Wissen-News Klinische Studie: Ketamin ist wirksam bei behandlungsresistenten Depressionen
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14. Juli 2023, 11:22 Uhr
Ketamin ist ein Betäubungsmittel, das ursprünglich aus der Veterinärmedizin kommt, auch als Partydroge ist die Substanz beliebt. Eine aktuelle Studie setzt die Droge bei Menschen ein, deren Depressionen als "behandlunsgresistent" gelten – und verzeichnet gute Erfolge.
Eine kostengünstige Version von Ketamin wurde in einer aktuellen klinischen Studie erfolgreich zur Behandlung schwerer Depressionen eingesetzt. Bei mehr als einem Fünftel der Teilnehmenden kam es zu einem vollständigen Rückgang der Symptome, bei einem Drittel zu einer Verbesserung der Symptome um mindestens 50 Prozent.
Erfolge bei behandlungsresistenten Depressionen
Getestet wurde das Medikament an Personen mit sogenannten "behandlungsresistenten" Depressionen. Das bedeutet, dass verschiedene Arten von Gesprächstherapien, Antidepressiva oder Elektrokrampftherapien bei diesen Menschen nicht die gewünschten Erfolge erzielt hatten. Dass Ketamin bei dieser Gruppe wirkte, ordnet die leitende Forscherin Colleen Loo als "eigentlich recht gutes Ergebnis" ein.
Für die Studie hatten die Forschenden 179 Personen mit behandlungsresistenten Depressionen rekrutiert. Alle Teilnehmenden erhielten zweimal die Woche eine Injektion in einer Klinik – eine Gruppe mit Ketamin, die andere Gruppe erhielt ein Placebo. Nach der Injektion wurden Patientinnen und Patienten rund zwei Stunden lang überwacht, während die akute dissoziative und beruhigende Wirkung des Ketamins nachließ – in der Regel war das innerhalb der ersten Stunde der Fall. Damit die Teilnehmenden den Unterschied zwischen Placebo und Ketamin nicht direkt bemerkten, bekamen sie als Placebo das Beruhigungsmittel Midazolam verabreicht – ein Medikament, das normalerweise vor einer Narkose gegeben wird.
20 Prozent gaben an, keine klinischen Symptome mehr zu haben
Die Behandlung dauerte einen Monat und die Teilnehmenden sollten ihre Stimmung am Ende der Studie sowie einen Monat später einschätzen. 20 Prozent derjenigen, die Ketamin bekommen hatten, gaben an, keine klinische Depression mehr zu haben. In der Placebo-Gruppe sagten das zwei Prozent.
Vorsicht: Ketamin ist nicht harmlos
Die Forschenden wollen nun in Folgestudien mit größeren Teilnehmerzahlen und längeren Zeiträumen prüfen, ob sich die Ergebnisse wiederholen. Für die Behandlung von Depressionen ist die Studie auch deshalb ein hoffnungsvolles Zeichen, weil Ketamin im Vergleich zu vielen anderen Medikamenten sehr preiswert ist. Das Narkotikum kann intravennös, intramuskulär oder nasal verabreicht werden und wurde ursprünglich in der Tiermedizin eingesetzt, beispielsweise bei Pferden. In Deutschland ist Ketamin verschreibungspflichtig, unterliegt aber nicht dem Betäubungsmittelgesetz und ist als Partydroge sehr verbreitet. Das Ärzteblatt warnt davon, Ketamin gemeinsam mit anderen Drogen zu konsumieren: "Eine Mischintoxikation kann zu einem unkontrollierbaren Verlauf mit Atemstillstand führen."
In Tierversuchen konnte außerdem eine Schädigung des Zentralnervensystems durch Ketamin nachgewiesen werden – ob das auch beim Menschen gilt, ist noch unklar.
Links/Studien
Die Studie Efficacy and safety of a 4-week course of repeated subcutaneous ketamine injections for treatment-resistant depression (KADS study): randomised double-blind active-controlled trial ist im Bristish Journal of Psychiatry erschienen und hier nachzulesen.
iz