Hurrikan Ian hinterlässt eine Schneise der Verwüstung
Hurrikan Ian: Fischereikapitän Frank Ventimiglia geht eine Straße in St. James City entlang, um den Bewohnern zu helfen, die die Insel Pineland/Florida am Freitag, den 30. September 2022, evakuieren wollten. Bildrechte: IMAGO / USA TODAY Network

Tropenstürme Klimawandel heizt auch Hurrikane an – deren Kosten werden unbezahlbar

17. Oktober 2022, 15:06 Uhr

Die Erderwärmung sorgt laut einer US-Studie in Zukunft dafür, dass sich Wirbelstürme schneller entwickeln und feuchter werden. Die durch sie verursachten Schäden können zudem auch große Volkswirtschaften irgendwann nicht mehr tragen, wie Forschende des Potsdamer PIK herausgefunden haben.

Erst Ende September zog Hurrikan "Ian" über Kuba und den US-Bundesstaat Florida hinweg und führte zu schweren Verwüstungen und großflächigen Stromausfällen. Mehr als 50 Menschen starben und auch die Tourismusbranche ist stark betroffen. Der Sturm könnte dazu einer der teuersten in der Geschichte werden. Experten haben nun ermittelt, dass solche Hurrikane durch den Klimawandel zusätzlich angefacht werden – und in Zukunft noch deutlich mehr kosten könnten. Zu viel selbst für so mächtige Staaten wie die USA.

Auswirkungen werden auf der gesamten Erde spürbar

Forschende des Pacific Northwest National Laboratory, einer wissenschaftlichen Einrichtung des Energieministeriums der Vereinigten Staaten, untersuchten dafür die Hurrikan-Aktivität in den vergangenen vier Jahrzehnten in den USA. Dabei errechneten sie, dass die Häufigkeit der Stürme seit 1979 merklich zugenommen hat. Bei einer weitergehenden Nutzung von fossilen Brennstoffen wird sich dieser Trend in der Zukunft fortsetzen – und die Hurrikane noch intensiver werden, mit unabsehbaren Folgen für die Küstenabschnitte der USA und der weiteren Karibik-Anrainerstaaten. "Unsere Erkenntnisse bieten wichtige Informationen für die Küstenbewohner und die Politiker der betroffenen Länder", erklärt der Studienautor Karthik Balaguru. Dabei beschränken sich die möglichen Folgen nicht nur auf den Atlantik. Ähnliche Auswirkungen würden sich in Küstenregionen auf dem gesamten Planeten zeigen, so Balagaru.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich manche Stürme plötzlich extrem intensivieren können – wie etwa gerade bei "Ian" geschehen. Dabei werden sie erst aufgeladen von den passenden Bedingungen wie einer warmen Meeresoberfläche oder einer hohen Feuchtigkeit in den oberen Luftschichten und danach unmittelbar verstärkt, wobei sie mehrere Sturmkategorien in kurzer Zeit überspringen. Mit ihren hohen Geschwindigkeiten sprengen sie schließlich auch die Möglichkeiten der besten Vorhersage-Tools und treffen auf eine relativ unvorbereitete Küstenregion. Diese Entwicklungen werden sich durch den Klimawandel noch verstärken, da durch ihn die Temperaturunterschiede zwischen Meer und Festland steigen werden. Über der warmen Küste ist der Luftdruck deutlich geringer als über der kühleren See. Die warmen Luftmassen werden daher in Richtung des kühleren Inlands geblasen – mit oftmals fatalen Folgen.

Kosten übersteigen selbst Wirtschaftskraft der USA

Wie groß diese Auswirkungen werden können, haben Experten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) analysiert. Dafür untersuchten sie Hurrikan "Harvey", der 2017 Teile der US-Bundesstaaten Texas und Louisiana zerstörte und dabei allein direkte Schäden in Höhe von 125 Milliarden US-Dollar verursachte. Dazu berechneten die Klimaforscher, wie sich "Harveys" Folgen bei verschiedenen Niveaus der globalen Erwärmung entwickeln würden. Dabei wurden auch die Verluste durch die Unterbrechung von lokalen Lieferketten auf die regionale und schließlich weltweite Produktion einbezogen. Das Ergebnis: Die US-Volkswirtschaft könnte bei einem fortschreitenden Klimawandel den Ausfall von Lieferketten durch Hurrikane irgendwann nicht mehr ausgleichen.

"Wir haben eine globale Erwärmung von bis zu fünf Grad untersucht – die leider vielleicht bereits bis zum Ende unseres Jahrhunderts erreicht werden könnte, wenn die Klimapolitik versagt", erklärt dazu Anders Levermann, der die Komplexitätsforschung am PIK leitet. Zwar könne man wegen der vielen Unsicherheiten keine genauen Temperaturschwellen nennen, ab wann die US-Lieferketten nicht mehr funktionierten, doch sicher sei, dass die derzeitigen Kapazitäten der US-Wirtschaft die Produktionsausfälle irgendwann nicht mehr ausgleichen könnten. "Es gibt eine Grenze, wie viel die US-Wirtschaft verkraften kann – wir wissen nur nicht genau, wo sie liegt", betont Levermann.

Unsere Berechnungen zeigen zum ersten Mal, dass die US-Wirtschaft, immerhin eine der stärksten auf unserem Planeten, irgendwann nicht mehr in der Lage sein wird, die Produktionsausfälle in Lieferketten aus eigener Kraft auszugleichen. Die zunehmenden Schäden durch Hurrikane werden die Fähigkeiten dieser Wirtschaftssupermacht übersteigen.

Robin Middelanis, Klimaforscher am PIK

cdi/diw

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Blick auf den Wassertank, in dem die Folgen eines Hurrikans simuliert werden. 5 min
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