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DAS MDR KLIMA-UPDATE | FREITAG, 12. November 2021Sind die Ergebnisse der Weltklimakonferenz ausreichend?

12. November 2021, 11:00 Uhr

Das MDR Klima-Update: Die 26. Weltklimakonferenz endet am heutigen Freitag. Wie sehen die Ergebnisse aus und was bedeuten sie für die Zukunft? Außerdem: Wie ein Dorf in Thüringen sich selbst mit Strom und Energie versorgt.

Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

wenn Sie die Weltklimakonferenz in den vergangenen Tagen verfolgt haben, dann werden Sie bereits wissen, dass heute ein äußerst wichtiger Tag ist. Die COP26 geht an diesem Freitag offiziell zu Ende und das bedeutet, dass die wichtigsten Entscheidungen, wie es mit den Klimazielen weitergehen soll, so gut wie getroffen sind. Die offizielle Erklärung soll am Abend folgen, sofern die Konferenz nicht doch in die Verlängerung geht.

Im heutigen Klima-Update wollen wir uns deshalb anschauen, was in den letzten Tagen der COP26 passiert ist und was das für die Zukunft bedeutet. Außerdem geht es um ein Dorf in Thüringen, das sich komplett selbst mit Strom und Wärme versorgt. Zunächst möchte ich Ihnen aber das unten stehende Video empfehlen, das sich mit einer Thematik beschäftigt, die für die Klimaneutralität Deutschlands essenziell ist: klimaneutrales Wohnen. Eine Mammutaufgabe, die bisher viel zu wenig im Fokus steht. Dabei ist sie eine echte Herausforderung – finanziell aber auch bautechnisch.

Die Weltklimakonferenz geht heute zu Ende - Was haben die Staaten erreicht?

Seit dem 31. Oktober haben sich in Glasgow Experten und Politiker aus 197 Ländern versammelt, um über den Klimawandel und die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu beraten. Sicherlich hat der ein oder andere von Ihnen die Nachrichten zur UN-Klimakonferenz in unserem Ticker mitverfolgt. Auch mein Kollege Florian Zinner hat Ihnen vergangene Woche im Klima-Update bereits einen Zwischenstand geliefert, der schon angedeutet hat, wohin die Reise gehen wird.

Zu Erinnerung: Hundert Staaten haben sich verpflichtet, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen. Auch einer Initiative der EU und der USA zur Minderung von Methan-Emissionen haben sich achtzig Staaten angeschlossen. Der Ausstoß soll damit bis Ende des Jahrzehnts um dreißig Prozent reduziert werden. China und Russland, die mit zu den größten Emittenten zählen, schlossen sich allerdings nicht an. Ebenfalls achtzig Staaten hatten zudem angekündigt, die Strominfrastruktur besser verknüpfen zu wollen, um grüne Energie wirksamer zu verteilen.

Der erste Entwurf der Abschlusserklärung lässt noch vieles offen

Am Mittwoch wurde ein erster Entwurf des Abschlussdokuments veröffentlicht. Im Ergebnis will sich die COP26 für schnellere und stärkere Klimaschutzmaßnahmen aussprechen. Die Mitgliedsstaaten seien aufgerufen, ihre Pläne für eine Abkehr von fossilen Energieträgern zu stärken, heißt es im Textentwurf. Dies soll bis 2022 geschehen – drei Jahre früher als ursprünglich geplant.

Der Entwurf ist ein Rahmendokument, in dem alle wichtigen Verhandlungsthemen der COP26 dargestellt werden. Der Plan sei weiterhin, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, heißt es darin. Neue Prognosen des Climate Action Trackers (CAT), die am Dienstag veröffentlicht wurden, bieten jedoch Anlass zur Sorge. Wenn die Zusagen aller Staaten bis 2030 umgesetzt würden, klettere die Erderwärmung laut den Forschern bis zum Ende des Jahrhunderts immer noch um etwa 2,4 Grad.

Im Überblick nun die wichtigsten Dinge, die auf der COP26 bereits entschieden wurden.

🚙 Mobilität

Sechs große Autohersteller wollen bis 2040 die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren einstellen - darunter Mercedes-Benz, Volvo, Ford und General Motors. Zudem wollen sich mehr als 20 Staaten auf ein Enddatum für den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren festlegen. Mit dabei sind unter anderem Großbritannien, Kanada, Mexiko und Indien. Außerdem beteiligen sich zahlreiche Unternehmen, die in die Autoindustrie investieren und eigene Wagenflotten besitzen - beispielsweise Eon, Unilever und Ikea.

