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Die grün umrandete Zelle ist gerade dabei, sich zu teilen. Dafür braucht sie Platz - aber warum sollten die Zellen um sie herum Platz machen? Bildrechte: Dr. Elisabeth Fischer-Friedrich

Kresbforschung in DresdenWas Tumorzellen robuster macht als andere Zellen

03. September 2020, 17:18 Uhr

Zellen in Krebsgeweben haben es schwer, wenn sie sich teilen wollen, denn dort ist das Gedränge größer als in gesundem Gewebe. Trotzdem kriegen die Krebszellen das hin. Nur wie? Ein Dresdner Forschungsteam hat die Antwort.

Zellen in einem Tumorgewebe sitzen dichter aufeinander als in gesundem Gewebe. Wenn sie sich teilen wollen, ändern sie dazu ihre Form. Denn sie brauchen Platz und Kraft, sich im Zellgedränge zu verformen und mehr Raum einzunehmen. Theoretisch müsste die Enge des Tumorgewebes diesen Prozess verhindern. Praktisch tut es das aber nicht. Diese Zellen vermehren sich trotzdem munter. Was macht sie so stark, dass die Enge im Tumorgewebe ihren Teilungsdrang nicht ausbremst?

Abgetastet: Oberflächenstruktur von Krebszellen

Genau das hat ein Dresdner Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Elisabeth Fischer-Friedrich untersucht. Dazu wurden die mechanischen Eigenschaften der Zellen mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops getestet.

Reif oder noch nicht? Neben dem Gruch verrät auch die Festigkeit die Reife von Obst oder Gemüse Bildrechte: imago/Westend61

Das Prinzip funktioniert im Nanometerbereich wie im Großen, vergleichbar mit dem Reifetest beim Obst- oder Gemüseeinkauf: Durch sanften Druck auf Nektarinen oder Pfirsiche ertasten wir, ob die Früchte bereits essbar sind oder noch ein paar Tage Lagerzeit brauchen. Ähnlich arbeitet das Rasterkraftmikroskop, das mithilfe einer nanometerkleinen Nadel die Oberfläche der Tumorzellen abfährt und ihre Verformungseigenschaften wie Steifheit und Oberflächenspannung abliest. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass des Rätsels Lösung für die robusten Tumorzellen offenbar in der Epithelial-mesenchymalen Transition liegt, der EMT. Sie sorgt bei Zellen sowohl für Veränderungen ihrer Form als auch ihrer Eigenschaften.

Wie sich Krebszellen in anderer Umgebung verhalten

Um zu sehen, wie Tumorzellen auf andere Umgebungen reagieren, wurden kultivierte Mini-Tumore in elastischen Hydrogelen untersucht. Würden die Zellen sich hier ähnlich oder komplett anders verhalten als im Tumorgewebe? Tatsächlich zeigten sich hier bei Zellaufrundung und Wachstum Veränderungen: Die sich teilenden Zellen waren steifer und hatten eine höhere Oberflächenspannung. Zellen dagegen, die sich nicht in der Teilung befanden, waren weicher. So macht die EMT nicht nur die sich teilenden Tumorzellen steifer, sondern auch die umgebenden, sich nicht-teilenden Zellen leichter verformbar. Die mechanischen Veränderungen der Zellen scheint den Forschern zufolge mit dem verstärkten Anschalten des Proteins Rac1 in Verbindung zu stehen. Dieses Eiweißmolekül ist ein bekannter Regulator des Zellskeletts.

Und was bedeutet das nun für die Krebsforschung? "Unsere Ergebnisse sind nicht nur für die Zellbiologie sehr relevant, sondern haben auch das Potenzial, neue Ansatzpunkte für die Krebstherapie aufzuzeigen", sagt Dr. Elisabeth Fischer-Friedrich.

(lfw)

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