Eine Mähmaschine mit einem großen Greifarm mäht einen Seitenstreifen ab.
Der insektenschonende Mähkopf im Einsatz. Bildrechte: MULAG Fahrzeugwerk

Insektensterben Neue Technologie rettet Insekten beim Mähen

17. März 2022, 15:12 Uhr

Das Mähen von Wiesen und Grünstreifen ist ein häufig wenig beachteter Faktor, wenn es um das Insektensterben geht. Moderne Mähmaschinen töten eine beträchtliche Menge der kleinen Wiesenbewohner und sind damit angesichts des massenhaften Insektensterbens ein echtes Problem. Doch eine neuartige Mähtechnologie, bei der Insekten und Spinnen nicht eingesaugt werden, könnte das Problem messbar abmildern, zeigt eine aktuelle Studie von Biologen der Universitäten Hohenheim und Tübingen.

Vor allem die industrialisierte Landwirtschaft gilt als einer der großen Einflussfaktoren für das Insektensterben der letzten Jahrzehnte. Denn große Monokulturen sorgen dafür, dass vielfältige Lebensräume verlorengehen. Doch auch schwindende Grünflächen und das häufige Mähen von Grünstreifen und Wiesen spielen eine größere Rolle.

Das Mähen ist in zweifacher Hinsicht problematisch.

Prof. Dr. Johannes Steidle, Universität Hohenheim

Das Mähen sei in zweifacher Hinsicht ein Problem, erklärt Prof. Johannes Steidle von der Universität Hohenheim. "Zum einen mindert es die Qualität der Lebensräume für Insekten, weil sich z.B. Blühpflanzen nicht entwickeln", so der Biologe. Auf kommunalen Grünflächen und an den Straßenrändern führe außerdem das Schnittgut, das auf den Flächen liegenbleibe, zu einer Überversorgung mit Nährstoffen. "Zum anderen wird aber auch durch den Mähvorgang selbst ein großer Teil der Insekten getötet."

Schützt innovative Technik?

Doch die Probleme, die das Mähen mit sich bringt, lassen sich technologisch lösen. Innovationen der vergangenen Jahre versprechen, die Folgen für Insekten abzumildern. Ob das tatsächlich klappt, haben die Biologinnen und Biologen um Erstautor Steidle in ihrer Studie untersucht. Dafür haben sie einen speziell für den Schutz von Insekten entwickelten Mähkopf eines Unternehmens aus dem Schwarzwald untersucht.

Dieses Gerät ist vor allem für das Mähen von Böschungen vorgesehen. Das Forschungsteam konzentrierte sich also auf die Untersuchung von Grünstreifen am Rande von Straßen. Hier sterben nämlich besonders viele Insekten direkt durch das Mähen, so die Forschenden. Das liege daran, dass diese Grünstreifen den Tieren als Korridore dienten, um ihre Populationen miteinander zu vernetzen.

Eine Mähmaschine mit einem großen Greifarm mäht einen Seitenstreifen ab.
Grünstreifen an Straßenrändern sind Korridore für Insekten. Bildrechte: MULAG Fahrzeugwerk

Weniger Schwund nachweisbar

Die Untersuchung hat tatsächlich ergeben, dass die innovative Mähtechnik funktioniert und dabei hilft, die Insekten zu schützen. Während durch herkömmlicher Mähtechnik zwischen 29 und 87 Prozent der Insekten und Spinnen getötet werden, habe die neue Mähtechnik ein ganz anderes Bild erzeugt. "Beim Einsatz der insektenfreundlichen Mähköpfe reduzierte sich dieser Schwund und war bei vier von acht Insektengruppen und bei Spinnen nicht mehr nachweisbar", erläutert Biologe Steidle.

Investitionen in innovative Technik haben aus unserer Sicht ein hohes Potenzial, den Insektenrückgang im Grünland wirksam zu reduzieren.

Prof. Dr. Johannes Steidle, Universität Hohenheim

Das Forschungsteam zieht deshalb eine positive Bilanz: Aus ihrer Sicht kann innovative, speziell für den Schutz der Insekten entwickelte Mähtechnik einen großen Beitrag für ihren Schutz und damit den Erhalt der Biodiversität zu leisten. "Investitionen in innovative Technik haben aus unserer Sicht ein hohes Potenzial, den Insektenrückgang im Grünland wirksam zu reduzieren“, so Prof. Dr. Steidle.

Links/Studien

Steidle, Johannes L. M. et. al.: Negative impact of roadside mowing on arthropod fauna and its reduction with ‘arthropod-friendly’ mowing technique. In: Journal of Applied Entomology. https://doi.org/10.1111/jen.12976.

(kie)

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