NEUE ENERGIE FÜRS KLIMA #3 Wie viel das 9-Euro-Ticket für Klima und Mensch bringt
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28. April 2022, 14:00 Uhr
Für neun Euro den ÖPNV nutzen – das soll ab dem 1. Juni 90 Tage lang gehen und 2,5 Milliarden Euro kosten. Die Idee der Politik ist als Reaktion auf Russlands Krieg gegen die Ukraine gedacht, soll Pendler entlasten und Menschen zum Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel bewegen. Kann das gelingen? Wie viel CO2 würde es einsparen, wenn alle Pendler auf den ÖPNV umsteigen? Welche Effekte kann das langfristig haben und wie müsste sich der ÖPNV ändern?
Wie mobil die Menschen in Deutschland und wo sie unterwegs sind, das wissen wir. An einem Mangel an Zahlen und Fakten kann es also nicht liegen, dass der ÖPNV in Deutschland nicht besser ausgebaut ist. Denn die Deutschen und ihre Wege zur Arbeit werden gut gezählt.
Das Statistische Bundesamt sagt, dass 2020 68 Prozent der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit dem Auto zur Arbeit gependelt sind. Mehr als 14 Prozent fahren mit U-Bahn, Bus, Straßenbahn, S-Bahn oder Eisenbahn, zehn Prozent fahren mit dem Fahrrad und sechs Prozent gehen zu Fuß.
Etwa die Hälfte der Pendler ist zehn bis 30 Minuten unterwegs, fast 23 Prozent bis zu einer Stunde. Die meisten Erwerbstätigen (30 Prozent) legen zur Arbeit eine Strecke von zehn bis 25 Kilometer zurück; 25 Prozent sind weniger als fünf Kilometer unterwegs.
Das wissen wir über Pendler
Das Statistische Bundesamt weiß für jeden Landkreis auch,
- wie viele Menschen in der Nähe von Haltestellen wohnen: In Sachsen und Sachsen-Anhalt über 90 Prozent; in Thüringen etwas weniger
- wie lange ein Auto bis zum nächstgrößeren Ort benötigt: In großen Teilen Sachsen-Anhalt sind das mehr als 25 Minuten, in Sachsen und Thüringen sind diese Flächen nicht ganz so groß.
- wie weit es die Menschen in Deutschland mit dem Auto zum nächsten Supermarkt haben: in einigen dünn besiedelten Regionen in Sachsen-Anhalt und Thüringen brauchen manche bis zu 30 Minuten.
Und das Amt weiß auch, wie lange wir mit dem Auto zur nächsten Grundschule, zur nächsten Schule bis Klasse 10 oder zur nächsten Schule bis zum Abi, zum nächsten Hausarzt, zur nächsten Apotheke, zum nächsten Krankenhaus mit Grundversorgung oder zum nächsten Krankenhaus mit Schwerpunkt- oder Maximalversorgung brauchen.
Selbst die Bundesagentur für Arbeit hat Pendler-Daten: Sie kann sie sogar räumlich aufteilen, führt eine Statistik auf Landkreisebene, zählt, dass Pendler durchschnittlich knapp 17 Kilometer unterwegs sind und weiß auch, wie viele Beschäftigte in einem anderen Landkreis arbeiten. (Was diese Statistik aber nicht kennt: Die Pendler innerhalb eines Landkreises.)
