Eine Hand befestigt einen Sender am Rücken eines Insekts.
Die Falter sind mit einem Gewicht von bis zu 3,5 Gramm für fliegende Insekten extrem groß und wurden mit winzigen Funketiketten versehen, die 0,2 Gramm wiegen - weniger als ein Zehntel des Körpergewichts der Erwachsenen. Bildrechte: MPI f. Verhaltensbiologie/ Christian Ziegler

Navigation Bis zu 4.000 Kilometer: Einige Nachtfalter sind geschickte Langstreckenflieger

11. August 2022, 20:00 Uhr

Nicht nur Zugvögel überwinden gewaltige Distanzen. Auch Nachtfalter wie der Totenkopfschwärmer legen bis zu 4.000 Kilometer zurück. Dabei passen sie ihre Flughöhe und Geschwindigkeit an Winde an, um auf Kurs zu bleiben.

Die Verkleinerung der Technik macht es möglich: Forschern ist es erstmals gelungen, den Flug eines Insekts eine ganze Nacht lang zu verfolgen und dabei seine Bewegungen zu analysieren. Nur 0,2 Gramm war der Sender schwer, mit dem Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologe und der Universität Konstanz einen Totenkopfschwärmer ausstatteten. Dann verfolgten sie den Nachtfalter auf seinem Weg vom Bodensee in die Alpen. Dabei handelt es sich um ein kleines Teilstück des insgesamt bis zu 4.000 Kilometer langen Flugs der Insekten von Europa nach Afrika.

Unabhängig von der Windrichtung: Nachtfalter verfolgte schnurgeraden Kurs

Bislang hatten Wissenschaftler angenommen, dass sich die Tiere vor allem vom Wind tragen lassen. Aber bei ihrem Experiment konnte das Team um Myles Menz jetzt beobachten, dass der Totenkopfschwärmer bei Wind aus der richtigen Richtung hoch flog, um sich mittragen zu lassen. Und wo der Wind drehte, flog das Tier niedrig und erhöhte die Geschwindigkeit, um auf Kurs zu bleiben, der einer fast vollständig geraden Linie entsprach.

Ein Luftbild des Alpenvorlandes mit einer lila gefärbten Linie, die den Flug des Nachtfalters von Konstanz in die Berge zeigt.
Flugrouten der Totenkopfschwärmer von Konstanz in die Alpen. Bildrechte: MPI f. Verhaltensbiologie

Diese Strategien zeigen, dass die Insekten "echte Navigationsexperten sein können, die zum Beispiel den Vögeln ebenbürtig sind, und dass sie weit weniger anfällig für nachteilige Windbedingungen sind, als wir dachten", so Menz. Sein Team hat die Ergebnisse der Studie im Magazin Science veröffentlicht.

Offen ist noch, wie der Orientierungssinn genau funktioniert. Wahrscheinlich ist, dass die Nachtfalter über einen internen Kompass verfügen, der aus visuellen Sinneswahrnehmungen beruht und auch das Erdmagnetfeld einbezieht, um sich zu orientieren.

Winzige Sender machen weitere Studien möglich

Daneben hoffen die Forschenden durch die Fortschritte bei der Messtechnik nun auch noch weitergehende, tiefere Fragen beantworten zu können. "Durch den Beweis, dass es technisch möglich ist, einzelne Insekten während ihrer Wanderung durchgängig zu verfolgen und ihr Flugverhalten im Detail zu beobachten, hoffen wir, weitere ähnliche Studien anzuregen, um die vielen weiteren offenen Fragen in diesem Bereich zu beantworten", sagt Myles Menz.

Ein Mann mit einer Brille und ein gelber Schmetterling.
Nach der Markierung wurden die Falter in Konstanz freigelassen und in einem Leichtflugzeug bis zu 80 Kilometer weit in die Alpen verfolgt. Bildrechte: MPI f. Verhaltensbiologie/ Christian Ziegler

(ens)

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