Vorschaubild Flächenpotenziale für Windkraft in Sachsen
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Interaktive Karte Sachsen ist vergleichsweise ungeeignet für Windkraftanlagen

22. August 2021, 12:00 Uhr

In Sachsen kommen relativ wenige Gebiete für konfliktfreie Windenergie in Frage. Das zeigt ein wissenschaftlicher Atlas mit potenziellen Flächen für große Windkraftanlagen.

Eine Forschungsgruppe des Instituts für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover (LUH) hat sich fünf Jahre lang mit der Frage beschäftigt, auf welchen Flächen in ganz Deutschland es mit möglichst wenig Konflikten verbunden wäre, wenn man dort große Windkraftanlagen aufbaut.

Die Wissenschaftlerinnen nennen diese Gebiete "Flächen mit geringem Raumwiderstand" und "Flächen mit mittlerem Raumwiderstand".

Stärke der Störungen von Natur und Mensch ergibt Raumwiderstand

Die drei wichtigsten Punkte dabei: Möglichst keine Störung für Natur und Biodiversität (Naturschutzgebiete, Nationalparks etc. scheiden als Standort aus) , möglichst keine akustische Störung für Menschen (gesetzlich vorgeschriebene Abstände von Siedlungen) und möglichst keine optische Störung für Menschen (z.B. in wichtigen Naherholungsgebieten). All diese Störungsarten fassen die Erstellerinnen der Daten unter dem Begriff "Raumwiderstand" zusammen.

Außerdem ist wichtig zu erwähnen, dass die Berechnungen anhand eines bestimmten Windkraftanlagentyps gemacht wurden.

Da es sich um eine hohe und vergleichsweise laute Anlage handelt, sind die Puffer/Abstandsflächen entsprechend groß.
Mit anderen Anlagen würden also andere Datensätze entstehen.

Dr. Julia Wiehe, Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover (LUH)

Weniger als vier Prozent taugliche Fläche für Windräder

Deutschlandweit eignen sich laut der Forschungsarbeit etwa 1,5 Prozent der Gesamtfläche besonders gut. Die Forscherinnen nennen das "Flächen mit geringem Raumwiderstand". Auf ihnen sei die Installation von großen Windanlagen weitgehend konfliktfrei möglich.

Hinzu kommen Flächen mit "mittlerem Raumwiderstand", weitere 2,3 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands, wo eine Windenergienutzung nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen unter Anpassung an spezifische Standortgegebenheiten voraussichtlich naturschonend möglich ist.

Die Daten könnten in Zukunft zur Standortsuche für Windenergieanlagen genutzt sowie zur Bestimmung eines bundesweit abgeleiteten Ausbauziels verwendet werden. So könnte besser abgestimmt werden, wo Windkraft überhaupt sinnvoll ist und wo lieber auf Photovoltaik als erneuerbare Energiequelle gesetzt werden sollte. In Kombination mit Wasserkraft, Offshore-Windenergie und Geothermie sei das ein ausreichendes Potenzial für eine hundertprozentige regenerative Energieversorgung.

Landkarte: Diese Flächen in Sachsen eignen sich für neue Windkraftanlagen

Die Wissenschaftlerinnen haben ihre Flächendaten als sogenannte Shapefiles zur Verfügung gestellt. Wir haben daraus eine Karte für Sachsen gebaut, in die Sie beliebig weit hineinzoomen können. So können Sie sehen, ob auch Flächen in Ihrer Region Potenzial für möglichst konfliktfreie Windräder haben.

Violett gefärbte Flächen stehen für "geringen Raumwiderstand", also besonders gut geeignete Gebiete. Gelbe Flächen stehen für "mittleren Raumwiderstand".

Wenn man die Karte Sachsens mit denen von Sachsen-Anhalt und Thüringen vergleicht, fällt auf, dass es in Sachsen deutlich weniger und deutlich kleinere rote und gelbe Flächen gibt. Konfliktfrei nutzbare Gebiete finden sich vor allem im Norden (vom Leipziger Umland bis Riesa), im Erzgebirgsvorland rund um Freiberg sowie in Teilen des Grenzgebiets zu Polen. Aber all diese Gebiete sind vergleichsweise klein.