Top3 der Pendler-Landkreise in Sachsen-Anhalt
Die drei Landkreise in Sachsen-Anhalt mit dem höchsten Anteil der Beschäftigten, die zum Arbeiten in andere Landkreise fahren (Auspendler):
- Saalekreis 54,2 Prozent
- Landkreis Börde 47,8 Prozent
- Landkreis Jerichower Land 45,8 Prozent
Die drei Landkreise in Sachsen-Anhalt mit dem höchsten Anteil an Beschäftigten, die zum Arbeiten in diese Landkreise kommen (Einpendler):
- Saalekreis 49,4 Prozent
- Halle 42,1 Prozent
- Magdeburg 41,1 Prozent
Top3 der Pendler-Landkreise in Sachsen
Die drei Landkreise in Sachsen mit dem höchsten Anteil der Beschäftigten, die zum Arbeiten in andere Landkreise fahren (Auspendler):
- Landkreis Leipzig 51,5 Prozent
- Landkreis Nordsachsen 46,8 Prozent
- Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 44,2 Prozent
Die drei Landkreise in Sachsen mit dem höchsten Anteil an Beschäftigten, die zum Arbeiten in diese Landkreise kommen (Einpendler):
- Chemnitz 44,2 Prozent
- Nordsachsen 42,3 Prozent
- Landkreis Leipzig 36,0 Prozent
Top3 der Pendler-Landkreise in Thüringen
Die drei Landkreise in Thüringen mit dem höchsten Anteil der Beschäftigten, die zum Arbeiten in andere Landkreise fahren (Auspendler):
- Landkreis Weimarer Land 56,3 Prozent
- Saale-Holzland-Kreis 54,1 Prozent
- Landkreis Greiz 50,3 Prozent
Die drei Landkreise in Thüringen mit dem höchsten Anteil an Beschäftigten, die zum Arbeiten in diese Landkreise kommen (Einpendler):
- Suhl 53,2 Prozent
- Weimar 51,2 Prozent
- Jena 46,8 Prozent
ÖPNV-Umstieg: So viel CO2 lässt sich sparen
Auf Anfrage von MDR WISSEN kann das Umweltbundesamt sehr schnell berechnen, wie viel Kohlendioxid sich einsparen lässt, wenn von heute auf morgen alle Pkw-Pendler auf Busse und Bahnen umsteigen würden:
21,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid würden weniger in die Atmosphäre gelangen.
Jedenfalls hypothetisch und rein rechnerisch, wie das Umweltbundesamt schreibt: "Derzeit würden nämlich die Kapazitäten im öffentlichen Verkehr bei Weitem nicht ausreichen, um alle Berufspendler und -Pendlerinnen aufzunehmen." Das Umweltbundesamt empfiehlt daher Homeoffice, zu Fuß gehen oder Radfahren. "Außerdem wird auch in Zukunft ein Teil der Berufswege mit dem motorisierten Individualverkehr zurückgelegt werden, idealerweise elektrisch."
Wie viel Kohlendioxid lässt sich sparen, wenn alle Pkw-Pendler auf den ÖPNV umsteigen? Die ausführliche Berechnung des Umweltbundesamtes.
"Die Frage zur Verlagerung aller Pkw-Berufswege auf den ÖPNV lässt sich zumindest rein hypothetisch beantworten. Grundsätzliche müssen die eingesparten Emissionen im motorisierten Individualverkehr den Mehremissionen im öffentlichen Verkehr gegenübergestellt werden.
Im Jahr 2018 waren laut der Veröffentlichung "Verkehr in Zahlen" des Verkehrsministeriums rund 18 Prozent der gesamten Verkehrsleistung im motorisieren Individualverkehr von 913,3 Milliarden Personenkilometern (pkm) beruflich bedingt. Das sind rund 164,6 Milliarden pkm (Quelle BMVI, S. 225).
Die durchschnittlichen Emissionen (in CO2-Äquivalente) eines Pkw liegen bei 154 g/pkm (bei einem Besetzungsgrad von 1,4 Personen/Pkw). Im Berufsverkehr liegt der Besetzungsgrad von Pkw bei rund 1,1 Personen statt durchschnittlich rund 1,4 Personen. Damit steigen die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen eines Pkw auf beruflichen Wegen auf 196 g/pkm. In Summe stoßen Personen auf beruflichen Wegen damit im Jahr 2018 rund 32,2 Millionen Tonnen CO2-Äqivalente aus.
Würden die 164,4 Milliarden pkm im Öffentlichen Verkehr zurückgelegt (Annahme: 30% Linienbus, 30% Straßen-, S- und U-Bahn, 30% Schienennahverkehr, 10% Schienenfernverkehr) würden diese Wege rund 10,9 Millionen Tonnen CO2-Äqivalente ausstoßen (Quelle UBA, für spezifische Emissionen der Verkehrsmittel in 2019). In Summe wäre die Einsparung durch Verlagerung rund 21,3 Millionen Tonnen CO2-Äqivalente."
Wie hoch der CO2-Ausstoß einzelner Verkehrsmittel im Personenverkehr ist, weiß das Umweltbundesamt auch und kann je nach Auslastung des Verkehrsmittels zeigen, wie viel Gramm Treibhausgase pro Personenkilometer ausgestoßen werden.
