Eine Collage mit Jeff Bezos (Blue Origin, l.) und Richard Branson (Virgin Galactic, r.). Im Hintergrund befindet sich die Erde und das Weltall.
Eine Collage mit Jeff Bezos (Blue Origin, l.) und Richard Branson (Virgin Galactic, r.). Im Hintergrund befindet sich die Erde und das Weltall. Bildrechte: MDR / IMAGO / PantherMedia

Wettlauf ins All Virgin Galactic und Blue Origin läuten den Weltraumtourismus ein

14. Juli 2021, 15:44 Uhr

Das Wettrennen der Milliardäre ins Weltall findet im Juli seinen Höhepunkt. Der Amazon-Gründer Jeff Bezos soll mit seinem Bruder, der ehemaligen Pilotin Wally Funk und einer weiteren Person am 20. Juli in den Weltraum aufbrechen. Sein Kontrahent Richard Branson will bereits am 11. Juli mit einer kleinen Crew aus vier Missionsspezialisten und den Piloten gen Orbit fliegen. Der Start wird live übertragen.

Jeff Bezos gilt als der reichste Mann der Welt. Den größten Teil seines Vermögens hat er mit dem Internet-Warenhaus Amazon angehäuft. Aber ihm gehört noch eine zweite Firma, die wahrlich hochfliegende Pläne hat: das Raumfahrtunternehmen Blue Origin. Am 20. Juli soll seine Rakete erstmals Menschen in den Weltraum schießen. Jeff Bezos wird dann selbst mit an Bord sein. Und Konkurrent Richard Branson? Der wird bis dahin seinen Kurztrip Richtung Weltraum schon hinter sich haben. Denn bereits am 11. Juli will der Chef der Raumfahrtfirma Virgin Galactic mit dem SpaceShipTwo starten und der Konkurrenz zuvorkommen.

57 Jahre musste Jeff Bezos warten, um sich seinen Traum zu erfüllen. Als Astronaut ist man da eigentlich schon zu alt. Aber wer eine eigene Raumfahrtfirma besitzt – der bestimmt auch die Regeln. "Es ändert Ihre Einstellung zu diesem Planeten und zur Menschheit", meint Bezos. "Es ist eine Erde. Ich möchte bei diesem Flug dabei sein, denn es ist das, was ich mein ganzes Leben vorgehabt habe. Es ist ein Abenteuer. Und es bedeutet mir sehr viel."

Die Erde aus dem All zu sehen – das verändert jemanden.

Jeff Bezos, Gründer von Blue Origin und Amazon

Und nun steht Jeff Bezos kurz vor der Vollendung seines Lebenstraums. Der Countdown läuft. New Shepard heißt die Rakete, die insgesamt vier Passagiere ins All schießen soll. "Zwei ist eigentlich das Minimum. Sie müssen immer mindestens ein Ehepaar mitnehmen können. Das ist total wichtig", findet Fabian Eilingsfeld. Er analysiert für die Unternehmensberatung PRICE Systems in Rüsselsheim den Markt für den Weltraumtourismus.

Blue Origin Rakete New Shepard
"Blue Origin"-Rakete New Shepard auf der Launch-Plattform. Bildrechte: Blue Origin

Langes Warten auf den Traum vom All

Denn darum geht es: Die Hochzeitsreise ins All – die soll künftig möglich sein, geht es nach Jeff Bezos und seinem Raumfahrtunternehmen Blue Origin – zumindest für wenige Minuten. Eine Rakete schießt eine Kapsel mit zahlenden Kunden auf eine Höhe von hundert Kilometern. Dort herrscht dann für drei Minuten Schwerelosigkeit – und das Hochzeitspaar, oder wer auch immer an Bord ist, kann die Korken knallen lassen. Und musste Jeff Bezos sich 57 Jahre gedulden, ehe sein Traum nun wahr wird, betrug die Wartezeit für Wally Funk 82 Jahre.

Das ist das Beste, was mir je passiert ist.

Wally Funk, ehemalige Pilotin

Eigentlich wollte die ehemalige Pilotin schon in den 1960er-Jahren mit einer Mercury-Kapsel ins All fliegen, mit der auch Amerikas erster Astronaut Alan Shepard in den Weltraum gestartet ist. Durfte sie aber nicht – weil sie eine Frau ist. Nun wird sie Gast von Jeff Bezos beim bemannten Jungfernflug der New Shepard und damit der älteste Mensch, der je ins All geflogen ist. 

Richard Branson fliegt noch vor Jeff Bezos

Aber vor Bezos kommt Branson, Richard Branson, Chef des Raumfahrtunternehmens Virgin Galactic. Er selbst will am 11. Juli und damit vor der Konkurrenz von Blue Origin mit dem SpaceShipTwo an die Grenze zum Weltraum kratzen.

