Wissenschaft für alle Auf der Saale schwimmt jetzt ein Bürgerforschungsschiff
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26. Juni 2020, 15:42 Uhr
Wie geht es der Saale? Wie schmecken Algen? Kann man die Algen aus dem Fluss zu Smoothies verquirlen oder zu Stoff verarbeiten? Alles Fragen, die auf dem brandneuen Bürgerforschungsschiff in Halle geklärt werden.
Sebastian König sucht Behälter und Kescher zusammen und zwar aus verschiedenen Kisten auf einem Forschungsschiff, das kurz hinter der Brücke Giebichtenstein in Halle an der Saale angedockt hat. Eine Kiste enthält zum Beispiel Material für mikroskopische Untersuchungen und Mikroplastik, eine andere Arbeitsmittel für Probenentnahmen und chemische Analysen. Sebastian König ist Lehrer und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Halle. Zusammen mit einer Gruppe Jugendlicher geht er die Saale untersuchen.
Heute sind vier Jungen vorbeigekommen; ihnen zeigt König zuerst, wie das mit den Keschern funktioniert: "Das Netz hier ist ganz fein. Hiermit kann man ganz kleine Wassertiere, wie Algen oder sowas fangen. Die müssen dann in den Becher hier unten rein." Die vier Jungen keschern über eine Stunde in der Saale herum und fangen alle möglichen kleinen Krabbeltiere.
Es wird Zeit, zurück aufs Schiff zu gehen. Über Treppen erreicht man innen das Labor. Je nachdem welcher Wissenschaftler anwesend ist, werden dort die Instrumente der jeweiligen Station ausgepackt. "Wir haben versucht, dass jede Station einen Bezug zu Wasser hat," sagt Simon Grambau vom Verein "Science 2 Public - Gesellschaft für Wissenschaftskommunikation". Der Verein hat das ehemalige Fahrgastschiff gekauft und betreibt es auch. Dafür ist neben jedem Wissenschaftler immer auch ein Vereinsmitglied an Bord und betreut die vielen Stationen.
Eine der Stationen: der Maker-Space
Auch der so genannte "Makerspace" hat einen Bezug zum Wasser. Hier kann man beispielsweise im 3D-Drucker kleinere Modelle drucken, die etwas mit Wasser zu tun haben. Es gibt Mikroskope, mit denen man sich schon Kleinstlebewesen angucken kann. Sogar eine Algenzucht gibt es an Bord. Inspiration für die Stationen geben auch die Partner des Vereins: Die Uni Halle, die Hochschulen Anhalt und Merseburg und die BURG Giebichenstein sind involviert mit ihrer Forschung.
Bordverpflegung: Algen-Smoothies
Algenforschung wird beispielsweise intensiv an der Hochschule Anhalt betrieben. Auch die Studentin Anastasia beschäftigt sich damit und will herausfinden, ob Algenfasern taugen, um daraus Stoffe zu weben. Heute steht sie am kleinen Ausschank des Schiffs:
Das hier ist der Bereich der Algenküche und wir versuchen so, die Alge in der Nahrung mit vorzubereiten. Heute wollen wir Smoothies machen und Waffeln, alles mit Alge. Die Alge ist dabei noch nicht Hauptkomponente, aber man schmeckt sie schon raus.
Die Algen dafür stammen aber nicht aus der Saale. Aus denen kann man noch keine Kekse backen, erklärt die Studentin, so weit sei die Forschung noch nicht. Auch das lernt man beim Besuch des Forschungssschiffs, sagt Simon Grambau vom Verein:
Man kann hierher kommen und mitforschen und sehen, was gerade aktuell in der Forschung gemacht wird. Wir haben genau den Kontakt, den wir uns immer als Verein vorstellen, dass Bürger an die Wissenschaft herantreten können, um sich zu informieren. Dass man die Labore öffnet und den Leuten das Wissen mitbringt.
Was an Bord alles geforscht wird
So können alle Neugierigen auch selbst handfeste Forschung betreiben, mit ihren Wasserproben zum Beispiel, wenn sich das Forschungsschiff in Gang setzt. Dann tuckert es die Saale entlang und alle Mitreisenden können Wasser entnehmen und seine Qualität prüfen.
Dann hat man auch eine Serie, wenn mehrere Schüler und Projektwochen kommen. Wie verändert sich das auch über die Zeit? Dann wird sich zeigen, wie sauber die Saale ist.
Zurück zu den vier Jungs vom Anfang. Die Jungen haben ihre ersten Aufgabe geschafft und Lebewesen aus der Saale gekeschert. Danach werden die Krabbeltiere bestimmt, nach einem bestimmten System mit einer Übersicht, die der Wissenschaftler den Jungen zeigt.
Die Frage ist jetzt: Sind die freilebend oder in Gehäusen oder Schalen, haben sie Beine oder keine...
Nach einer Reihe von Fragen, die die Kinder anhand eines vorbereiteten Schemas abarbeiten, ist klar: Die Jungen haben einen Flohkrebs gefangen. So geht Forschung zum Anfassern.