Laut Umweltbundesamt haben Autofahrten einen Anteil von 57 Prozent an allen Wegen, sind aber für 75 Prozent der Treibhausgasemissionen im Verkehr verantwortlich.
All die Daten, Zählungen und Messungen zeigen: Die Menschen in Deutschland haben überall die gleichen Dinge zu erledigen: Sie müssen zur Arbeit, zur Schule, zum Supermarkt, zum Sport. Sie tun dies nur mit verschiedenen Verkehrsmitteln. Je dörflicher sie leben, umso häufiger sind sie automobil unterwegs.
Wissen kann den ÖPNV besser machen
Es gibt in Deutschland also kein Erkenntnisproblem, wenn es darum geht, wie wir hierzulande unterwegs sind, um zu arbeiten oder Besorgungen zu erledigen oder wie viel Kohlendioxid mithilfe des ÖPNV eingespart werden könnte. Wenn das große Ziel aber ist, mehr Menschen mit Bussen und Bahnen zu transportieren, gibt es offenbar ein Umsetzungsproblem.
Das stimmt, sagt Dr. Jürgen Gies vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu): "Aus der Forschung wissen wir, was wir zu tun hätten. Die Konzepte und Alternativen liegen auf dem Tisch. Der Privat-Pkw kann von einem Puzzle unterschiedlicher Angebote ersetzt werden." Dazu würde der klassische ÖPNV gehören, ergänzt zum Beispiel durch Ruf-Busse (so genannte On-Demand-Angebote), Carsharing und eine bessere Infrastruktur für Radfahrer.
Das können Fahrradabstellmöglichkeiten vor großen Supermärkten und Bahnhöfen sein oder auch Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Landstraßen. "Wir können nicht überall Radwege parallel bauen. Gerade schwächer befahrene Landstraßen müssen auch gemeinsam von Fahrradfahrern und Autos benutzt werden können, um die Fahrradnutzung interessanter zu machen", sagt Gies vom Difu, dem nach eigenen Angaben größten Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum, das Kommunen wissenschaftlich berät.
Bequemes aber teures Auto
Das Auto ist derzeit wohl verlockend bequem. Das liegt daran, dass in den vergangenen Jahrzehnten Mobilität sehr stark auf die Autonutzung zugeschnitten war. "Wir haben Gewohnheiten entwickelt. Das Auto ist sehr bequem, viele Haushalte haben auch mehrere Autos. Und Gewohnheiten ändern sich sehr schwer. Dafür braucht es einen Anlass", sagt Gies. Ein solcher Anlass könnten die derzeit steigenden Kosten für Benzin und Diesel sein.
Und natürlich ist der ÖPNV nicht so bequem, nicht spontan und kurzfristig. Er erfordere auch mehr Planung, sagt Gies. Aber: "Demgegenüber stehen die hohen Kosten des privaten Autos: Es anzuschaffen und vorzuhalten ist eben teuer. Und die Nutzung ist gerade in den vergangenen Wochen sehr viel teurer geworden." Ob aber das Neun-Euro-Ticket, das sich die Bundesregierung ausgedacht hat, helfen kann, mehr Menschen vom ÖPNV zu überzeugen? Der Experte vom Deutschen Institut für Urbanistik ist skeptisch.
Was Wissenschaftler zum Neun-Euro-Ticket sagen
Das Neun-Euro-Ticket für 90 Tage ist entstanden, weil Pkw-Fahrer entlastet werden sollten und Politikerinnen und Politiker diese Entlastung auch ÖPNV-Nutzerinnen und -Nutzer weitergeben wollten, sagt Gies. Aber der Preis allein ist nicht entscheidend, sagt Gies: "Nur über den Preis zu versuchen, die Menschen zum ÖPNV zu bringen, ist ein Fehlschluss."
Das Neun-Euro-Ticket wird überall dort mehr Nachfrage erzeugen, wo der ÖPNV heute schon gut ist.
"Aber in Regionen, wo er heute nur schwach genutzt wird, wird es kaum Auswirkungen haben." Vor allem in großen Städten mit gut ausgebautem ÖPNV könnte das Neun-Euro-Ticket also Menschen vom ÖPNV überzeugen.
Das Neun-Euro-Ticket wird für viele Menschen in Deutschland also vermutlich wenig attraktiv sein: Denn die meisten Menschen in Deutschland (55 Millionen) leben in ländlichen Gegenden außerhalb von Städten und Ballungsräumen, wo es keinen so guten ÖPNV gibt. Das schreibt ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn in einer Analyse, in der sie die Entfernung zur Haltestelle und die Frequenz der Abfahrten dort kombiniert.