Die beteiligten Regierungen wollen demnach darauf hinarbeiten, dass alle Verkäufe von neuen Autos und leichten Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2040 weltweit emissionsfrei sind. Deutschland hat nicht unterschrieben. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erklärt, die Verbrennungstechnologie werde weiterhin gebraucht und betont: "Wir wollen sie mit synthetischen Kraftstoffen klimaneutral machen und die Vorteile der Technologie erhalten."

Der "Allianz für mehr Klimaschutz im Luftverkehr" hatte sich Deutschland am Mittwoch spontan doch noch angeschlossen, nachdem die Bundesregierung zunächst das Signal vermittelt hatte, der Erklärung nicht beitreten zu wollen. Weitere 14 Staaten hatten sich bereits dazu bekannt, ihre Emissionen in der Luftfahrt zu reduzieren, sodass bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden kann.

Auch der Schiffsverkehr soll klimafreundlicher werden. Rund 20 Staaten inklusive Deutschland bekannten sich in der "Clydebank-Erklärung" dazu, bis Mitte der 2020er mindestens sechs Null-Emissions-Schiffsrouten zu etablieren. Bis 2030 sollen weitere folgen.

🔋Energie

Oben habe ich bereits die Pläne für eine Abkehr von fossilen Energieträgern erwähnt. Deutschland hat sich einer Initiative für den Ausstieg aus der Finanzierung fossiler Energien im Ausland bis 2022 angeschlossen. Am vergangenen Donnerstag hatten bereits die USA und etwa 20 weitere Länder angekündigt, sich bis Ende kommenden Jahres aus der Finanzierung von Kohle-, Erdöl- und Erdgasprojekten im Ausland zurückzuziehen.

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth erklärte in Glasgow, dass Deutschland länger benötigt habe, um zuvor weitere Einzelheiten zu klären. Konkret ging es um die Investition in die Gasinfrastruktur, die in Einzelfällen weiterhin möglich sein solle. Sinnvoll sei dies laut Flasbarth, für die Überbrückung nach dem Kohleausstieg und die Produktion von grünem Wasserstoff.

💸 Finanzierung

Die Finanzierung war einer der Knackpunkte der COP26 und bleibt auch ein wichtiger Punkt im Textentwurf zur Abschlusserklärung. Darin wird bemängelt, dass die wohlhabenden Staaten ihr Versprechen nicht einhalten konnten, die 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, die es für die Finanzierung der ärmeren und direkt vom Klimawandel betroffenen Länder jährlich benötige.

Immerhin kamen während der 26. Weltklimakonferenz 413 Millionen Dollar an Spenden für den "Least Developed Countries Fund" zusammen, der diese Länder seit 2001 unterstützt. Sie stammen von zwölf Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland, USA, Frankreich und Schweden.

🤝 Zusammenarbeit

Die Klimakrise lässt sich nur gemeinsam bewältigen. Deshalb war die internationale Zusammenarbeit auch eines der wichtigsten Ziele der COP26. Ganz in diesem Zeichen haben China und die USA am Mittwoch überraschend eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie sich auf einen grundlegenden Rahmen für eine Zusammenarbeit einigten. Um den Umbau zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft zu erreichen, wolle man ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und eine gemeinsame Arbeitsgruppe einsetzen, heißt es im Statement dazu. Außerdem wollen die beiden Staaten in der ersten Hälfte des kommenden Jahres darüber beraten, wie sie den Methanausstoß reduzieren können.

Das sagen Experten zu den Ergebnissen der COP

Einige Experten hatten sich für den Entwurf stärkere Verpflichtungen für bestimmte Staaten gewünscht und sind der Meinung, dass die Konferenz in Glasgow noch weit von den notwendigen Klimazielen entfernt sei. Ein Problem ist beispielsweise, dass bis 2022 zwar Pläne für die Abkehr von fossilen Brennstoffen vorgelegt werden sollen, aber der Entwurf sieht kein genaues Datum vor, bis wann diese dann auch final umgesetzt werden müssen. Dabei war dies eines der Ziele von COP26 Präsident Alok Sharma gewesen.

