Neue Erkenntnisse für Diabetiker: Früher erkennen, mehr bewegen, zu zweit leben
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21. September 2020, 14:54 Uhr
Weltweit sind 425 Millionen Erwachsene an Diabetes erkrankt, allein in Deutschland sind es 6,7 Millionen. Wissenschaftler präsentieren derzeit auf der Fachtagung der Europäischen Vereinigung zur Erforschung von Diabetes (EASD) ihre neuesten Ergebnisse. Sie haben untersucht, welche Rolle Bewegung, eine gesunde Lebensweise, die Früherkennung, Arthritisches Rheuma dabei spielen und was man tun kann, damit Diabetiker weniger stürzen.
Mehr Bewegung für ein längeres Leben mit Diabetes
Eine Untersuchung aus Taiwan zeigt: wer regelmäßig Sport treibt, hat bessere Chancen, trotz Diabetes ein hohes Alter zu erreichen und nicht an dieser Erkrankung zu sterben. Dazu befragten sie in mehreren Zeiträumen 4.859 Erwachsene, die an Typ 2 Diabetes (T2D) erkrankt sind. Davon waren 49 Prozent Männer und 51 Prozent Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 59,5 Jahren. Das Ergebnis: Von den Teilnehmern mit einer höheren Trainingsintensität (mehr als 800 kcal Pro Woche, was etwa zwei bis drei Stunden Fahradfahren entspricht) starben 32 Prozent weniger an Diabetes, bei Probanden mit einer moderateren Trainingsintensität (mit weniger als 800 kcal pro Woche) waren es 25 Prozent weniger.
Das ist unter anderem damit zu erklären, dass Sport die Insulinsensitivität verbessert. Die Körperzellen bzw. die Insulinrezeptoren werden empfindlicher gegenüber Insulin und können besser darauf reagieren. Außerdem hemmt Sport Zytokine - Signalproteine, die Entzündungsreaktionen auslösen. Diabetes kann durch eine dauerhaft übermäßige Produktion von Zytokinen ausgelöst werden. Studienleiterin Yun-Ju Lai und ihre Kolleginnen und Kollegen vom Taichung Veterans General Hospital Nantou/Taiwan wollen nun untersuchen, welche Art von Bewegung in welcher Intensität bei Diabetes am besten hilft, Lebensqualität und Gesundheit aufrecht zu erhalten.
Gesunde Lebensweise des Partners kann helfen
Dass ein Partner mit seiner gesunden Lebensweise den anderen positiv beeinflussen kann, belegt eine Studie der Universität Aarhus/Dänemark. Dazu hatten Studienleiter Omar Silverman-Retana und sein Team 172 Paare hinsichtlich ihrer Lebensgewohnheiten und ihrer körperlichen Konstitution untersucht. Dabei betrachteten sie vor allem die Faktoren genauer, die zum Risiko für Typ-2-Diabetes werden können. Sie verglichen Body-Mass-Index, Taillenumfang, prozentualen Körperfettanteil, die Empfindlichkeit der Zellen gegenüber Insulin und den Glukosestoffwechsel. Außerdem erfassten sie die Zeit, die die Partner für leichte und hochintensive körperliche Aktivität aufwenden und die Zeit, die sie im Sitzen verbringen.
Unsere Untersuchung zeigt, dass man mit speziellen Interventionsmöglichkeiten für Paare das Diabetesrisiko senken kann.
Das Ergebnis: Den größten positiven Einfluss hatten Frauen auf ihre Männer im Hinblick auf gesunde Ernährung. Die Männer hingegen animierten ihre Frauen am häufigsten zu mehr Sport. Die geringste Übereinstimmung beider Partner fanden die Forscher bei der Funktionstüchtigkeit der Betazellen, die das Insulin herstellen. Insgesamt konnten die Wissenschaftler feststellen, dass sich Paare im Hinblick auf eine gesunde Lebensweise stark beeinflussen können. Bei den sogenannten pathophysiologischen Faktoren ist das kaum der Fall. Diese krankhafte Veränderungen der Körperfunktionen oder Vorstufen dazu bleiben also nahezu unberührt vom Einfluss des anderen.