Besser als das Neun-Euro-Ticket jetzt fand Gies das Abo-Upgrade im vergangenen Jahr. Im September konnte jeder, der eine Monatskarte hatte, den ÖPNV deutschlandweit nutzen. "Das war wirklich sehr einfach gehalten, hatte aber eine andere Absicht als die Entlastung der Pendler mit dem Neun-Euro-Ticket jetzt", sagt Gies, der sich für seine Dissertation auch den Schienenpersonennahverkehr in Sachsen-Anhalt genauer angeschaut hat.
Ähnlich skeptisch ist Friederike Pfeifer. Sie arbeitet für das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), einem An-Institut der Universität Greifswald: "So drastisch reduzierte Tickets können einen kurzfristigen Anreiz bieten. Aber langfristig bedarf es einer besseren Finanzierung des ÖPNV." Das Geld fehlt mitunter auch, weil Expertise in den Kommunen und Landkreisen fehlt, um an Geld zu kommen.
Viele Gelder, die zur Verfügung stehen, werden oft gar nicht abgerufen und gelangen nicht an die richtige Stelle.
ÖPNV verlässlicher – Auto fahren unattraktiver machen
ÖPNV kostenlos oder günstiger machen, reicht allein also nicht aus. Das Angebot muss verbessert und mit anderen Verkehrsmitteln vernetzt werden. "Nur so entsteht das Gefühl, sich auf das Angebot verlassen zu können. Das gilt sowohl für die Verfügbarkeit von Carsharing-Fahrzeugen, aber auch für den Linienverkehr", sagt Gies. Vertrauen die Menschen dem ÖPNV und nehmen ihn als verlässlich wahr, sind sie bereit, ihr Verhalten zu ändern, ist Gies überzeugt.
Pfeifer und Gies: Beispiele für guten und schlechten ÖPNV
Friederike Pfeifer vom IKEM nennt die Elektrobusse der Verkehrsbetriebe Ludwigslust-Parchim als gutes Beispiel, wie sich der ÖPNV in einem flächenreichen und dünn besiedeltem Landkreis in Mecklenburg-Vorpommern gestalten lässt.
Jürgen Gies vom Difu nennt das Projekt "Muldental in Fahrt" im Landkreis Leipzig als gutes Beispiel. "Da hat man das Angebot deutlich verbessert und den Stadtbusverkehr eingeführt." Auch Vorarlberg in Österreich hat einen Stadtbusverkehr geschaffen und gute Erfahrungen gesammelt. Der flexible ÖPNV im Landkreis Vechta hat dort überhaupt erst mal einen ÖPNV für jedermann geschaffen. Davor war es nur der reine Schülerverkehr.
Als Negativ-Beispiel führt Gies einen Landkreis in Rheinland-Pfalz an, in dem ein Betreiberwechsel massive Probleme bereitet habe. Dort kannte das Fahrpersonal die Routen nicht. "So darf man es nicht machen, denn wenn man auf das Auto verzichten will, muss das Angebot verlässlich sein."
Auf der anderen Seite lässt sich das Autofahren unattraktiver machen: Citymaut, hohe Parkgebühren oder Tempolimit sind Beispiele, die der wissenschaftliche Dienst des Bundestages aus einer Simulationsstudie der Uni Dortmund zitiert.
ÖPNV-Expertise schaffen
Friederike Pfeifer vom IKEM hat auch noch einen anderen Tipp, den ÖPNV attraktiver zu machen: Landkreise und Kommunen können ÖPNV-Experten einstellen, die sich um die Vernetzung der verschiedenen Mobilitätsträger kümmern. "So bekommen Landkreise eine Informations- und Deutungshoheit darüber, welche ÖPNV-Angebote, welche Sharing-Angebote, welche Radverkehrsangebote es bei ihnen gibt."
Eine solche Vernetzung sei mittlerweile auch rechtlich einfacher, sagt die gelernte Juristin Pfeifer. "Seit der Novelle des Personenbeförderungsrechts im vergangenen Jahr gibt es zum Beispiel eine rechtliche Grundlage für Mobilitäts- und Echtzeitdaten." Das ist zum Beispiel für Projekte mit autonomen Fahrzeugen wichtig. Außerdem könnten jetzt On-Demand-Dienste regulär in den ÖPNV eingebunden werden und gelten nicht mehr als Einzelfall-Experimente.