Mitteldeutschland- und Deutschlandkarte ebenfalls verfügbar

Je umfangreicher die Flächendaten sind, umso mehr verlängert sich die Ladezeit der Karten. Deshalb haben wir uns entschieden, Karten, die mehr als ein Bundesland abbilden, nicht in diesen Artikel einzubetten, sondern für Interessierte gesondert anzubieten.

Hier finden Sie eine gleichartige Karte für ganz Mitteldeutschland, also Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zusammen.

Und hier gibt es eine Deutschlandkarte, auf der allerdings nur die violetten Flächen mit "geringem Raumwiderstand" zu sehen sind. (Die vielen Flächen mit "mittlerem Raumwiderstand" zwingen den Karten-Server in die Knie.)

Außerdem - wenn Sie wissen, wie mit Shapefiles umzugehen ist - können Sie sich hier die Original-Daten der Forschungsgruppe für ganz Deutschland herunterladen.

(rr/idw)

8 Kommentare

MDR-Team am 21.10.2021

@Reiner202,
wie viele Vögel tatsächlich durch Windkrafträder sterben, ist bisher nicht belegt: https://correctiv.org/faktencheck/2019/06/19/keine-belege-dafuer-dass-windraeder-zehntausende-voegel-im-jahr-schreddern/
Davon abgesehen verbirgt sich darin auch ein gewisses Dilemma, wie die Kolleg*innen vom Deutschlandfunk erklären: "Der Ausbau der Windkraft schadet Vögeln und Fledermäusen kurzfristig. Wenn wir aber mittel- und langfristig keine Lösung für den Klimawandel finden, sagt Kathrin Ammermann, dann schadet das Vögeln, Fledermäusen und dem Rotmilan im Speziellen insgesamt." (Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/greifvogel-rotmilan-artenschutz-als-vorgeschobenes-argument.697.de.html?dram%3Aarticle_id=460445&fbclid=IwAR3iTC449j1RwFxkfp2rh5GD15p4-U-PMcNcGbpGxkZJMgz2CxFXXmrDRTY)

Reiner202 am 21.10.2021

Ich frage mich, wo ist die NABU , wo sind die Tierschützer und wo sind die Leute die wegen Umwelt auf die Straße gehen . Wo sind die Leute. Wenn eine Straße gebaut wird sind sie da, da Läuft eine rote Ameise über die Straße ,gleich sperren. Aber Greifvögel und andere Jäger können ja ihren Navi einschalten dann sehe sie ja die Windräder. Noch dazu verunstalten sie unsere Landschaft.

Rainer Ebeling am 26.08.2021

Wer sich mit Regionalplanung befasst weiß, dass diese Datengrundlage für die Praxis nicht taugt und sie erweckt falsche Hoffnungen in der Politik. Eine weitgehende Installation von Windkraftanlagen ist im dichtbesiedelten Deutschland nicht möglich.
Zur Beurteilung der Ausbauflächen müssen Kriterien für Mensch, Natur und Landschaft definiert werden. Und genau hier liegt das Problem. Diese Kriterien sollen dem Ausbauzielen angepasst werden. Es sollen Abstände zu Häusern verringert werden, nicht mal Minimalabstände von 10-fachen der Anlagenhöhe will man gewähren. Welche Abstände wurden dieser Studie zu Grunde gelegt? Das BNatSchG wurde bereits angepasst, da immer noch nach das Tötungsverbot für geschützte Arten gilt. Konkret bedeutet es, dass auch außerhalb von Schutzgebieten sensible Arten leben und ihre Niststätten haben, die es zu schützen gilt. Diese Karte erweckt den Eindruck, als sei dies Technologie weitgehend konfliktfrei umzusetzen. Mitglied der Regionalversammlung Brandenburg