Auch Greenpeace kritisiert den Entwurf. Er sei kein Plan, um die Klimakrise zu lösen, sagte Geschäftsführerin Jennifer Morgan in einem Statement. Stattdessen würden die Staaten wichtige Entscheidungen auf das nächste Jahr vertagen. "Das Abkommen ist das, was erreicht werden kann – aber es ist noch ein weiter Weg zu gehen. Am Ende hängt es von den Ländern ab", sagte Friedrich Bohn vom Leipziger Umweltforschungszentrum UFZ dem MDR. Sein Kollege Reimund Schwarz zeigt sich dagegen optimistisch: "Das läuft wesentlich besser, als es zu erwarten war. Wir kommen intern voran. Wenn ich aber sehe, was draußen passiert, da ist eine große Lücke dazwischen. Man sieht das hier als das große Blablabla."

Damit spielt er auf die Proteste an, die die COP26 medienwirksam begleitet haben. So hatte Greta Thunberg während einer Kundgebung in Glasgow den teilnehmenden Staaten Tatenlosigkeit vorgeworfen. Sie kritisierte die Konferenz als PR-Veranstaltung und sagte, es sei kein Geheimnis, dass die Weltklimakonferenz versagen werde. Auf der ganzen Welt waren in den letzten Tagen Klimaschützer und Aktivisten zusammengekommen, um für wirksamere Maßnahmen in Sachen Klimaschutz zu protestieren.

Dass die COP nur langsam vorankommt, mag vielleicht auch in der Natur einer Konferenz dieser Größenordnung liegen. Archie Young, Chef-Verhandler Großbritanniens, formulierte es diese Woche so: "Stell dir vor, du willst 197 Freunde zusammenbekommen und dich darauf einigen, wo man gemeinsam Mittagessen geht." Nur, dass es in Glasgow eben um mehr geht, als die Wahl zwischen Pizza oder Tapas.

Wie die genauen Ergebnisse der Weltklimakonferenz aussehen, werden wir frühestens heute Abend erfahren. Auch eine Verlängerung der Konferenz könnte möglich sein. Im Live-Blog von MDR Aktuell bleiben Sie weiterhin auf dem Laufenden.

SPD-Kanzlerkandidat Scholz will eine internationale Allianz für Klimaschutz gründen. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth erzählt, dass die Gespräche dafür bereits begonnen hätten. Die Idee sei, sich mit Staaten zusammenzutun, die ähnliche Klimapolitik wie Deutschland betreiben. So könnten Regulierungen erarbeitet werden, bei denen keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Bisher sind allerdings nur europäische Staaten sowie Nordamerika mit dabei.

Das reichste Prozent der Weltbevölkerung wird bis 2030 für 16 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Oxfam-Studie. Klima-Referent Jan Kowalzig erklärt im Interview mit MDR Aktuell, dass der durchschnittliche Superreiche ein extrem hohes Konsumverhalten habe. Mega-Jachten, Luxusvillen, Privatjets und der Weltraumtourismus würden den CO2-Ausstoß in Zukunft noch weiter nach oben treiben.

Unser Klimawandel ist beispiellos

Dass das, was unser Klima gerade durchmacht, weit über die Schwankungen hinausgeht, die es natürlicherweise gibt, wissen wir bereits. Neue Daten, die von der University of Arizona veröffentlicht wurden, verschärfen diese Aussage nochmal. Die Forscher haben Karten der globalen Temperaturänderung für jedes 200-Jahres-Intervall seit der letzten Eiszeit vor 24.000 Jahren erstellt. Aus den Ergebnissen der Untersuchung geht hervor, dass der Temperaturanstieg in den vergangenen 150 Jahren bei weitem alles übertrifft, was vorher da gewesen ist.

La Palma: Wirkt sich der Vulkanausbruch aufs Klima aus?

Seit Wochen stößt der Vulkan auf der kanarischen Insel La Palma Lava und Asche aus. Damit drängt sich ganz automatisch die Frage auf, ob dadurch nicht die bisherigen Klimaziele in Gefahr geraten. Doch Johannes Quaas vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig gibt Entwarnung. Der Vulkan habe lediglich Einfluss auf das Wetter, jedoch nicht auf das Klima. Zumindest nicht langfristig. Die Partikel, die der Vulkan ausspuckt, sinken schnell ab und sind innerhalb von Tagen oder Wochen wieder aus der Atmosphäre verschwunden. Ein wirklich großer Vulkanausbruch könnte den Klimawandel aber durchaus unterbrechen.