Auch Jürgen Gies vom Difu sieht es als wichtige Aufgabe, dass die ÖPNV-Angebote besser vermittelt und kommuniziert werden: "Man muss den Menschen, für die der ÖPNV nicht selbstverständlich ist, viel erklären." Schließlich ist das ÖPNV-Tarifsystem in Deutschland sehr komplex.
Komplex sind auch die politischen Entscheidungen und Verwaltungsvorgänge rund um den ÖPNV. In der Studie "Mobilitätswende 2030" des Fraunhofer-Instituts findet sich der schöne Satz, dass Verkehrsunternehmen ihren Fokus weniger darauf setzen sollten, "Busse durch die Gegend zu fahren, sondern darauf, Menschen bestmöglich an ihr Ziel zu bringen".
Auch beim Verkehr: Der Mensch im Mittelpunkt
Nicht Busse fahren lassen, sondern Menschen zu ihrem Ziel zu transportieren, sollte das selbstverständliche Ziel eines ÖPNV sein. Die Studie des Fraunhofer-Instituts nennt sogar ein negatives Beispiel, das das unterstreicht: Bei einer neuen Routenführung fiel einem Busfahrer am ersten Tag auf, dass ein Ortsteil nach dem neuen Plan nicht mehr angefahren würde. Er wusste aber, dass dort mehrere Schulkinder warteten, fuhr den Umweg und die Kinder kamen pünktlich zur Schule. Das Busunternehmen erhielt vom Landkreis allerdings eine Vertragsstrafe für die Routenabweichung und die geringe Verspätung.
Die Fraunhofer-Studie und auch die Verkehrsexperten vom Difu und IKEM setzen für ländliche Regionen auf Busse, weil sie problemlos eingesetzt werden können. Das können zukünftig mehr Elektrobusse sein oder sogar autonome Shuttles – selbst auf die Gefahr hin, dass solche autonomen Fahrzeuge mitunter leer fahren, sagt Friederike Pfeifer vom IKEM: "Denn es macht einen großen Unterschied, ob ein autonom fahrendes Shuttle mit vier Plätzen eine Leerfahrt hat oder ein Bus mit 40 Plätzen, der jeden Tag drei Leerfahrten hat."
Fazit der Fraunhofer-Studie: "Vieles ist schon da, und meist mangelt es nicht an der Technologie, sondern an der Umsetzung. Der Wille zur Veränderung ist gegeben." Die Innovationskraft warte nur darauf, freigesetzt zu werden und auch die Verkehrsunternehmen müssten sich ändern. "Ein neues Verständnis der eigenen Rolle ist nötig und interne Strukturen müssen angepasst werden."
Auch an anderer Stelle sollte es ein ganzheitliches Verständnis geben, meint Jürgen Gies vom Difu und hat dabei neue Bauvorhaben im Blick. Der studierte Geograf sagt: "Man muss zukünftig bei der Siedlungsentwicklung mitdenken, dass Gebiete auch mit anderen Verkehrsmitteln als dem Auto gut erreichbar sein müssen. Wir sollten genauer überlegen, wo zum Beispiel neue Gewerbegebiete entstehen sollen." Das würde bislang zu wenig berücksichtigt.
hansfriederleistner am 29.04.2022
Dieses Ticket gilt nur in der Ferienzeit. Also trifft es die Pendler zur Arbeit auch nicht voll. Auf dem flachen Land ist es doch so, daß nicht überall der Vorteil genutzt werden kann. Da fahren doch gar nicht so viele Züge und Busse, um das Volk zum Reisen anzuregen. Also bleibt nur das Auto als Alternative.
AlexLeipzig am 29.04.2022
Also wenn im Sommer bei 35 Grad weniger Leute mit ihren Autos die Atmosphäre mit Treibhausgasen weiter anheizen, ist das erstmal eine gute Sache. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn es nach den 3 Monaten so weiter ginge...
AlexLeipzig am 29.04.2022
Auch wenn es Sie nervt, wird es trotzdem das bestimmende Thema der Zukunft sein. Es ist ja nicht so, daß wir uns das nicht selbst eingebrockt haben, Tacitus.