Hände eines Mannes mit Wollhandschuh auf einem Heizkörper.
Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung, sagt der Volksmund. Aber gilt das auch für die eigenen vier Wände? In Ansätzen wohl schon, denn in Deutschland wird seit einem Jahr weniger geheizt als vorher üblich war. Bildrechte: IMAGO/Westend61

Gasverbrauch Funktioniert Gas sparen auch bei Kälteeinbrüchen?

20. Januar 2023, 17:41 Uhr

Seit fast genau einem Jahr ist das Thema Erdgas so präsent in unseren Köpfen wie nie zuvor. Sparen, sparen, sparen, sagen Vernunft und Geldbeutel. Wie gut hat das bisher geklappt? Bei Kälte geht das doch gar nicht, oder?

2022 war in Deutschland das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Demzufolge sollten Meldungen wie "Gasverbrauch gesunken" grundsätzlich erst einmal mit einem "Naja, aber ..." begutachtet werden. In einem warmen Jahr muss natürlich weniger geheizt werden als in einem kalten und so weiter.

Deshalb gibt es sogenannte temperaturbereinigte Gasverbrauchswerte. Dabei wird der Zeitraum 2018 bis 2021 zugrunde gelegt und geschaut, welcher Gasverbrauch bei keinerlei Einsparungen bei verschiedenen Tagestemperaturen zu erwarten gewesen wäre. Und ja, auch diese temperaturbereinigte Kurve für 2022 und die ersten Tage 2023 sagt: In Deutschland muss bewusst Gas gespart worden sein. Unterschieden wird hier aber noch nicht zwischen größeren (Industrie) und kleineren (Haushalt und Gewerbe) Gasverbrauchern. Es ist ein Blick auf die Gesamtheit.

Noch etwas deutlicher wird der Einspar-Effekt, wenn man den Verbrauch ab Januar 2022 in direkte Relation zum Referenzzeitraum setzt, also die Frage stellt, wie viel Prozent weniger Gas seit Beginn der Krise verbraucht wurde. Es zeichnet sich ein Bild, das zeigt, dass die Einsparungen im Laufe des vergangenen Jahres tendenziell immer größer wurden, im November wurde 30 Prozent weniger Gas verbraucht als zuvor üblich, sogar temperaturbereinigt.

Es gibt aber deutliche Unterschiede zwischen kleineren und größeren Gasvebrauchern. Die kleineren werden oft mit SLP abgekürzt. Das steht für Standardlastprofil und umfasst alle Verbraucher mit einem Jahresverbrauch unter 100.000 Kilowattstunden, also vor allem Haushalte und kleine bis mittlere Gewerbe.

Bei einem Verbrauch über 100.000 kWh müssen dann sogenannte RLM-Zähler (Registrierende Leistungsmesser) installiert werden, die nicht nur einmal im Jahr abgelesen werden, sondern stündlich ihre Verbrauchswerte schicken. Solche Großverbraucher findet man fast ausschließlich in der Industrie, weshalb die Bundesnetzagentur zwar eigentlich zwischen SLP und RLM unterscheidet, das Ganze zum besseren Verständnis aber "Haushalt und Gewerbe" bzw. "Industrie" nennt.

Wenn man sich nun den wöchentlichen (nicht temperaturbereinigten) Verbrauch 2022 in beiden Gruppen anschaut, sieht man deutliche Unterschiede. Bei der Industrie ist es eine viel gleichmäßigere Kurve mit nahezu ständigen Einsparungen gegenüber dem Referenzzeitraum. Bei Haushalt und Gewerbe hingegen gibt es extreme Schwankungen, in insgesamt fünf Phasen seit Beginn des Ukraine-Krieges sogar mit einem größeren Gasverbrauch 2022 als in den Vorjahren.

Nun kommt aber wieder die Temperatur ins Spiel. Wir vergleichen die monatlichen Temperaturabweichungen (2022 gegenüber Referenzzeitraum 2018 bis 2021) mit den monatlichen Gas-Einsparungen. Zu erwarten wäre, dass wenn die Temperatur höher als gewöhnlich war, auch die Gas-Einsparungen höher waren.

In der Industrie wird Gas aber nur selten zum Heizen von Räumen eingesetzt und erfüllt meist andere Zwecke. Und so sieht man kaum eine Abhängigkeit der Gas-Einsparung von der Temperatur. In jedem einzelnen Monat des Jahres 2022 wurde in der deutschen Industrie im Vergleich zum Durchschnitt von 2018 bis 2021 Gas eingespart. Mal etwas mehr, mal etwas weniger, aber immer fast komplett unabhängig von der Durchschnittstemperatur. Selbst wenn die viel niedriger war als im Bezugszeitraum, wirkte sich das aufs Gas-Sparen so gut wie gar nicht aus.

Anders in Haushalt und Gewerbe, wo ein Großteil des Gases zum Heizen von Wohn- und Arbeitsräumen eingesetzt wird. Hier waren die vergleichsweise kalten Monate April, September und Dezember auch beim Gasverbrauch zu spüren, im April so gar so stark, dass mehr verbraucht wurde als in den Vorjahren.

Mit Blick auf das Jahresende können sich aber auch die Gas-Kleinabnehmer auf die Schulter klopfen. Obwohl September und Dezember kälter als durchschnittlich in den vier Vorjahren waren, wurde weniger Gas verbraucht.
Und so kann die Eingangsfrage, ob auch bei Kälteeinbrüchen Gas gespart werden kann, letztlich mit einem klaren Ja beantwortet werden. In der Industrie sowieso, aber auch Haushalte und Gewerbetreibende haben Ende 2022 gezeigt, dass es geht.

Studien / Links

Bundesnetzagentur: Aktuelle Lage der Gasversorgung in Deutschland

(rr)

Senkrecht ausgerichtete Solarmodule stehen auf einer hügeligen Wiese, im Hintergrund ist Wald zu sehen. mit Video
Senkrecht aufgestellte, zweiseitige Solarzellen wie diese Anlage im Saarland, können vor allem morgens und abends flach einstrahlende Sonne zur Stromerzeugung nutzen. So lässt sich der Bedarf an Stromspeichern reduzieren. Bildrechte: Next2Sun