Abwasser-Experiment Darum verstopfen Feuchttücher die Kanalisation

Für Wasserwerke wird feuchtes Klopapier zum immer größeren Problem. In der Kanalisation löst es sich nicht auf und verstopft stattdessen Wasserpumpen. Grund dafür sind Kunststoffe, die die Fasern verstärken.

Labor 6 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Feuchtes Toilettenpapier: Bei Verbrauchern immer beliebter, bei Mitarbeitern kommunaler Wasserwerke ein inzwischen nahezu tägliches Problem. Aus der Packung gezogen duften die parfümierten Tücher nach frischen Blumen. Auf der Haut fühlen sie sich sanfter an als trockenes Papier. Wirft man sie jedoch ins Klo, verklumpen sie auf dem Weg ins Klärwerk. In den Abwasserpumpen können sie dicke Zöpfe bilden, die die Maschinen blockieren. So drohen sie jederzeit, die Abwasserentsorgung zum Erliegen zu bringen.

Das Problem am feuchten Klopapier ist schon länger bekannt. Auf den Verpackungen heißt es, man könne das Papier einfach herunterspülen, es zerfalle in der Kanalisation. Doch diese Behauptung ist schlicht falsch, wie ein einfaches Experiment verdeutlicht.

Experiment mit feuchtem Klopapier

Eine von feuchtem Toilettenpapier blockierte Abwasserpunmpe.
So sehen feuchte Toilettentücher aus, wenn sie eine Abwasserpumpe verstopfen. Bildrechte: Kommunale Wasserwerke Leipzig

MDR-Wissen Reporter Stefan Marx ist zu Besuch im Labor der Leipziger Wasserwerke. Dort hat Heiko Schulze drei Wassergläser aufgebaut, in denen kleine Rührer für stete Bewegung sorgen, so wie sich auch das fließende Abwasser ständig bewegt. In eines der drei Gläser wirft Schulze ein gewöhnliches, dreilagiges, trockenes Toilettenpapier. Das zweite Glas wird mit einem angeblich biologisch abbaubaren Feuchttuch bestückt, in das dritte kommt ein günstigeres WC-Feuchttuch.

Nun werden alle drei Tücher eine halbe Stunde in ihren Gläsern durchgerührt. Die Zeit entspricht der Dauer, die ein im WC heruntergespültes Tuch benötigt, bis es an der ersten Abwasserpumpe ankommt. Am Ende zeigt sich: Vom trockenen Toilettentuch existieren nur noch winzige Fetzen. Es hat sich wie geplant aufgelöst. Das biologisch abbaubare Tuch hingegen hat zwar begonnen, sich zu zersetzen, ist aber noch nicht aufgelöst. Und das herkömmliche Feuchttuch ist noch vollständig intakt.

Widerspruch in sich

Das Experiment zeigt also klar: Feuchttücher lösen sich in der Kanalisation nicht so auf, wie es die Hersteller versprechen. Das Grund dafür liegt auf der Hand: Damit ein Feuchttuch nicht schon in der Hand zerfällt, die es gerade benutzt, müssen seine Fasern besonders stabil konstruiert sein. Manche Hersteller verwenden Polymere, also langkettige Kunststoffe dafür. Die aber führen eben auch dazu, dass die Tücher im Abwasser nicht zerfallen.

In Leipzig haben solche Tücher im Jahr 2018 zu etwa 300 technischen Störfällen im Abwassersystem geführt. Mitarbeiter der Leipziger Wasserwerke schätzen außerdem, dass in den vergangenen fünf Jahren die Müllmenge in der Kanalisation durch Feuchttücher auf das Doppelte angestiegen ist.

Einheitliche Deklarierungen fehlen

Abhilfe können derzeit nur die Verbraucher selbst schaffen: Wenn sie schon nicht auf feuchte Tücher verzichten wollen, dann sollten sie sie nicht ins Klo werfen, sondern in den Müll. Denn trotz Gesprächen zwischen Abwasserentsorgern und Feuchttuchherstellern gibt es noch keine eindeutigen Deklarierungen auf den Verpackungen oder verbindliche Normen für Prüfverfahren solcher Tücher - am besten europaweit.

gp

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Um Zwei | 26. August 2019 | 14:20 Uhr