ji, Yue Zhang, Sen Hu, et all.

Das durch einen Einschlag eingeschlossene Wasser könnte eine potenzielle Wasserressource für die künftige Erforschung des Mondes darstellen. Dieses sei wiederum leicht zu gewinnen und die Wissenschaftler vermuten, dass auch andere luftlose Körper eine nützliche Wasserquelle sein könnten.  

Die deutsch-amerikanische Wasserstellen-Karte für den Mond

Jedoch muss ein Wasserreservoir auf der Mondoberfläche erst noch gefunden werden. Dabei könnte Forschung aus Deutschland helfen. Zwar ist das fliegende Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie (Sofia) vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und der Nasa bereits stillgelegt worden, jedoch enthüllen die Forschenden in ihrer Studie nun eine Karte vom Mond, die mögliche Wasserreservoirs zeigt. 

Das in Deutschland gebaute 2,7 Meter-Infrarotteleskop im Rumpf der Boeing 747SP. Bildrechte: NASA

Die Studie gibt Hinweise darauf, wie sich das Wasser auf der Mondoberfläche – besonders in der Nähe des Südpols – bewegt. "Wenn wir uns die Wasserdaten ansehen, können wir tatsächlich Kraterränder und einzelne Berge erkennen, und wir können sogar Unterschiede zwischen den Tag- und Nachtseiten der Berge sehen, dank der höheren Wasserkonzentration an diesen Orten", sagte Bill Reach. Er ist der Hauptautor der Studie und Direktor des Sofia Science Center am Ames Research Center der Nasa, 

 

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Die Karte bildet ein Viertel der erdzugewandten Seite der Mondoberfläche unterhalb des 60. Breitengrades ab und reicht bis zum Südpol des Mondes. Das Wasser auf dem Mond ist im Boden vorhanden und könnte als Eiskristalle oder als Wassermoleküle, die chemisch an andere Materialien gebunden sind, vorkommen, heißt es bei der Nasa. Das würde zu den Ergebnissen der chinesischen Wissenschaftler passen. 

Wasser auf dem Mond – mehr Karten sollen folgen

Statt die absolute Menge an Wasser in der Region zu bestimmen, verglichen die Forscher die Mondsüdpol-Daten mit einer relativ trockenen Referenzregion in der Nähe des Mondäquators. Sie wollten wissen, wie sich die Wassermenge verändert. An den Schattenseiten von Kratern und Bergen hatten sie größere Mengen an gespeicherten Wasservorkommen entdeckt. 

Dies deutet darauf hin, dass die lokale Geografie des Mondes eine wichtige Rolle für die Menge des vorhandenen Wassers spielt – "ähnlich wie Skifahrer auf der Erde wissen, dass die Hänge, die weniger direkte Sonne abbekommen, den Schnee länger halten", heißt es bei der Nasa. 

Visualisierung von SOFIA-Daten überlagert mit einer Visualisierung des Mondes Bildrechte: NASA's Goddard Space Flight Center Scientific Visualization Studio/Ernie Wright

"Mit dieser Karte von Sofia-Daten und weiteren, die noch folgen werden, untersuchen wir, wie sich das Wasser unter verschiedenen Umweltbedingungen auf dem Mond konzentriert", sagte Casey Honniball. Sie ist Mitglied des Viper-Wissenschaftsteams am Goddard Space Flight Center der Nasa. Ende 2024 soll der Viper-Rover (Volatiles Investigating Polar Exploration Rover, engl. Rover zur Untersuchung flüchtiger Stoffe in den Polarregionen) nämlich auf dem flachen Berg Mons Mouton landen. Dort soll er die erste Kartierung von Ressourcen außerhalb der Erde durchzuführen.  

Gibt es Grundwasser im Mondinneren? Ein Rover soll die Antwort bringen

Bisher ist noch nicht bekannt, woher das ganze Wasser auf dem Mond kommt. Entstammt es uralten vulkanischen Prozessen auf dem Mond? Wird es von Asteroiden, Kometen oder dem Sonnenwind geliefert? Der Viper-Rover soll in der Lage sein, die Herkunft der verschiedenen Wasserquellen zu analysieren. 

Eine künstlerische Darstellung des Mond-Rovers Viper der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Bildrechte: Nasa, Ames, Daniel Rutter

Damit könnten seine Daten eine Antwort darauf geben, ob das Wasser weit verbreitet und tief in der Oberfläche vorhanden ist oder nur auf der Oberfläche verstreut ist. "Unser allgemeines Wissen aus der Apollo-Ära, dass der Mond knochentrocken ist, war falsch. Wir wissen bereits, dass es falsch ist, aber die Frage ist, um wie viel", erklärt Paul Lucey – Professor an der University of Hawaii in Mānoa und Mitautor der Studie.

Landestellen auf dem Mond für Artemis III bereits bekannt

Die Untersuchungen von Viper, die weiteren Analysen der Sofia-Daten und auch die Erkenntnisse aus China sind wichtig für zukünftige Mondmissionen. Damit Astronauten und Astronautinnen langfristig auf der Mondoberfläche überleben können, brauchen sie Wasser – doch dieses kann nicht andauernd von der Erde mitgebracht werden. Auch wenn die Ergebnisse der erfolgreichen Artemis-I-Mission zeigen, dass das Orion-Raumschiff mehr Fracht transportieren kann.

Zwei Gipfel auf dem Mond, die sich in 170 Kilometern Entfernung vom Shackleton-Krater befinden. Bildrechte: NASA, GSFC, Arizona State University

Bereits 2025 sollen die erste Frau und die erste farbige Person mit Artemis III auf dem Erdtrabanten landen. Der Shackleton-Krater in der Nähe des Mond-Südpols könnte ein geeigneter Landeplatz für die Mission sein. Erst am 3. März 2023 hatte der Mondorbiter LRO (Lunar Reconnaissance Orbiter) ein Panoramafoto mit einem 5.000 Meter hohen Gipfel aufgenommen, der einen dunklen und flacheren Bereich an seiner Spitze hat. Ganz in der Nähe und deutlich von seinem höheren Nachbarn unterschieden, befindet sich eine 3.500 Meter hohe Klippe. Beide befinden sich ungefähr 170 Kilometer vom Shackleton-Krater entfernt. 

"Man könnte argumentieren, dass die schiere Größe dieser Region sie zu einem erstklassigen Kandidaten für die Landung von Artemis III macht, aber andererseits könnte eine Landung hier auch zu aufregend sein", heißt es von Mark Robinson, dem Prüfleiter der Schwarz-weiß-Kamera der Raumsonde. Für eine Landung wird die Nasa auf Nummer sicher gehen und sich im Laufe der Zeit für einen der 13 möglichen Landeplätze entscheiden. 

Mögliche Landeregionen der Artemis-III-Mission Bildrechte: Nasa

Für weitere Langzeitmissionen werden sowohl polare als auch nicht-polare Regionen untersucht. Die Raumsonde Lunar Trailblazer soll den Mond unter anderem nach Wasservorkommen absuchen und kartieren, – wenn sie dann im November 2023 zum Erdtrabanten aufbricht. All dieser Untersuchungen sollen dabei helfen, genügend Wasser für die Herstellung von Raketentreibstoffen, Kühlmittel oder einfach für lebenserhaltendes Trinkwasser zu finden.

Links/Studien

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 13. März 2023 | 11:50 Uhr