Dorf unter Strom: Schlöben in Thüringen lebt komplett energieautark

Was im Großen oft schwierig oder gar unmöglich ist, funktioniert im Kleinen manchmal ohne Probleme, so auch in Sachen Energiewende. Das Dorf Schlöben in Thüringen hat das geschafft, wovon andere Orte nur träumen können: Es versorgt sich komplett selbst mit Strom und Wärme. Meine Kollegin Daniela Schmidt von MDR WISSEN hat Schlöben im Rahmen der Doku-Reihe "Zukunftsland" besucht und sich selbst ein Bild davon gemacht. Seinen Anfang nahm alles im Kuhstall.

Mithilfe der Gülle wird in einer Biogasanlage Methangas gewonnen, aus dem in Blockheizkraftwerken dann Wärme erzeugt wird. Rund 500 Kühe versorgen im Moment etwa 7.800 Menschen mit Strom. Da Schlöben aber nicht mal 1.000 Einwohner hat, wird der Strom, den die Gemeinde selbst nicht braucht, verkauft. Die Gewinne werden direkt wieder im Dorf investiert.

Im großen Maßstab würde so ein Projekt allerdings nicht funktionieren, meint Umweltökonom Joachim Weimann von der Universität Magdeburg. Die Kosten stünden dabei nicht im Verhältnis zum Nutzen. Für ihn sei stattdessen der CO2-Emissionshandel der richtige Weg für die Energiewende.

Ein Klima-Thema: Zwei unterschiedliche Perspektiven

Sie verfolgen das gleiche Ziel, doch mit ganz unterschiedlichen Methoden: In den neuen Folgen von "Miteinander Reden" treffen zwei Menschen aufeinander, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Umwelt und Ressourcen zu schonen und dem Klimawandel entgegenzutreten. Dabei diskutieren sie Fragen wie Ernährung, Aktivismus und den persönlichen Verzicht.

Fee Brauwers und Bettina Eick setzen sich beide für den Klimaschutz ein. Beim Thema Ernährung vertreten sie jedoch ganz unterschiedliche Ansichten. "Die vegane Ernährung ist besser fürs Klima, weil pflanzliche Lebensmittel wesentlich weniger Treibhausemissionen ausstoßen und weil sie ressourcenschonender sind", erklärt Eick. Doch auch ethische Gründe spielen für sie eine Rolle. Brauwers setzt sich dagegen für die nachhaltige Nutzung von Wäldern ein, wozu auch das Thema Wildfleisch gehört: "Wild lebt frei in unseren Wäldern, wird vom Jäger oder der Jägerin erlegt und ist somit vollkommen klimaneutral."

Klimathemen brauchen mehr Aufmerksamkeit. Sind meinungsstarke Social Media Akteure da vielleicht sogar effektiver als Proteste auf der Straße? Umwelt-Bloggerin Louisa Dellert trifft auf Klimagerechtigkeits-Aktivist Max Hierhammer, um genau darüber zu sprechen. "Natürlich ist das eine Gefahr, wenn man seinen Körper direkt in die Schusslinie bringt, aber ich glaube, dass es notwendig ist, um die Drastik der Situation zum Ausdruck zu bringen", erzählt Hierhammer. Dellert hält dagegen: "Ihr würdet vor Ort aber nicht die Aufmerksamkeit bekommen, wenn ich im Internet nicht darüber berichten würde."

Zum Schluss

Sie haben es in den letzten Tagen vielleicht gemerkt: Es wird kälter und regnerischer draußen. Regenfeste Kleidung ist da ein absolutes Muss. Imprägnieren soll helfen, gleichzeitig aber der Umwelt schaden. Fragt sich also, wie viel ist nötig und gut und was sind die Alternativen? Die Antwort darauf bekommen sie im unten stehenden Audio.

Ich hoffe, Sie kommen jetzt gut und trocken ins Wochenende. Nächste Woche schreibt Ihnen dann mein Kollege Clemens Haug.

Beste Grüße

Sarah-Maria Köpf

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