Hände in schwarzen Gummihandschuhen halten eine Tätowiernadel
Tattoonadeln werden schon lange eingesetzt, um Farben unter die Haut zu bringen. Künftig könnten sie auch eingesetzt werden, um DNA-Impfstoffe zu "spritzen" Bildrechte: IMAGO / Cavan Images

Medizin-Technologie Wie Tattoonadeln neue Impfstoffe voranbringen

27. März 2022, 12:00 Uhr

Seit der Steinzeit tätowiert sich die Menschheit – meist aus Gründen der Ästhetik. In den letzten zehn Jahren haben mehrere Studien untersucht, ob das, was beim Tätowieren stattfindet, nicht auch für die Verabreichung von Arzneimitteln nutzbar sein könnte. Nun gibt es ein konkretes Anwendungsbeispiel.

Jetzt könnte es kurz wehtun. Oder auch etwas länger: Beim Stechen eines Tattoos dringen mehrere Nadeln bis zu 200 Mal pro Sekunde in die Haut – je nach Motiv über mehrere Stunden. Das funktioniert nach einem alten und denkbar einfachen Prinzip: Die Nadeln drücken die Tinte unter die Haut. Oder?

Nicht ganz. Genau genommen ist es nicht die Nadel, die die Tinte in die Haut "drückt“. Sie schafft nur einen kleinen Hohlraum im Gewebe, wenn sie eindringt. Wird die Tattoonadel anschließend wieder herausgezogen, bleibt ein circa zwei Millimeter tiefer Mini-Hohlraum zurück, in dem ein Unterdruck entsteht. In diesen Hohlraum wird die Tinte von der Hautoberfläche gesogen – und bleibt dort zurück.

Tattoonadeln könnten neue Impfungen ermöglichen

Die Beobachtung, dass Tattoos nur durch diesen Unterdruck entstehen, ist nicht mehr ganz neu – aber sie könnte künftig wichtig werden, wenn es um das Verabreichen von Impfstoffen geht. Hier stehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nämlich vor einem Problem: Einige in der Entwicklung befindlichen Impfstoffe, die beispielsweise aus DNA bestehen, sind zu dickflüssig, um mit einer herkömmlichen Injektionsnadel verabreicht zu werden. Das Prinzip "Tattoonadel" könnte hier wertvolle Dienste leisten – sagt die Chemieingenieurin Idera Lawal, die ihre Studie zum Thema auf dem Märztreffen der American Physical Society vorstellte.

DNA-Impfstoffe passen nicht immer durch Kanülen

Im Gegensatz zu traditionellen Impfstoffen passen viele DNA-Impfstoffe nämlich nicht durch die starre Kanüle der hohlen, subkutanen Nadeln, die bislang für Impfungen verwendet werden. Wenn diese Impfstoffe nun nach dem Prinzip einer Tätowierung mittels Unterdruck in die Haut "gezogen" werden, könnte das ein Problem lösen.

Es gibt zwei Arten genbasierter Impfstoffe

Impfstoff-Phiolen. Moderna und Comirnaty
Bekannter mRNA-Impfstoff von Moderna Bildrechte: IMAGO / Beautiful Sports

DNA-Impfstoffe sind – genauso wie die derzeit oft für die Impfung gegen Covid-19 verwendeten mRNA-Impfstoffe – genbasierte Impfstoffe. Das Grundprinzip ist beiden Unterarten gemein: Sie schleusen den genetischen Bauplan für Erreger-Antigene in den menschlichen Körper ein. Dieser baut dann quasi "auf Anleitung" selbst die Antigene. Auf diese Antigene reagiert wiederum das Immunsystem – und lernt so, sich gegen den Erreger zu schützen. Soweit das Grundprinzip. Im Detail gibt es zwischen mRNA-Impfstoffen und DNA-Impfstoffen noch ein paar Unterschiede.

DNA-Impfstoffe verwenden oft einen Plasmid-Ring

Bei einer mRNA-Impfung kann die mRNA-Sequenz durchaus "nackt" im Impfstoff vorhanden sein und gelangt so in den Körper. Bei DNA-Impfstoffen wird der DNA-Bauplan des entsprechenden Erregers in ein sogenanntes Plasmid eingebaut. Das ist ein kleines, ringförmiges DNA-Molekül und kommt beispielsweise in Bakterien vor. Ist die DNA hier eingebaut, kann sie sich nicht weiter im Körper vermehren. Einmal injiziert, dringt das Plasmid in den Zellkern ein – dort wird der DNA-Bauplan in mRNA umgeschrieben. Aus dieser mRNA werden dann – wie bei den mRNA-Impfstoffen – Antigene des Erregers produziert. Bei beiden genbasierten Impfstoffen werden die übertragenen Gene mit dem natürlichen Abbau der Zellen wieder aus dem Körper entfernt.

Links/Studien

Idera Lawal, Pankaj Rohilla und Jeremy O. Marston von der Texas Tech University haben ihre Studie auf dem Märztreffen der American Physical Society vorgestellt.

iz