Na ja, SpaceShipTwo hat ja den Charme, dass es ein Raketenflugzeug ist, dass es ein Horizontalstarter ist und horizontal landet und Flügel hat und auf eine Art sexy ist.

Fabian Eilingsfeld von PRICE Systems

Doch Eilingfeld hat auch einen Einwand: "Was 2004 sexy war, ist heute nicht mehr so unbedingt attraktiv für Kunden." Denn mittlerweile schraubt Virgin Galactic seit anderthalb Jahrzehnten am SpaceShipTwo herum. Die Sicherheitsanforderungen wurden dabei immer anspruchsvoller, was Folgen für das Design des Weltraumflugzeugs hatte. "Wenn Sie da so ein hochgezüchtetes Raketenflugzeug haben, dann haben Sie so viele Vorgaben von der Aerodynamik an die Geometrie außen, dass Sie innendrin meistens ein enges Fahrzeug haben werden, wie so ein kleiner Businessjet."

Das Trägerflugzeug und Raumschiff von Virgin Galactic heben ab.
Das Trägerflugzeug und Raumschiff von Virgin Galactic heben ab. Bildrechte: Virgin Galactic

Und dann haben Sie nicht mehr so wahnsinnig viel Platz zum Umherdriften in der Mikrogravitation.

Fabian Eilingsfeld, PRICE Systems

Raketen statt Weltraum-Flugzeug

Anders das Konzept von Blue Origin: Nachdem sich der Mannschaftsteil mit den Astronauten von der Rakete gelöst hat, ist in der großen, gemütlichen, runden Kapsel Platz genug, um die Schwerelosigkeit in vollen Zügen zu genießen. Aus Sicherheitsgründen landen Rakete und Kapsel dann getrennt. New Shepard könnte ja auch als Ganzes wieder landen, erklärt Eilingsfeld. "Aber Sie machen's nicht, weil sie sich dafür entschieden haben, das Risiko für die Insassen zu minimieren."

Sie haben nämlich ein Problem, wenn Ihre Triebwerke nicht anspringen. Dann werden Sie sich unangespitzt in welchen Erdboden auch immer bohren, der dann Ihr Landeplatz ist.

Fabian Eilingsfeld

Deswegen soll nur die unbemannte Trägerrakete aufrechtstehend und von Triebwerken gebremst landen. Die bemannte Kapsel hingegen wird an Fallschirmen langsam zurück zur Erde gleiten.

Der Fallschirm als Bergungsausrüstung von Raumfahrzeugen, das hat eine lange Historie. Fallschirme zur Bergung sind total gut erprobt und zuverlässig. Es ist gut verstanden. Es funktioniert. Fallschirme funktionieren.

Fabian Eilingsfeld

Das private Wettrennen ins All

Und so stehen die Sterne günstig für Jeff Bezos. Er wird zwar als zweiter starten, aber mitsamt seinen Kopiloten hundert Kilometer hochfliegen und damit wirklich den Weltraum erreichen. Richard Branson wird sich an Bord des SpaceShipTwo möglicherweise mit weniger zufriedengeben müssen, denn beim letzten Test waren es nur 89 Kilometer, was auch aus seinen zahlenden Passagieren keine Astronauten machen würde. Geplant hat Virgin Galactic allerdings 110 Kilometer Höhe. Denn laut dem internationalen Luftsportverband FAI (Fédération Aéronautique Internationale) fängt der Weltraum ab einer Höhe von 100 Kilometern an. Es wird sich zeigen, wer am Ende die Nase vorne hat beim neuen Geschäftsfeld des Weltraumtourismus.

Vier Männer und zwei Frauen in blauen Uniformen vor einem Fenster
Die Unity 22 Crew: Chefpilot Dave Mackay, leitender Betriebsingenieur Colin Bennett, Chef-Astronautenausbilderin Beth Moses, der Gründer von Virgin Galactic Richard Branson, die Vizepräsidentin für Regierungsangelegenheiten und Forschungsbetrieb Sirisha Bandla und der Pilot Michael Masucci (v.l.n.r.). Bildrechte: Virgin Galactic

Am Sonntag, den 11. Juli, soll zumindest Richard Branson mit seinem Raumschiff und einem kleinen Team in den Orbit aufbrechen. Zu der Frage, ob Branson mit seinem Starttermin seinen Kontrahenten schlagen will, antwortet der 70-Jährige mit einem "Nein" und verweist auf den erfolgreichen Testflug im Mai und die erhaltene Lizenz für einen bemannten Raumflug, die das Unternehmen am 25. Juni von der amerikanischen Bundesluftfahrtverwaltung FFA erhalten hatte. Der Raumflug wird auf den Social-Media-Kanälen von Virgin Galactic übertragen.

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