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Sie sind in Schwärmen unterwegs und fressen anderen ihr Futter weg: Blaubandgründlinge Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Invasive ArtenKleiner Fisch, großer Vielfraß: Der Blaubandgründling

16. Juni 2021, 16:36 Uhr

Ursprünglich in Asien beheimatet, verbreitet sich der Blaubandgründling seit den 1960er-Jahren in Europas Gewässern. Warum ist er in der Fischzucht so unbeliebt? Was macht das Fischlein so erfolgreich?

Er ist kein Riese unter den Fischen, aber trotzdem ein starker Konkurrent im Wasser, wenn es ums Futter geht: Der Blaubandgründling, der bislang eigentlich unter dem Namen "Blaubandbärbling" bekannt ist. "Der Name ist aber nicht mehr richtig", sagt Andreas Stummer vom sächsischen Landesfischereiverband im Gespräch mit MDR WISSEN. Die Art wurde inzwischen der Unterart der Gründlinge (Gobioninae) zugeordnet und zählt somit nicht mehr zu den Bärblingen.

Gestatten: Blaubandgründling!

Ein Haps! und der kleine Fisch ist im Maul einer Ringelnatter verschwunden. Bildrechte: imago/blickwinkel

Dieser Fisch ist ein Winzling aus der Familie der Cyprinen, der Karpfenartigen also, aber kaum zehn Zentimeter lang. Das schmächtige Fischlein gedeiht heute fast überall in Deutschland. Es stammt ursprünglich aus Asien, verbreitete sich durch Vögel, aber auch bewusstes Einsetzen von Menschen in hiesigen Gewässern, beispielsweise als Futterfisch für Zander und Hechte. Kein folgenloser Eingriff in die Natur, wie man inzwischen weiß: Der kleine Fisch, der in Schwärmen auftritt, ist ein großer Nahrungskonkurrent für andere Arten. Er frisst Wasserflöhe, Zooplankton, kleine wirbellose Tiere, Insektenlarven, Eier anderer Fischarten. Ein Schicksal, das seinem eigenen Nachwuchs kaum droht: Die Männchen des Blaubandgrünlings bewachen nämlich die Gelege vor potentiellen Räubern.

Der Minifisch und die Fischwirtschaft

Die Fischwirtschaft in Bayern beispielsweise beklagt massive Einbußen durch die winzigen, aber gefräßigen Mitbewohner in den Karpfenteichen. In Sachsen, sagt Andreas Stummer, seien die Fischwirte eher moderat betroffen. Das bestätigt eine Anfrage bei der Teichwirtschaft Wermsdorf: "Wir haben keine Blaubandbärblinge in unseren Teichen", antwortet Geschäftsführer Georg Stähler. Anderswo in Bayern klagen Fischwirte dagegen massiv über die kleinen gefräßigen Teichmitbewohner. Im Winter, wenn die Fische ihren Stoffwechsel herunterfahren, knabbert der Blaubandgründling seine großen Wasser-Mitbewohner an. Außerdem gilt er als Zwischenwirt verschiedener Parasiten, die anderen Fischen wie Moderlieschen und Karpfen schaden. "Problematisch wird es dann, wenn sie massenhaft auftreten", sagt Andreas Stummer. Wenn sie Hunger haben, in Wintermonaten beispielsweise, tun sie sich an Karpfen gütlich.

Was macht den Mini-Fisch so erfolgreich?

Der Blaubandgründling ist sehr anpassungsfähig, er fühlt sich sowohl in stehenden als auch fließenden Gewässern, bei entsprechenden Temperaturen, pudelwohl. Auch eutrophierte Gewässer, mit vielen Algen und Wasserpflanzen aber wenig Sauerstoff, besiedelt er problemlos. Die Weibchen legen bis dreimal im Jahr Eier. Dank ihres klebrigen Laichs gelangen neue Fischgenerationen per Wasservogel-Taxi in neue Habitate. Auch die Wehrhaftigkeit der Männchen, die ihre Eier-Gelege akribisch bewachen, sorgen für immer neue Schwärme der winzigen Fische.

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen: Seit wann und wo gibt es hier den Blaubandgründling?

Um 1970 wurde die Art unbewusst durch Importe des Graskarpfens in Teichanlagen Rumäniens eingeschleppt, weiß das Umweltministerium in Thüringen. Den ersten Nachweis für das Bundesland gab es demnach 1985. "Die ersten Nachweise für Sachsen lassen sich auf Anfang der Neunzigerjahre im Gebiet der Oberlausitz datieren. Heute ist er vor allem im Raum Nordsachsen und der Oberlausitz verbreitet", erläutert Martin Schuster vom Landesverband Sächsischer Angler. In Sachsen-Anhalts Fischarten-Katalog von 2020 heißt es: "2002 wurden erstmals Blaubandbärblinge im oberen Abschnitt der Mittelelbe nachgewiesen." Der Katalog belegt die Verbreitung des Blaubandgründlings in etlichen Fließgewässern Sachsen-Anhalts, zum Beispiel in Zuflüssen zur Elbe in der Dübener Heide, in Zuflüssen zur Saale, der Weißen Elster und zahlreichen anderen Gewässern.

Ein Gelbbrandkäfer erbeutet einen Blaubandgründling Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Vereinzelt weist der Katalog direkt nach, dass das Vorkommen des kleinen Fischs ausschließlich auf das Abschwimmen aus anliegenden Fischteichen herrührt. Übrigens kein Problem, das allein Deutschland betrifft. Auch in Österreich ist der Fisch seit 1982 nachgewiesen und landesweit etabliert. Eine vollständige Entnahme aus den Gewässern wird vom Bayerischen Landesamt für Umwelt als unrealistisch bewertet. Ziel müsse es sein, eine Ausbreitung auf bestehende Gewässer zu verhindern.

lfw

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