Biologie Giraffen haben ein ähnlich komplexes Sozialleben wie Elefanten

03. August 2021, 13:00 Uhr

Bisher war das Sozialverhalten von Giraffen nur wenig erkundet. Das haben britische Forschende geändert und herausgefunden: Sie kümmern sich so intensiv um den Nachwuchs wie Elefanten – sogar noch als Großmütter.

Eine Rothschild-Giraffe kümmert sich im Soysambu-Schutzgebiet in Kenia um ihr Junges.
Eine Rothschild-Giraffe kümmert sich im Soysambu-Schutzgebiet in Kenia um ihr Junges. Bildrechte: Zoe Muller

Sie sind mit einer Größe von bis zu sechs Metern die Könige der Säugetiere an Land, zumindest was die Körperhöhe angeht: Giraffen. Doch über ihr Sozialverhalten war bis vor Kurzem nur wenig bekannt. Man nahm allgemein an, dass sie nur flüchtige Beziehungen eingehen und keine ausgeprägten Sozialstrukturen haben.

Dass diese Sichtweise überholt ist, haben jetzt Forschende der britischen Universität Bristol um Zoe Muller bewiesen. Gemäß ihrer im Fachmagazin "Mammal Review" veröffentlichten Studie verbringen die Säugetiere rund 30 Prozent ihres Lebens in einem Zustand, in dem sie keine Nachkommen mehr zeugen können. Dies sei vergleichbar mit Tierarten mit einem hochkomplexen Sozialleben wie etwa Elefanten oder Schwertwalen, die eine ähnlich lange post-reproduktive Zeit aufweisen.

Verhalten sichert Überleben in schwierigem Ökosystem

Als Grund für diesen relativ langen Zeitraum wird angenommen, dass sich die Weibchen nach der Menopause um anderen Nachwuchs kümmern können – auch bekannt als "Großmutter-Hypothese". Demnach leben bei Säugetieren – und damit auch bei den Menschen – die Weibchen noch sehr lange, auch wenn sie nicht mehr fruchtbar sind, um weitere Generationen mit großziehen zu können und somit letztlich auch die eigenen Gene zu erhalten.

Laut den Studienautoren scheinen sich Giraffen ähnlich zu verhalten, inklusive geteilter Erziehung durch beide Elternteile und der Mit-Aufzucht auch von weiteren Familienmitgliedern. "Diese Studie zeigt genug Beweise auf, um davon auszugehen, dass Giraffen tatsächlich eine sozial hochkomplexe Spezies sind, mit hochentwickelten Sozialsystemen, die vergleichbar mit Elefanten, Walen und Schimpansen sind", erklärt Zoe Muller. Laut der Biologin hätten sie damit ihr Überleben in einem schwierigen Ökosystem mit vielen Raubtieren erleichtert. Weiteres Wissen über das Sozialverhalten der Giraffen könne in Zukunft auch bei ihrem Schutz durch die Menschen zu Gute kommen:

Wenn wir anerkennen, dass Giraffen ein komplexes und kooperatives Sozialsystem haben und in Gesellschaften leben, die der mütterlichen Linie folgen, wird uns dies dabei helfen, ihr Verhalten in natürlicher Umgebung zu verstehen und damit auch die Bedürfnisse, die sie beim Artenschutz haben.

Zoe Muller, Studienautorin

cdi

Zwei Giraffen, eine blickt lustig von der Seite ins Bild, die andere eher teilnahmslos
Brigitte Alcalay Marcon – Absturz ins Bild – Giraffen, Etosha-Nationalpark, Namibia Bildrechte: The Comedy Wildlife Photography Awards 2020/Brigitte Alcalay-Marcon

0 Kommentare