Rheumapatienten besser überwachen
Rheumatoide Arthritis ist die häufigste der rheumatische-entzündlichen Erkrankungen. Auch bei Diabetes Typ 2 spielen Entzündungsprozesse eine große Rolle, sie gelten als Schlüsselfaktor für das Fortschreiten der Erkrankung. Diese Gemeinsamkeit beider Krankheiten brachte die Autoren Zixing Tian und Dr. Adrian Heald von der Universität Manchester/UK und ihre Kollegen auf die Idee, einen möglichen Zusammenhang statistisch zu belegen. Dazu werteten sie Daten von 1.629.854 Patienten aus, die in medizinischen und wissenschaftlichen Datenbanken erfasst waren. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Patienten mit einer Rheumatoiden Arthritis mit einer 23 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit auch an Diabetes erkranken. Das Fazit der Forscher: Rheumapatienten sollten auch im Hinblick auf eine mögliche Diabetes intensiver überwacht werden.
Diabetes wird oft zu spät erkannt
Aus 200.000 Blutproben der britischen Biobank haben Wissenschaftler 2.000 identifiziert, deren Spender Diabetes Typ 2 hatten, ohne es zu wissen. Wer sich an dieser Langzeitstudie beteiligt, indem er freiwillig Proben abgibt, weiß, dass er keine Rückmeldung zu möglichen Befunden bekommt. Insofern haben die Forscher die Probanden nicht über ihre Erkrankung informiert. Sie konnten jedoch dokumentieren, dass die Diagnosen erst 2 bis 5 Jahre später gestellt wurden.
Auffallend war, das vor allem ältere Patienten (älter als 61) mit einem erhöhten Body-Mass-Index über 31 und mit 60 Prozent überwiegend Männer unter den Diabetikern waren. Die Wissenschaftler wollen nun herausfinden, ob sich damit eine Risikogruppe ergibt, die grundsätzlich engmaschiger untersucht werden sollte, um die Erkrankung so früh wie möglich festzustellen. Denn je früher Diabetes erkannt wird, desto besser kann sie behandelt werden.
Diabetes-Patienten stürzen häufiger
Diabetiker stürzen aufgrund ihre Blutzuckerschwankungen und der Medikamente, die sie einnehmen müssen, häufiger als andere Menschen. Nicklas Rasmussen untersuchte gemeinsam mit Kollegen und dem Steno Diabetes Center sowie dem Nordjütländischen Universitätsklinikum Aalborg/Dänemark, wie hoch das Sturzrisiko genau ist und zu welchen Verletzungen es dabei kommt. Dabei verglichen die Wissenschaftler 12.975 Typ-1-Diabetiker und 407.099 Typ-2-Diabetiker mit entsprechenden alters- und geschlechtsidentischen Kontrollgruppen aus der Allgemeinbevölkerung. Das Ergebnis: Patienten mit Diabetes Typ 1 haben ein um 33 Prozent höheres Risiko zu stürzen, bei Patienten mit Diabetes Typ 2 sind es 19 Prozent. Folgende Risikofaktoren konnten Rasmussen und sein Team identifizieren: die Gestürzten waren überwiegend weiblich und älter als 65 Jahre. Sie hatten Medikamente zur Behandlung von Depressionen (Selektive Serotoninrezeptor-Inhibitoren) oder Opioide eingenommen und hatten früher Alkohol in größeren Mengen konsumiert. Die Betroffenen erlitten bei ihren Stürzen auch häufiger Knochenbrüche als andere Patienten. Das Fazit der Wissenschaftler:
Auf Alter und Geschlecht haben wir keinen Einfluss, aber die Medikamentengabe können wir überdenken und Alkoholmissbrauch vorbeugen. Das sollte im Leitfaden für das Management von Diabetesbehandlung aufgenommen werden.
Info zu den Untersuchungen
Diese Untersuchungen wurden auf der Jahrestagung der Europäischen Vereinigung zur Erforschung von Diabetes (EASD), die dieses Jahr online stattfand, präsentiert. Alle Studien wurden vom Auswahlausschuss des Kongresses ausführlich begutachtet. Die Forschung wurde noch nicht zur Veröffentlichung in einem medizinischen Fachjournal eingereicht.
(krm)
wwdd am 21.09.2020
Man verlängert sein Leben sowieso nur um die letzten Jahre. Und die sind sowieso nicht die Besten. Dazu wüßte ich wegen diesen ganzen Coronamaßnahmen auch nicht, warum ich auf diesen Planeten länger als nötig bleiben sollte.