Ratte
Ratten sind auch als Haustiere beliebt. Bildrechte: colourbox

Hantaviren Erstmals Übertragung des Seoulvirus in Deutschland nachgewiesen

13. November 2020, 16:58 Uhr

Erstmals haben Forschende die Übertragung des Seoulvirus - eines vor allem in Asien verbreiteten Hantavirus - von einer Hausratte auf den Menschen in Deutschland nachweisen können. Der Krankheitserreger ist sowohl bei einer schwer erkrankten jungen Patientin als auch bei ihrer als Haustier gehaltenen Ratte identisch nachweisbar gewesen, teilte die Charité in Berlin mit.

In Deutschland kennen wir das Hantavirus vor allem von Mäusen - allen voran der Rötelmaus. Die übertragen die Infektion auch auf den Menschen, seit 2001 sind Hantavirus-Erkrankungen meldepflichtig. Doch bei den Hantaviren ist es ähnlich wie bei den Coronaviren: Es gibt mehrere Arten von ihnen. In Mitteleuropa verbreitetet sind Puumala- und Dobrava-Belgrad-Viren. Doch nun konnte eine Forschungsgruppe von der Charité Berlin und dem Friedrich-Loeffler-Institut erstmals eine Übertragung des Seoulvirus in Deutschland nachweisen. Eine junge Frau hat sich bei ihrer Hausratte angesteckt. Die Studie ist im Fachmagazin Emerging Infectious Diseases veröffentlicht worden.

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Hantaviren.
Elektronenmikroskopische Aufnahme von Hantaviren. Bildrechte: H. Gelderblom / D. H. Krüger

Aber wie sind die Forschenden dem Virus auf die Schliche gekommen? Wer sich bisher mit den in Europa gängigen Hantaviren infiziert hat, leidet meist unter fiebrigen Erkrankungen, schreiben sie. Nur in einigen Fällen käme es auch zum sogenannten HFRS-Syndrom. Das sorgt nicht nur für Fieber, sondern auch für Abfall des Blutdrucks und akutes Nierenversagen. Beim Seoulvirus dagegen komme dieser schwere Verlauf weit häufiger vor. Das Virus kommt der Forschungsgruppe zufolge zwar ausschließlich in Ratten vor, Übertragungen auf Menschen sind aber bereits dokumentiert worden - auch außerhalb Asiens.

Ansteckung bei infizierter Heimratte

Und nun hat sich eine junge Patientin der Charité in Berlin in Deutschland mit dem Seoulvirus angesteckt und ist schwer erkrankt. Die Frau aus Niedersachsen hatte sich bei ihrer Heimratte, die sie als Haustier hält, angesteckt, so das Forschungsteam. Sie konnten es sowohl bei ihr als auch bei der Ratte nachweisen. Vermutlich sei die infizierte Zuchtratte aus dem Ausland nach Deutschland importiert worden.

Dieses Virus kommt ursprünglich aus Asien und ist wahrscheinlich durch infizierte Wildratten auf Schiffen nach Europa gelangt, konnte in Deutschland bisher aber noch nie beobachtet werden.

Prof. Dr. Jörg Hofmann, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Die junge Patientin ist infolge der Ansteckung sehr schwer erkrankt: Sie habe mehrere Tage lang intensivmedizinisch versorgt werden müssen, so der Berliner Virologe. Sie habe Symptome eines akuten Nierenversagens gehabt, weshalb schon eine Hantavirus-Infektion als Auslöser vermutet wurde. Dieser Verdacht sei dann in Laboruntersuchungen bestätigt worden.

Rötelmaus, auf Waldboden sitzend, eine Nuss fressend. 5 min
Bildrechte: imago/blickwinke

Molekulare Spezialdiagnostik entwickelt

Was aber unklar geblieben ist: Welches Hantavirus hatte sich die Patientin eingefangen? Dabei, das herauszufinden, half eine molekulare Spezialdiagnostik, die Charité-Virologe Hofmann und sein Team entwickelt haben. Damit konnte schließlich sowohl bei der Patientin als auch bei ihrer Ratte dasselbe Virus nachgewiesen werden.

Beide Virussequenzen, die der Patientin und die der Ratte, waren identisch. Dies bestätigt eine Erkrankung durch Übertragung des Erregers vom Tier auf den Menschen – eine sogenannte Zoonose.

Prof. Dr. Jörg Hofmann, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Bislang habe man nur bei Mäusekontakt an Hantavirus-Infektionen gedacht, aber nun müsse man auch die Möglichkeit von Infektionen bei Kontakt zu Wild- oder Heimratten in Betracht ziehen, schlussfolgern die Forschenden. Außerdem warnen sie, dass das Virus über den Verkauf der Tiere "praktisch überallhin exportiert werden" könne. Deshalb sei vor allem bei der Haltung von Ratten als Haustiere große Vorsicht angebracht.

(kie)

(kie)

4 Kommentare

Mwuest am 16.11.2020

Mich würde es Interessieren wo die Junge Frau ihre Ratte herbekommen hatte Hausratten(Rattus rattus) wie die Ratte oben beschrieben wird sind in weiten Teilen Deutschlands fast ausgestorben da sie von der Wanderratte verdrängt worden sind.

part am 13.11.2020

Womit sich wieder einmal zeigt, Tiere gehören nicht in Wohnungen. Mit der Sesshaftwerdung des Menschen begannen auch die Epedemien durch domestizierte und unfreiwillige Haustiere. Wo heute zusätzlich unzählige Haustiere aus Spaß an der Freud und aus Dekadenz gehalten werden, teilweise ernährt durch Massentierhaltung und verbunden mit Umweltzerstörung in anderen Erdteilen, da können sich Pandemien entwickeln, weil besonders Wildtieren der Lebensraum genommen wird. Mir scheint sehr vielen Menschen ist der Geruchssinn abhanden gekommen oder wurde durch künstliche Hormone beeinflusst, anders kann ich mir die Massentierhaltung in den Städten nicht erklären. Tierliebe dagegen beginnt damit, das man Tiere in ihrer natürlichen Umgebung fördert und Vermenschlichung nicht zulässt. Der Handel mit Tieren, besonders Exoten, entpuppt sich dabei als Riesengeschäft und zerstört ganze Arten durch Bejagung in ihre Heimat. Eine Veränderung der Gesetzeslage wäre deshalb dringend geboten.

MDR-Team am 17.11.2020

Es handelte sich bei diesem Tier um eine Zuchtratte, die vermutlich aus dem Ausland eingeführt wurde. LG, das MDR-Wissen-Team