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Klima-Konferenz der TU IlmenauDer Klimawandel ist ein Fakt – was tun, wenn Menschen nicht dran glauben?

15. Februar 2022, 17:53 Uhr

Dass der menschengemachte Klimawandel zum Problem werden könnte, prognostizieren Forschende seit den 1980er-Jahren – aber in der Breite der öffentlichen Kommunikation ist das Thema erst vor einigen Jahren angekommen. Und während sich unser Planet weiter erwärmt, wird auch die Debatte um mögliche Lösungen zunehmend hitzig. Aber wer engagiert sich in dieser Debatte? Und wie lässt sich damit umgehen, dass wissenschaftliche Befunde zum Klimawandel missverstanden oder bewusst verfälscht werden?

Wissenschaftliche Studien zum Klimawandel bekommen momentan so viel Aufmerksamkeit wie nie. Zum einen von Menschen, die etwas gegen die Erderwärmung unternehmen wollen, zum anderen aber auch von Gruppen, die behaupten, dass der menschengemachte Klimawandel nicht real sei. Auf die Wissenschaft berufen sich sowohl die Aktivistinnen und Aktivisten bei Fridays for Future, als auch Lobbyverbände, Parteien, Medienschaffende und viele mehr. Es ist also ordentlich Druck in der Debatte!

Menschen müssen an den Klimawandel glauben, damit sie entsprechend handeln

Was das für die öffentliche Kommunikation bedeutet, diskutiert die Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) auf einer Fachtagung. Forschende stellen am 10. Und 11.2. ihre Studien zum Themenkomplex "Klima(wandel) und Kommunikation“ vor. Darunter die Kommunikationswissenschaftlerin Denise Voci. Sie hat 826 Artikel in wissenschaftlichen Journals via Inhaltsanalyse untersucht – und sagt: "Es ist wichtig, dass Menschen verstehen, dass der Klimawandel real ist – denn, wenn sie das nicht sehen, werden sie auch nicht entsprechend handeln." Wie können wir also auf Fehl- und Falschinformationen reagieren?

Wir müssen über Verzicht reden

Denise Voci forscht an der Universität Klagenfurt Bildrechte: Denise Voci

Nun, zum einen mit schonungsloser Ehrlichkeit: Wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen, werden wir auf Dinge verzichten müssen. Denise Voci betont: "Natürlich ist es einfacher, über green jobs oder die Erholung der Natur zu sprechen um darüber (restriktive) Maßnahmen zu legitimieren. Jedoch wissen wir ja, dass eine solche Wende auch viele Restriktionen auf persönlicher Ebene bedeuten (wie z.B. Essens- oder Reisegewohnheit aufzugeben)".

Wenn man diese "negative“ Seite intentional nicht kommuniziere, könne das Misstrauen von Menschen, die bereits skeptisch sind, sogar noch verstärkt werden, weil sie sich und ihre Sorgen nicht ernst genommen fühlen.

Das passiert auch bei Aktivist*innen, die eine "world saviors“ Haltung einnehmen und ihre Meinungen und Anforderungen um jeden Preis durchsetzen wollen.

Dr. Denise Voci, Universität Klagenfurt

Doch Leute, die vielleicht auch berechtigte Bedenken an der Umsetzbarkeit oder Durchsetzbarkeit einer Maßnahme haben, sagt Voci, "fühlen sich von einer solchen Haltung überrumpelt, ein Selbstschutzmechanismus setzt ein, sie ziehen sich zurück. Das befestigt ihre Zweifel und ihre Skepsis nicht nur gegenüber den Kommunikator*innen der Wissenschaft, sondern auch der Wissenschaft selbst."

Transparenz und Dialog sind wichtig

Wichtig für die öffentliche Debatte über den Klimawandel ist aber auch, wie Medienschaffende darüber berichten. Eine Aussage der Studie von Denise Voci: Kommunikation von oben herab funktioniert nicht gut – stattdessen: Transparenz und dialogorientierte Kommunikation. Wenn Menschen aber bereits fest davon überzeugt sind, dass der Klimawandel nicht existiert, wird es ganz schwer, sie wieder mit der wissenschaftlichen Realität zu erreichen. Und: Es wird möglicherweise nicht die eine Strategie geben, mit der wir alle Menschen erreichen und für den Klimawandel sensibilisieren. Denn Menschen sind mitunter sehr verschieden und das, was für eine Person motivierend wirkt, kann bei anderen Selbstschutz oder Ablehnung hervorrufen.

Das politische "Milieu“ entscheidet mit

Und: Welche Einstellung zum Klimawandel wir vertreten, hängt möglicherweise auch damit zusammen, in welchem politischen "Milieu“ wir uns befinden. Das ist das Ergebnis einer Studie von Olaf Jandura und Julia Spatz von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Demnach sind Menschen, die sich politisch der "unauffälligen sozialdemokratischen Mitte“ zuordnen lassen, häufiger emotional involviert oder sogar besorgt, wenn es um den Klimawandel geht, als Menschen, die sich den "engagierten Konservativen“ zuordnen lassen. Diese Menschen zweifeln dagegen häufiger daran, dass der menschengemachte Klimawandel überhaupt existiert. Berichterstattung ist also auch nicht alles – und ähnliche milieuspezifische Einstellungen lassen sich auch nachweisen, wenn es um Migration oder die Corona-Pandemie geht.

Konstruktiver Berichten

Klar ist aber natürlich auch: Der Klimawandel ist bedrohlich – und Überschwemmungen, Trockenheit und Überhitzung können einem ganz schön Angst einjagen. Wenn Berichte über den Klimawandel hauptsächlich Furcht auslösen, kann das aber auch lähmen. Journalistische Initiativen wie "Perspective Daily“ oder "KLIMA vor Acht" zielen deswegen auf "konstruktiven Journalismus“ ab. Die Kernfrage ist hier nicht mehr "Was ist passiert?“, sondern "Was jetzt?“. Wichtig ist also, dass wir trotz der beängstigenden Veränderungen unserer Umwelt immer wieder über Lösungen diskutieren – denn: Einen "point-of-no-return“, an dem wir unseren Planeten aufgeben müssen, gibt es nicht, sagt der Meterologe Jochem Marotzke.

(iz)

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