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Das MDR Klima-Update | Freitag, 25. Februar 2022Früher war mehr Winter

25. Februar 2022, 11:00 Uhr

Das MDR Klima-Update: Es ist bewiesen, früher war mehr Winter. Doch nicht nur in Mitteldeutschland, auch in der Antarktis geht der Schnee zur Neige. Schuld daran sind auch Forscher.

von Max Schörm

Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

knapp einen Monat ist es noch bis zum Frühlingsanfang, der Winter sollte also eigentlich auf seinem Höhepunkt sein. Sollte. Eigentlich. Denn die Schnee- und Frosttage werden immer weniger, wie eine MDR-Datenanalyse zeigt. Weniger Schnee gibt es aber nicht nur in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, sondern auch an der Antarktis. Warum daran ausgerechnet Forscher eine Mitschuld haben sollen, dazu später mehr.

So verändert der Klimawandel den Winter

Beginnen wollen wir allerdings in unserer Region. Eine Datenanalyse des MDR zeigt, dass die Zahl der Tage mit Schnee deutlich abnimmt. Wärmere Temperaturen – nicht nur in Mitteldeutschland, sondern in ganz Deutschland – haben dafür gesorgt, dass in den letzten Jahrzehnten nicht nur weniger Schnee fällt, sondern auch der gefallene Schnee schneller wieder wegschmilzt. Sozusagen doppelt schlecht. Das betrifft vor allem das Tiefland. In höheren Lagen über 800 Meter sind bislang kaum Änderungen sichtbar.

Doch nicht nur Schneetage sind Indikatoren für die Strenge eines Winters: Temperaturveränderungen im Winter werden auch anhand des Rückgangs der Frost- und Eistage sichtbar. Gibt es einen Rückgang dieser Eis- und Frosttage, deutet das auf milder werdende Winter hin.

Wie viele Frost- und Eistage es in Ihrer Gemeinde in den vergangenen Jahren gab, können Sie für Thüringen hier nachschauen, für Sachsen-Anhalt finden Sie die Daten hier.

Und die Prognose für die Zukunft sieht leider überhaupt nicht rosig – oder eisig – aus: Das Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz in Thüringen hat berechnet, wie sich die Temperaturen in den kommenden 80 Jahren entwickeln werden: "In den Höhenlagen Thüringens über 800 Meter wird die Anzahl an Eistagen Werte erreichen, wie sie heute im Raum Stuttgart-Karlsruhe herrschen."

Wärmere Winter – neue Gäste

Diese Veränderungen wirken sich auch auf die Tierwelt aus. So verändern laut Diplombiologe Stefan Fischer von der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby Zugvögel ihr Zugverhalten. Kraniche etwa, die normalerweise im Warmen überwintern, verzichten zum Teil sogar komplett auf den kräftezehrenden Flug und bleiben selbst während der Wintermonate in hiesigen Gefilden. Fischer hält es sogar für möglich, dass sich manch hiesige Arten, die derzeit noch als Zugvögel gelten, zu echten Standvögeln entwickeln. Was das für das Ökosystem bedeutet, ist schwer vorherzusagen.

Doch es bleiben nicht nur mehr Tierarten länger bei uns – wir bekommen auch ganz neue Gäste. Die Asiatische Tigermücke bereitet sich nach Norden aus. Sie wurde schon in Thüringen gesehen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden sicher auch bald erreicht. Das Problem: Die Mücke ist sehr aggressiv, sticht auch am Tage und überträgt viele Viren. So kam es laut Helge Kampen, Biologe am Friedrich-Loeffler-Institut bereits in Südeuropa zu Ausbrüchen von Chikungunya- und Dengue-Fieber.

Schwarzer Kohlenstoff vs. weißer Schnee

Mit schmelzendem Schnee hat auch die Antarktis zu kämpfen. Laut dem Fachjournal "Nature Communications" hat die gestiegene menschliche Präsenz auf dem antarktischen Kontinent auch zu einer starken Zunahme des schwarzen Kohlenstoffs dort geführt. Dadurch kann in den am stärksten betroffenen Gebieten die Schneedecke jeden Sommer um bis zu 23 Millimeter zurückgehen. 
Jetzt wirkt die Antarktis sicher nicht wie ein Besuchermagnet vergleichbar mit Mallorca – allerdings besuchen immerhin rund 53.000 Menschen jedes Jahr die eisigen Gefilde. Und die Forschungsstationen sind permanent besetzt.

Einige Forschende um Sarah Feron stellten fest, dass der Schnee in der Nähe von Forschungsstationen und an Stellen, an denen Touristen ankamen, mehr schwarzen Kohlenstoff enthält als der Schnee von weiter entfernten Orten.

Schwarzer Kohlenstoff entsteht bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Durch ihn wird Sonnenlicht absorbiert und die Erderwärmung beschleunigt. Wenn sich der schwarze Kohlenstoff auf Schnee absetzt, wird zudem die dortige Wärme eingefangen und die Schmelze verstärkt.

Deshalb sind laut den Experten Maßnahmen nötig, um die Zunahme des schwarzen Kohlenstoffs zu begrenzen. Denkbar sind zum Beispiel Hybrid- oder Elektroantriebe für die Schiffe, die die Touristen – und Forscher – zur Antarktis bringen.

Stromrekord durch Stürme

Langsam klingen die Winde wider ab, doch das stürmische Wetter hat auch einen positiven Effekt. Die Stürme haben für eine Menge Öko-Strom gesorgt. Ylenia, Zeynep und Antonia haben nach Angaben des Energiekonzern Eon für Rekordwerte bei der Produktion von Windstrom gesorgt. Während des Sturms Ylenia hatten deutsche Windräder an Land und auf See bis zu 47,12 Gigawatt produziert. Das entspricht der Leistung von rund 33 mittelgroßen Atomreaktoren.

Der Anteil des Windstroms am Stromverbrauch in Deutschland betrug laut den Schätzungen im Februar bis zu 50 Prozent. Damit kam jede zweite Kilowattstunde aus der Steckdose von Windrädern.

Was außerdem los war

 Zum Schluss

Zum Abschluss blicken wir noch nach Osten: Welche Auswirkungen der Krieg in der Ukraine auf Energieversorgung und Energiewende in Deutschland hat erklären wir in diesem FAQ.

Am Montag wird der Bericht des Weltklimarats veröffentlicht. Er zeigt, wie sehr Mensch und Natur auf der ganzen Welt leiden, wenn wir den Klimawandel nicht bremsen und wie wir die Risiken verringern können.

Dann ist Florian Zinner mit einer neuen Ausgabe des MDR-Klima-Updates für Sie da. 

Mit freundlichen Grüßen

Max Schörm

 

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