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KlimawandelDürre und Trockenheit: Bodenlebewesen werden immer kleiner

12. April 2021, 09:17 Uhr

Der Klimawandel macht den Bauern zu schaffen. Die Ernte fällt nicht mehr so gut aus wie vor zehn Jahren. Denn die Böden werden immer trockener. Das hat zur Folge, dass es da auch weniger Regenwürmer und andere Tiere gibt. Eine Studie zeigt nun, durch Bodenbearbeitung und Klimawandel gibt es nicht nur weniger Tiere, die Bodenlebewesen selbst sind auch kleiner. Das beobachten die Forscher in Bad Lauchstädt auf einem Feld, wo sie das Klima der Zukunft simulieren.

von Annegret Faber

Blick auf die Anlage Global Change Experimantal Facility (GCEF) in Bad Lauchstädt. Hier testet das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), wie sich der Klimawandel auf Pflanzen auswirken wird. Bildrechte: André Künzelmann / UFZ

Der Forscher Martin Schädler steht auf einem nur 400 Quadratmeter großen Acker. Darüber thront ein großes Metallgerüst, 16 Meter breit und 24 Meter lang. Rechts und links sind noch mehr Äcker mit solchen Gerüsten überbaut. Unter jedem Gerüst liegen jeweils fünf Parzellen verschiedener Landnutzungstypen, darunter Weide, Wiese, konventioneller und auch ökologischer Acker.

Die Forscher stellen auf den Parzellen das zukünftige Klima nach und beobachten dann, wie sich das auf den Boden auswirkt, auf die Pflanzen und die Insekten. "Jede einzelne Parzelle ist quasi mit einem Stahlgerüst überbaut. An ihnen sind Dächer und Beregnungsanlagen installiert, die das Klima simulieren", erklärt Martin Schädler vom Umweltforschungszentrum Leipzig.

Hohe Diversität auf Grünland

Auf den Parzellen können die Forschenden genau beobachten, wie sich die Natur unter den verschiedenen Klimabedingungen ändert. "Auf den Grünlandvarianten, ganz klar, haben wir mehr Insekten, oberirdisch sowie unterirdisch und damit eine hohe Diversität", erklärt Schädler. "Das liegt ganz einfach daran, dass im Grünland wirklich kaum Störungen stattfinden, von der Mahd mal abgesehen."

Im Grünland haben wir mehr Pflanzenarten und mehr potentielle Nischen für Insekten.

Martin Schädler | Umweltforschungszentrum Leipzig

Kaum Insekten auf konventionellen Acker

Auf dem konventionellen Acker hingegen finden die Forschenden kaum noch Insekten. Sowohl an den Pflanzen auf dem Feld als auch im Boden. "Bei den oberirdischen Insekten ist so sogar so, dass wir auf den Ackervarianten so gut wie keine haben", erklärt Schädler. Lediglich ein paar Schädlinge, eine Blattlaus oder ähnliches hielten sich dort manchmal auf. "Aber das ist kein Biotop für Insekten." Auch im Boden sehe es karg aus. "Im Schnitt haben wir 45 Prozent weniger unterirdische Insekten als im Grünland", erklärt Wissenschaftler Schädler.

Dass intensive Landnutzung, kombiniert mit Trockenheit, die Tiere im Boden vertreibt, ist nicht neu. Die Forscher haben aber einen weiteren Effekt entdeckt, den bisher niemand auf dem Schirm hatte. Nico Eisenhauer ist Forscher am iDiv, dem deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig und Mitautor der neuen Studie. Er hat eine spannende Entdeckung gemacht: Die Lebewesen werden nicht nur weniger, sondern werden auch kleiner. "Im Schnitt kam es zu einer Reduktion der Körpergröße", erklärt Eisenhauer. Das liege einerseits daran, dass trockene Böden von anderen Gemeinschaften besiedelt würden. Andererseits seien jedoch auch die Lebewesen innerhalb einer Art kleiner gewesen, was "deutliche Auswirkungen darauf hat, wie diese Gemeinschaften funktionieren".

Schnelle Entwicklung

Erschreckend sei die schnelle Entwicklung. Schon nach wenigen Jahren sahen die Forscher Veränderungen und zwar überall. Auf Wiesen, auf konventionellen Äckern und auch auf dem Bio-Acker. Allerdings sind sie noch nicht sicher, ob sich kleinere Arten durchsetzen, oder ob die Tiere wirklich schrumpfen. Die Doktorandin Marie Sünnemann sagt, es wäre sehr schwer, die winzigen Insekten genau zu bestimmen. Viele seien mit bloßem Auge gar nicht zu sehen.

Art der Bodenlebewesen bestimmen

Um zu bestimmen, um welche Lebewesen es sich handelt, vermisst Sünnemann die Tiere nach Größe und teilt sie dann Tiergruppen zu. "Um zu wissen, wer jetzt wirklich größer und kleiner wird, müssen die Arten bestimmt werden", erklärt Sünnemann. "Bei Springschwänzen oder Milben gibt es extrem viele Arten. Da bin ich auf den ersten Blick gar nicht in der Lage, die Art zu bestimmen." Das soll in weiteren Untersuchungen geschehen. Jetzt sehen die Forschenden erst einmal: die Bodentiere werden tatsächlich kleiner.

Die gesamte Biomasse sinkt

Noch einmal zurück zu Martin Schädler auf die Versuchsfelder in Bad Lauchstädt. Was bedeutet das jetzt für den Acker. Ist das schlimm, wenn die Tiere im Boden kleiner werden? "Das ist schlimm, weil die gesamte Biomasse der Fauna im Boden sinkt. Sie sinkt ja nicht nur, wenn wir weniger Tiere im Boden haben, sondern auch wenn wir kleinere Tiere haben."

Die Fruchtbarkeit leidet

Die Fruchtbarkeit des Bodens leidet darunter, sagt Martin Schädler. Denn kleinere Tiere können weniger Blätter, Wurzeln, oder andere organische Materialien fressen und so entsteht weniger Muttererde. Sowohl auf dem konventionellen  als auch auf dem Bio-Acker. Für Martin Schädler sind das schlechte Nachrichten. Er kritisiert grundsätzlich die Vorgehensweise bei Bodenuntersuchungen. "Man ist ja immer geneigt, sich auf die Bodenchemie zu konzentrieren. Wie viel Stickstoff, wie viel organische Substanz und wie viel Bodenphysik ist enthalten. Aber am Anfang einer jeden bodenchemischen oder bodenphysikalischen Veränderung steht immer die biologische Veränderung, weil das ist im Grunde immer ein Ergebnisse der biologischen Aktivität." Der Wissenschaftler rät deshalb, gesunden Äckern mehr Aufmerksamkeit zu schenken. "Denn ohne sie -  geht gar nichts!"

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